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Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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schlagfertigen Sorte, aber irgendwann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und sagte zu Lennart: »Schöner Hut.«
    »Das ist ein echter Panama. Den hat mir mein Onkel aus Kuba mitgebracht«, erklärte Lennart und wandte sich wieder an Janna: »Sag mal, bist du jetzt mit diesem Bankmenschen zusammen?«
    »Falls du Axel meinst, ja. Warum? Brauchst du einen Kredit?«
    »Nein, ich frag ja nur so«, meinte Lennart. »Immerhin bist du nächstes Jahr meine Julia, da will man als Romeo ja schon wissen, mit wem die es so treibt.«
    Emily spürte auf einmal ein Gewicht, das auf ihren Magen drückte. Klar, die beiden interessierten sich nur für Janna, sie, Emily, war für die zwei bestimmt noch ein Kind. Ihre Stimmung sank, die Unterhaltung plätscherte an ihr vorbei, sie nahm einen Bierdeckel und kritzelte mit dem winzigen Bleistift, den sie immer in der hinteren Tasche ihrer Jeans bei sich trug, darauf herum.
    Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre Schulter und der Schatten der Hutkrempe fiel auf den Bierdeckel. Emily wollte ihn rasch wegstecken, aber Lennart war schneller und hielt ihre Hand fest. »Was zeichnest du denn da?«
    »Nichts.«
    »He, das ist ja fett!« Lennart legte den Bierdeckel auf den Tisch. »Das bin ich! Super getroffen – vor allen Dingen meine edle römische Nase!« Er fuhr sich eitel über das Riechorgan, das Emily absichtlich ein ganz klein bisschen hakenförmiger gezeichnet hatte als das Original.
    »Sieht dir tatsächlich ähnlich«, meinte nun auch Stefan. »Den Zinken muss man erst mal so hinkriegen. Und das kannst du einfach so, aus dem Stegreif?«, fragte er Emily mit bewunderndem Blick.
    »Äh, ja«, sagte Emily verlegen. »Das ist nicht so schwer.«
    »Quatsch«, mischte sich nun Janna ein. »So was kann nicht jeder. Sie kann nämlich nicht nur zeichnen, sondern auch super malen!« Und setzte noch eins drauf: »Sie ist so gut, sie ist kurz davor, sich ein Ohr abzuschneiden.«
    Alle lachten, bis auf Emily. Machte sich Janna über sie lustig? Sie wollte etwas erwidern, aber ihr fiel beim besten Willen nichts ein. Verunsichert starrte sie vor sich hin.
    Janna boxte Emily freundschaftlich in die Seite. »Hey, nur keine falsche Bescheidenheit. Das ist typisch Frau, aber damit kommt man nicht weit. Schau dir doch mal die Kerle an: Die machen auch aus jedem Furz, den sie lassen, ein Riesending!«
    Emily lächelte. Jannas Ausdrucksweise, schon immer etwas deftig, hatte sich während der letzten Tage nicht gerade gebessert.
    »Wenn sie so klasse malt, dann könnte sie doch bei uns die Kulissen mitgestalten«, schlug Lennart vor.
    »Mann, ich rede hier von Kunst, nicht von Kulissen pinseln«, entgegnete Janna empört. »Das wäre ja Perlen vor die Säue geworfen!«
    »Quatsch! Ich hätte riesige Lust dazu«, versicherte Emily rasch.
    »Jetzt sind ja erst mal Ferien«, sagte Janna, streckte sich faul in ihrem Stuhl aus und gähnte. »Bin ich heute fertig.«
    »Es war wohl die Lerche, nicht die Nachtigall?«, erkundigte sich Stefan spöttisch. »Oder um welche Vögelei ging es da noch?«
    Janna würdigte die Frage keiner Antwort.
    »Darf ich das Porträt behalten?«, bat Lennart.
    »Klar«, lächelte Emily.
    Sie bestellten noch eine Runde Milchshakes, und als Janna und Emily endlich wieder in Außerhalb 5 ankamen, war es schon spät am Nachmittag. Emily war allerbester Laune. Denn zum Abschied hatte Lennart gesagt: »Pass auf deine Ohren auf. Es wäre schade um sie, sie sind ausgesprochen hübsch.«
    Janna zog die Nase kraus, als sie die Tür öffneten. »Hmm. Hier riecht es nach Kuchen. Bestimmt hat Marie...«Die restlichen Worte blieben ihr im Hals stecken. Auf dem Tisch in der Küche stand tatsächlich ein angeschnittener Johannisbeerkuchen und davor saßen Marie und ein fremder Mann.
    Er hatte ein gerötetes, aufgedunsenes Gesicht, halb bedeckt von ungepflegten Bartstoppeln. Seine Frisur ähnelte einem aufgeplatzten Polstersessel. Er trug ein Holzfällerhemd und eine zerknautschte Lederweste. Auf dem Boden neben seinem Stuhl lag ein Rucksack. Der Duft des frischen Kuchens wurde, je näher man dem Fremden kam, verdrängt von einem Geruch nach Schweiß und muffigen, verrauchten Kleidern.
    Der Mann hatte eine Tasse Kaffee vor sich stehen und biss gerade in ein Stück Kuchen, das er der Einfachheit halber in die Hand genommen hatte.
    »Was ist denn hier los?« In Jannas Stimme schwang unverhohlenes Misstrauen.
    Da der Mann den Mund voll hatte, antwortete er nicht gleich, dafür erklärte Marie: »Er

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