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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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    gemacht! Der Mensch, der sich frei und unabhängig Beeren pflückte, wenn er hungrig war, ist Farmer geworden, und der einst unter einem Baum Schutz suchte, Hausbesitzer. Wir schlagen nicht mehr für eine Nacht unser Zelt auf, sondern haben uns auf der Erde ansässig gemacht und den Himmel
    vergessen. Wir haben die christliche Kultur angenommen, doch nur als verbesserte Methode der Agri- Kultur. Wir haben für diese Welt ein Familienhaus und für die andere ein
    Familiengrab errichtet. Unsere besten Kunstwerke sind der Ausdruck menschlichen Ringens, sich aus dieser Lage zu
    befreien. Ihre Wirkung beschränkt sich jedoch darauf, diesen Tiefstand erträglich zu finden und das Höhere vergessen zu lassen. In unserem Dorf ist für Kunst gar kein Platz, denn, selbst wenn ein Kunstwerk hier landete, würde es in unserem Leben, unseren Häusern und Straßen keinen Sockel finden.
    Für ein Bild gibt es keinen Nagel, kein Bord für die Büste eines Helden oder Heiligen. Wenn ich die Art und Weise bedenke, in der die Häuser gebaut und bezahlt werden, oder nicht bezahlt, und wie die Hauswirtschaft betrieben wird, dann wundert es mich, daß der Fußboden nicht unter dem Gast nachgibt, der den Tand auf dem Kaminsims betrachtet und ihn in den Keller zum Fundament befördert, das, wenngleich aus Lehm, als
    einziges ehrlich und solide ist. Mir kommt es vor, als ob sich jeder mit einem Sprung auf das sogenannte reiche, vornehme
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    Leben stürzt; doch ich kann den Genuß der schönen Künste, die es zieren, nicht genießen, weil ich die ganze
    Aufmerksamkeit dem Sprung widmen muß. Meines Wissens
    geht der längste dokumentierte Sprung, der ohne Hilfsmittel allein von menschlicher Muskelkraft ausgeführt wurde, auf ein gewisses arabisches Nomadenvolk zurück, von dessen
    Angehörigen es heißt, daß sie auf ebener Erde fünfundzwanzig Fuß überspringen können. Ohne äußere Unterstützung kann man davon ausgehen, daß ein Mensch nach dieser Strecke
    wieder auf dem Boden landet. Die erste Frage, die ich gern dem Eigner einer solchen Ungeeignetheit stellen würde, ist: Wer stärkt dir den Rücken? Bist du einer der siebenundneunzig Versager oder einer der drei Erfolgreichen? Beantworte mir diese Fragen, und dann schaue ich mir vielleicht deinen Nippes an und finde ihn dekorativ. Der Karren vor dem Pferd ist weder schön noch nützlich. Bevor wir unsere Häuser mit schönen Dingen ausstaffieren, müssen die Wände blankgelegt werden und unser Leben auch, und schöne Hauswirtschaft und
    schönes Leben als Fundament gelegt werden; der Sinn für das Schöne aber wird am besten im Freien ausgebildet, fernab von Häusern und Haushaltung.
    Der alte Edward Johnson schreibt in seiner ›Wundersamen Vorsehung‹ von den ersten Siedlern in dieser Gegend, deren Zeitgenosse er war: »Zum ersten Schutz graben sie sich an einem Hügel in die Erde ein und legen unter einem Dach aus Holz und aufgeschütteter Erde am höchsten Punkt eine
    Feuerstelle an.« Sie bauten »solange keine Häuser«, schreibt er, »bis die Erde durch Gottes Segen Brot hervorbrachte, sie zu speisen«, und die Ernte des ersten Jahres war so spärlich, daß
    »sie lange Zeit gezwungen waren, das Brot sehr dünn zu
    schneiden«. Der Verwalter der Provinz Neuholland, der in holländischer Sprache schreibt, unterrichtet 1650 die
    Landanwärter noch ausführlicher: »Wer in Neuholland und insbesondere in Neuengland zunächst nicht die Mittel hat, sich nach Wunsch ein Bauernhaus zu bauen, hebt eine rechteckige Grube als Keller aus, sechs oder sieben Fuß tief, so lang und so breit wie erforderlich, ummantelt das Innere mit Holz und
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    verkleidet das Holz mit Baumrinde oder ähnlichem, um zu vermeiden, daß es der Erde nachgibt; der Keller wird mit Bohlen ausgelegt und eine Decke aus Holz gefertigt; darüber wird ein Dach auf Pfählen hochgezogen, das mit Rinde oder Grasnarben abgedichtet wird, so daß eine Familie zwei, drei oder vier Jahre trocken und warm wohnen kann; entsprechend der Größe der Familien werden die Keller aufgeteilt. Selbst die reichen und führenden Männer Neuenglands begannen am
    Anfang der Kolonien aus zwei Gründen mit Wohnhäusern
    dieser Bauart: erstens, um keine Zeit durch den Bau zu
    verschwenden und im nächsten Jahr Hunger zu leiden; und zweitens, um die armen Arbeiterfamilien nicht zu entmutigen, die sie in großer Zahl aus der Heimat herübergebracht hatten.
    Nachdem sie im Verlauf von drei oder vier Jahren das Land

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