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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Mörtelbrett. Als er die Kelle glücklich beladen hatte, machte er mit selbstgefälligem Blick eine kecke Geste in Richtung des Lattenwerks über seinem Kopf; und augenblicklich landete die gesamte Ladung zu seiner vollkommenen Niederlage auf seiner aufgeplusterten
    Hemdbrust. Ich mußte aufs neue die Zweckmäßigkeit und
    Billigkeit des Berufs bewundern, der so wirksam die Kälte abhielt und meinen Wänden den letzten Schliff gab. Dabei machte ich mit den verschiedenen Schwierigkeiten dieser Arbeit Bekanntschaft. Es ist erstaunlich, wie durstig Ziegel sind, wie sie dem Mörtel alle Feuchtigkeit entziehen, ehe er
    glattgestrichen ist, und wie vieler Eimer Wasser ein neuer Herd zu seiner Taufe bedarf. Im vorhergehenden Winter hatte ich eine kleine Menge Kalk erzeugt, indem ich
    Frischwassermuscheln ( Unio fluviatilis) aus unserem Fluß brannte, um des Experimentes willen; also wußte ich, wo meine Baustoffe herkamen. In einem Umkreis von einer oder zwei Meilen hätte ich auch guten Kalkstein finden und selbst brennen können, aber dazu hatte ich keine Lust.
    Inzwischen hatten sich die schattigsten und seichtesten Buchten des Sees mit einer dünnen Eisschicht überzogen, Tage, ja Wochen, bevor der Rest zu frieren begann. Das erste Eis ist besonders reizvoll und vollkommen. Hart, dunkel und durchsichtig bietet es bei weitem die beste Gelegenheit, an flachen Stellen den Grund zu untersuchen. Man kann sich der Länge nach auf das nur einen Zoll dicke Eis legen, wie ein Schlittschuhläufer oder Wasserläufer, und aus nur zwei oder drei Zoll Entfernung in aller Ruhe den Grund betrachten, wie ein Bild hinter Glas. Das Wasser ist dabei notgedrungen immer glatt. Im Sand sind viele Furchen zu sehen, wo manche
    Lebewesen umherwanderten und sich ihre Wege kreuzten. Wie Strandgut liegen die Schalen der Köcherfliegenlarven herum wie winzige weiße Quarzkörnchen. Vielleicht stammen die Furchen von ihnen, denn dort findet man einen Teil ihrer Schalen, obwohl sie dafür sehr breit und tief sind. Der
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    interessanteste Gegenstand ist jedoch das Eis an sich, wenn nun auch die früheste Möglichkeit ausnutzen muß, um es zu studieren. Betrachtet man es an dem Morgen genauer,
    nachdem es friert, erkennt man, daß die meisten Blasen, die erst im Eis eingeschlossen schienen, unter der Eisschicht liegen und daß beständig weitere Bläschen vom Grund
    heraufsteigen. Solange das Eis noch vergleichsweise rein und dunkel ist, sieht man nämlich das Wasser darunter. Die
    Bläschen messen von einem achtzigstel bis zu einem achtel Zoll im Durchmesser und sind ganz klar und schön, so daß man in ihnen durch das Eis hindurch sein eigenes Spiegelbild sehen kann. Es mögen dreißig oder vierzig von ihnen auf einen Quadratzoll kommen. Im Eis selbst sind auch schon längliche senkrechte Blasen von etwa einem halben Zoll Länge
    eingeschlossen, scharfe Kegel, die mit der Spitze nach oben zeigen; noch häufiger sogar, wenn das Eis ganz neu ist, winzige kugelförmige Bläschen, eines genau über dem
    anderen, wie eine Perlenkette. Doch die im Eis sind weder so zahlreich noch so leicht zu sehen wie die darunter. Manchmal warf ich Steine aufs Eis, um seine Stärke zu prüfen, die, wenn sie einbrachen, Luft mit nach unter das Eis nahmen, die sehr große und auffällige weiße Blasen darunter formte. Als ich eines Tages achtundvierzig Stunden später an dieselbe Stelle kam, waren die Blasen noch genauso vollkommen, obwohl sich ein Zoll mehr Eis gebildet hatte; die neue Schicht war so deutlich zu erken nen wie in einem Stück Torte. Da es aber in den letzten zwei Tagen sehr warm war, wie im
    Altweibersommer, war das Eis nicht mehr so klar, daß es die dunkelgrüne Farbe des Wassers und den Grund gezeigt hätte, sondern undurchsichtig und weißlich oder grau, und trotz seiner verdoppelten Dicke war es nicht tragfähiger als zuvor, denn die Blasen hatten sich mit der Wärme stark ausgedehnt und sich miteinander verbunden. Sie hatten ihre Regelmäßigkeit
    eingebüßt und, nicht mehr genau übereinander aufgereiht, überlappten sie sich nun zum Teil wie Silbermünzen, die aus einem Beutel gekullert waren; oder sie bildeten dünne
    Blättchen, als hätten sie sich in schmalen Ritzen festgesetzt.
    Vergangen war die Schönheit des Eises, und nun war es zu
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    spät, den Grund zu studieren. Ich war neugierig, wie sich meine großen Blasen in bezug auf das neue Eis verhielten, und so brach ich ein Stück heraus, das eine mittelgroße Blase enthielt,

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