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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Reiter essen nur Kartoffelfrüchte, und schon während sie das tun, geraten sie so in Raserei, daß sie sich fast gegenseitig umbringen. Die Herzfrüchte aber…«
    Er stockte, als müßte allein das Aussprechen von etwas Ungeheuerlichem alle Mächte des Verderbens gegen ihn und die Freunde entfesseln.
    »Die Herzfrüchte?« fragte Mythor ungeduldig. »Was ist mit ihnen, Zomfar!«
    Der Baumbewohner holte tief Luft.
    »Du wirst mir nicht glauben, bis du sie siehst«, preßte er heiser hervor. »Sie sind wie wirkliche Herzen, und sie schlagen auch wie solche. Es heißt, daß der Herr des Chaos sie den Mangoreitern an Stelle der Herzen einsetzt.«

5.
    Mythor wollte es sehen. Um die Totenmasken der Aegyr-Ritter zu finden, mußte er ohnehin den Wald durchkämmen. Doch vielleicht ergab sich hier die Gelegenheit, endlich eine verwundbare Stelle der Mangokrieger zu entdecken. Glauben konnte Mythor das Unfaßbare immer noch nicht, als er an der Spitze der Gefährten auf allen vieren von einer Deckung zur anderen schlich, immer der Richtung folgend, die der Zug der Reiter genommen hatte. Andererseits hatte er keinen Grund, an Zomfars Aufrichtigkeit zu zweifeln. Und solange der Herr des Chaos ihn jagte, würde er gegen die Mangokrieger zu kämpfen haben.
    Als er die Schreie hörte, wußte er, daß er kurz vor der Stelle war, an der die Reiter haltgemacht hatten. Dann sah er auch schon die Lichtung, auf der sie mit ihren Pferden standen und von den Bäumen aßen. Es war so, wie Zomfar gesagt hatte. Kalte Reiter rissen die Nierenfrüchte von den herabgebogenen Ästen und schoben sie sich unter die Gesichtsvermummung. Zornige Reiter, etwas abgesondert, gerieten unmittelbar nach dem Genuß von Kartoffelfrüchten in wilde Raserei und sprengten auf ihren Pferden davon. Ihre Schreie und der Lärm von Kämpfen verloren sich im Nebel.
    Und wahrhaftig gab es eine dritte Sorte von Mangos, die an kurzen Stielen hingen und wie Herzen schlugen. Mythor bekam ein beklemmendes Gefühl in der Brust, und nicht nur seine Hand fuhr unwillkürlich dahin, wo der Lebensmuskel das Blut durch den Körper pumpte.
    Er konnte den Blick nicht von dem unheimlichen Schauspiel nehmen, hatte kaum noch Augen und Ohren für etwas anderes als das, was sich vor ihm auf der Lichtung tat.
    Als er seinen Leichtsinn erkannte, war es zu spät zur Reue.
    Einer der Baummenschen schrie auf. Mythor fuhr herum und sah ihn zu Eis erstarren. Bevor der kalte Reiter seinen Umhang ein zweitesmal öffnen konnte, traf Ilfas Pfeil sein Pferd. Das Knochentier bäumte sich auf und warf den Mangokrieger ab.
    Und schon preschten die Zornigen heran. Sie kamen von zwei Seiten. Eine Gruppe mußte sich mit dem Kalten in den Rücken der Gefährten geschlichen haben, während die andere nun von der Lichtung kam.
    Roar brüllte ihnen entgegen. Er warf den kalten Reiter, der sich gerade wieder aufrichten wollte, erneut zu Boden und wälzte einen umgefallenen Baumstamm auf ihn. Ilfa verschoß Pfeil um Pfeil auf die Zornigen. Die Baumbewohner kämpften mit ihren Klingen oder suchten Schutz hinter Stämmen. Mythor schleuderte seinen Dolch, als ein Zorniger ihn niederzureiten versuchte, hechtete auf den Rücken des Pferdes, stieß den Getroffenen mit einer Hand herunter und holte sich die Klinge zurück.
    Alles ging viel zu schnell, um die Übersicht zu behalten. Im Handumdrehen waren die Gefährten getrennt. Kalte Reiter rissen die Umhänge auf. Mythor versuchte verzweifelt, das Pferd zu bändigen und in die Meute der Angreifer hineinzutreiben. Das Tier wollte ihn abschütteln. Er krallte sich in der Mähne fest und wich dem zuschnappenden Gebiß aus. Als es die Sinnlosigkeit seiner Bocksprünge einsah, ging es mit ihm durch.
    Mythor hörte Ilfa nach ihm rufen. Er konnte sich nicht umsehen. Immer wieder mußte er sich zur Seite werfen, wenn das Höllenpferd ihn an Baumstämme zu schmettern trachtete. Und weiter ging der unfreiwillige Ritt. Der Kampfeslärm verklang in der Ferne. Als das Pferd plötzlich noch schneller wurde und wie ein Pfeil auf den mächtigsten Stamm weit und breit zuhielt, sprang Mythor ab.
    Er landete in einem Busch und wurde einige Male um die eigene Achse gewirbelt, bis erendlich zwischen den dürren Zweigen liegenblieb.
    Das Höllenpferd lag mit zerschmettertem Schädel vor dem Stamm. Nichts rührte sich. Mythor stand auf und hielt sich die schmerzenden Körperteile.
    Er war abgeschnitten, in einem unbekannten Wald voller Gefahren und Geheimnisse verloren – und wußte

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