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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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noch
    brauchbaren Nägel, Stifte und Haken in seiner Tasche
    verschwinden lasse. Als ich zurückkam, stand er da und
    schaute wie zum Zeitvertreib, unbeschwert von
    Frühlingssorgen, meinem Zerstörungswerk zu; für ihn gäbe es hier gar nichts zu tun, sagte er. Also vertrat er die
    Zuschauerschaft und trug dazu bei, diesem verhältnismäßig unwichtigen Ereignis eine Bedeutung zu geben wie dem
    Auszug der Götter aus Troja.
    Ich legte meinen Keller am Südhang des Hügels an. Hier hatte einmal ein Murmeltier seinen Bau gehabt. Ich grub durch Sumach- und Brombeerwurzeln, so tief die Erdschicht reichte, sechs Fuß im Quadrat und sieben tief, bis ich auf feinen Sand stieß, wo die Kartoffeln auch im strengsten Winter nicht frieren würden. Die Wände mauerte ich nicht aus; da sie jedoch nicht von der Sonne beschienen wurden, hat der Sand bis zum
    heutigen Tag nicht nachgegeben. Es war eine Arbeit von
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    höchstens zwei Stunden. Das Graben machte mir besonderes Vergnügen, denn fast überall in der Welt graben die Menschen in die Tiefe, um einen Raum gleichmäßiger Temperatur zu erhalten. Unter dem prächtigsten Stadthaus befindet sich immer noch der Keller, der wie in alter Zeit zur Aufbewahrung von Kartoffeln und Rüben dient. Und selbst wenn der Oberbau längst verschwunden ist, verrät er sich der Nachwelt durch eine Vertiefung im Erdboden. Das Haus stellt auch heute noch nur die Vorhalle zu einem Höhleneingang dar.
    Endlich, Anfang Mai, errichtete ich den Rohbau meines
    Hauses. Ich ließ mir dabei von einigen meiner neuen
    Bekannten helfen, mehr um gutnachbarlicher Beziehungen
    willen, als weil ich sie wirklich brauchte. Niemals wurde ein Mensch durch die Mitarbeit würdigerer Bauleute geehrt. Ich hoffe, sie werden eines Tages dazu bestimmt sein, bei
    stolzeren Bauten mitzuwirken. Am vierten Juli, sobald
    Fußboden und Dach fertig waren, zog ich in mein Haus ein. Die Bretter waren fein sauber keilförmig geschärft und überlappt, so daß kein Regen eindringen konnte. Doch ehe ich an den
    Fußboden ging, legte ich an einer Seite den Grund zu einem Kamin, für den ich auf meinen Armen zwei Wagenladungen
    Steine vom See den Hügel herauf trug. Den Kamin baute ich erst im Herbst nach Einbringen der Ernte, kurz bevor es notwendig wurde zu heizen. In der Zwischenzeit kochte ich frühmorgens im Freien auf dem Erdboden - eine Methode, die ich immer noch in mancher Beziehung für angenehmer und
    bequemer halte als die übliche. Begann es zu stürmen, ehe mein Brot gebacken war, dann brachte ich über dem Feuer ein paar Bretter an und setzte mich darunter, gab acht auf meinen Brotlaib und verbrachte so angenehme Stunden. In dieser Zeit der handwerklichen Arbeit kam ich nur wenig zum Lesen, aber der kleinste Papierfetzen, der auf dem Boden lag und mir als Topflappen oder Tischtuch diente, machte mir ebensoviel Vergnügen, ja er bedeutete mir nicht weniger als die ›Ilias‹.
    Es wäre wohl der Mühe wert, mit noch viel mehr Überlegung zu bauen, als ich es tat; beispielsweise zu bedenken, inwieweit eine Tür, ein Fenster, der Keller oder Boden der Natur eines
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    Menschen angepaßt sein müssen, und auch nur dann ein
    Obergeschoß aufzuführen, wenn dazu ein triftigerer Grund vorliegt als bloß ein zeitweiliges Bedürfnis. Es steht dem Menschen genauso an, sich sein Haus selbst zu bauen, wie es dem Vogel ansteht, sein Nest zu bauen. Wenn er es mit
    eigenen Händen errichtete und sich und die Seinen so einfach und ehrlich wie möglich ernährte - wer weiß, ob die Gabe des Dichtens sich nicht allgemein entfalten würde, wie ja auch die Vögel allgemein bei dieser Beschäftigung singen? Aber leider benehmen wir uns wie der Kuckuck und der Rosenstar, die ihre Eier in Nester legen, die andere Vögel bauten, und die mit ihrem unmusikalischen Geschwätz nicht
    einmal den
    Spaziergänger erfreuen. Wollen wir denn das Vergnügen des Bauens für alle Zeiten dem Zimmermann überlassen? Was
    bedeutet der großen Masse die Architektur? Nie bin ich auf allen meinen Wegen einem Menschen begegnet, der sich einer so natürlichen und einfachen Beschäftigung widmete wie dem Bau seines Hauses. Wir sind Teil einer Gemeinschaft; es ist nicht nur der Schneider, den der Mensch braucht, es ist auch der Pfarrer, der Kaufmann, der Bauer. Wo nimmt diese
    Arbeitsteilung ein Ende? Und worauf läuft sie schließlich hinaus? Kein Zweifel, auch ein anderer kann für mich denken.
    Darum aber ist es noch lange nicht wünschenswert, daß dies

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