Walden Ein Leben mit der Natur
Dorf zurückkehren...
Am vierten Morgen entzündet der höchste Priester, indem er trockenes Holz aneinanderreibt, auf dem Hauptplatz ein neues Feuer, das alle Einwohner mit der neuen, reinen Flamme
versorgt.«
Dann werden frischer Mais und andere Früchte genossen und drei Tage lang gesungen und getanzt. »In den nächsten vier Tagen werden Besuche empfangen und gemeinsam mit den
Freunden der benachbarten Dörfer, die sich in ähnlicher Weise gereinigt haben, gefeiert.«
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Auch die Mexikaner beschlossen in dem Glauben, das die Zeit des Weltendes gekommen sei, jedes zweiundfünfzigste Jahr mit einem ähnlichen Reinigungsfest.
Ich habe selten von einem wahreren Sakrament gehört als das, so wie es im Lexikon als »das sichtbare, äußere Zeichen einer inneren, geistigen Gnade« bezeichnet wird, und ich zweifle nicht, daß diese Wilden direkt vom Himmel dazu inspiriert wurden, wenn sie auch keine Niederschrift der Offenbarung besitzen.
Mehr als fünf Jahre habe ich mich in dieser Form durch die Arbeit meiner Hände erhalten, und ich fand, daß ungefähr sechs Wochen Arbeit im Jahr genügten, um alle meine
Ausgaben zu bestreiten. Den ganzen Winter und den größten Teil des Sommers konnte ich frei und ungehindert meinen Studien nachgehen. Mit der Schulmeisterei hatte ich es auch gründlich versucht, doch hatten in jener Zeit meine Ausgaben im Verhältnis oder vielmehr nicht im Verhältnis zu meinen Einnahmen gestanden. Denn ich war nicht nur gezwungen
gewesen, mich entsprechend zu kleiden und vorzubereiten, sondern auch entsprechend zu denken, und büßte obendrein meine Zeit ein. Da ich nicht zum Wohl meiner Mitmenschen, sondern lediglich zum Broterwerb unterrichtete, wurde es ein Mißerfolg. Ich habe es auch mit dem Handel versucht, aber ich kam bald dahinter, daß ich zehn Jahre brauchen würde, um einigermaßen meinen Weg zu machen, dann aber
höchstwahrscheinlich auf dem Wege zum Teufel wäre. Ich
fürchtete tatsächlich, ich könnte es in dieser Zeit so weit bringen, sogenannte »gute Geschäfte« zu machen. Als ich begann, mich um einen Lebensunterhalt umzusehen, dachte ich oft ernstlich daran, Heidelbeeren zu pflücken; einige unangenehme Erfahrungen, die mir das Befolgen von
Ratschlägen meiner Freunde eingebracht hatten, waren noch zu frisch in meinem Gedächtnis, um nicht meine Findigkeit zu wecken. Das Beerenpflücken war etwas, das ich konnte, und der geringe Ertrag daraus hätte mir genügt. Denn mein größtes Talent war immer meine Genügsamkeit gewesen.
Törichterweise dachte ich, es erfordere wenig Kapital und
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wenig Ablenkung von meinen gewohnten Zerstreuungen.
Während sich meine Bekannten unbedenklich dem Handel und anderen Berufen zuwandten, erwog ich diese Beschäftigung mit dem gleichen Ernst wie sie die ihre: den ganzen Sommer die Hügel durchstreifen, sorglos Beeren zu pflücken und sie dann an den Mann bringen, um auf solche Art die Herden des Königs Admetos zu hüten. Ich träumte auch davon, Kräuter zu
sammeln oder Dorfbewohner, die gern an den Wald erinnert wurden, mit Immergrün zu versorgen, ja es per Heuwagen in die Stadt zu transportieren. Doch habe ich seither die Erfahrung gemacht, daß der Handel allem zum Fluch wird, womit er in Berührung kommt, selbst dann, wenn man mit Botschaften des Himmels handelt. Da ich für gewisse Dinge eine Vorliebe besaß und mir besonders an meiner Freiheit lag, ich ein hartes Leben führen und doch glücklich sein konnte, wollte ich meine Zeit nicht darauf verschwenden, mir wertvolle Teppiche oder andere elegante Einrichtungsgegenstände, gutes Essen oder ein Haus im griechischen oder gotischen Stil zu erwerben. Allen, denen die Anschaffung solcher Dinge keinen Zeitverlust bedeutet und die damit etwas anzufangen wissen, seien sie von Herzen gegönnt. Manche Menschen sind fleißig und scheinen die
Arbeit um ihrer selbst willen zu lieben oder auch weil sie sie vor Schlimmerem bewahrt; jenen habe ich im Augenblick nichts zu sagen. Und jenen, die mit mehr Muße, als ihnen zur Verfügung steht, nichts anzufangen wüßten, kann ich nur raten, doppelt soviel zu arbeiten. So lange, bis sie sich losgekauft haben und ihren Freibrief besitzen. Ich für mein Teil hielt die Beschäftigung eines Tagelöhners für die unabhängigste von allen, besonders, da ich nur dreißig bis vierzig Tage im Jahr arbeiten mußte, um leben zu können. Die Arbeit des Tagelöhners geht mit
Sonnenuntergang zu Ende. Dann steht es ihm frei, sich seinen
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