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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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behauen und Pfosten und Sparren zuzuschneiden, alles mit meiner schmalen Axt und ohne mir viele mitteilbare oder gelehrte Gedanken zu machen; dabei sang ich vor mich hin –
    »Der Mensch behauptet, viel zu wissen;
    Doch seht nur, wie sie überschießen,
    Die Künste und die Wissenschaften,
    Die tausend Errungenschaften;
    Der Wind, der weht,
    Ist alles, was er versteht.« Die Hauptbalken wurden sechs Zoll dick; die Pfosten behieb ich nur auf zwei Seiten, die
    Dachsparren und Bodenbretter auf einer und ließ ihnen den Rest der Rinde, so daß sie ebenso gerade und viel stärker waren, als wenn ich sie ganz zugesägt hätte. Jeder Pfosten wurde sorgfältig am Stumpf verzapft, denn inzwischen hatte ich mir noch anderes Werkzeug geborgt. Meine Tage im Wald
    waren nicht sehr lang, doch für gewöhnlich nahm ich mir ein Butterbrot als Vesper mit und las mittags die Zeitung, in die es eingewickelt war, während ich inmitten der grünen
    Kiefernzweige saß, die ich abgeschlagen hatte. Bald übertrug sich ihr Aroma auf mein Brot, denn meine Hände waren von
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    einer dicken Harzschicht überzogen. Noch bevor ich mit meiner Arbeit fertig war, hatte ich, obzwar ich einige ihrer Artgenossen gefällt hatte, mit der Kiefer Freundschaft geschlossen, da wir uns nähergekommen waren. Zuweilen lockte der Klang meiner Axt einen Wanderer an, und wir plauderten angenehm über den Spänen, die ich machte.
    Mitte April - ich beeilte mich nicht mit meiner Arbeit, sondern machte mir im Gegenteil ein Vergnügen daraus - stand das Gerüst meines Hauses fertig zum Aufbau. Um die nötigen
    Bretter dafür zu bekommen, hatte ich bereits die Hütte von James Collins gekauft, einem Irländer, der beim Bau der Fitchburgbahn arbeitete. Seine Hütte galt als besonders gut.
    Am Tag, da ich ihn besuchen wollte, um sie mir anzusehen, war er selbst nicht zu Hause. Ich ging zuerst, von den Bewohnern unbeobachtet, um sie herum, denn das Fenster lag hoch oben in der Wand vertieft. Die Hütte war klein und hatte ein spitzes Giebeldach; viel mehr gab es nicht zu sehen, denn rundherum lag fünf Fuß hoch Erde aufgeschüttet wie ein Misthaufen. Das Dach war das Beste daran, obwohl es recht verzogen und von der Sonne spröde war. Türschwelle gab es keine, dafür einen ständigen Durchschlupf für die Hühner unter dem Türrahmen.
    Mrs. C. kam zur Tür und forderte mich auf, die Hütte von innen anzusehen. Bei meinem Nähertreten liefen die Hühner ins Haus. Es war dunkel und hatte zum großen Teil einen
    Lehmboden, dumpfig, klamm und feucht, nur hier und da eine Bohle, die man aber nicht mehr verwenden konnte. Die Frau zündete eine Lampe an und zeigte mir die Innenseite des Daches und der Wände und die Bohlenbretter unter dem Bett, wobei sie mich davor warnte, in den Keller zu treten, eine Art Erdloch von zwei Fuß Tiefe. Nach ihren Worten gab es »gute Dach- und Wandbretter und ein gutes Fenster« - ursprünglich mit zwei ganzen Scheiben, doch benutzte es die Katze
    neuerdings als Ausgang. Dann waren noch da: ein Herd, eine Sitzbank, ein Kind, das in dem Haus zur Welt gekommen war, ein seidener Sonnenschirm, ein goldgerahmter Spiegel und, an ein junges Eichenstämmchen genagelt, eine nagelneue
    Kaffeemühle - das war alles. Wir wurden bald handelseinig,
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    denn mittlerweile war James heimgekommen. Ich verpflichtete mich, noch am selben Abend vier Dollar fünfundzwanzig zu bezahlen, er dagegen, die Hütte um fünf Uhr morgens zu
    räumen und sie bis dahin keinem anderen zu verkaufen. Um sechs sollte ich sie in Besitz nehmen. Es sei ratsam, früher zu kommen, meinte er, um gewissen unklaren, doch völlig
    unberechtigten Forderungen an Bodenzins und für
    Brennmaterial zuvorzukommen - seine einzigen Schulden, wie er mir versicherte. Um sechs Uhr kam er mir mit seiner Familie auf der Landstraße entgegen. Ein großes Bündel faßte ihre gesamte Habe - Bett, Kaffeemühle, Spiegel, Hühner -, alles außer der Katze, die sich in die Wälder geschlagen hatte und verwilderte, bis sie, wie ich später erfuhr, in einer
    Murmeltierfalle starb.
    Ich brach die Hütte gleich am Morgen ab, zog die Nägel aus den Brettern und brachte das Ganze stückweise mit dem
    Schubkarren an den See, wo ich die Bretter ins Gras legte, um sie von der Sonne bleichen und ausbügeln zu lassen. Während ich den Waldweg herauffuhr, sang mir eine frühe Drossel et was vor. Ein junger Patrick verriet mir heimlich, daß Nachbar Seeley, ein Irländer, während meiner Fuhren die

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