Waldmeister mit Sahne
Homosexuelle?“
Joachim spürte nun drei Paar Augen auf sich gerichtet.
„Die machen aus jedem Schwulen gleich einen Pädophilen. Und das kann ich auf meinem Arbeitsplatz gar nicht gebrauchen. Es tut mir ehrlich leid, dass ich in der Öffentlichkeit nicht zu Micha stehen kann.“
Micha zog mit seinem Löffel Kreise in den Resten des Milchreises.
„Das ist okay. Es macht mir nichts aus“, sagte er.
Ilse sah ihren Sohn zweifelnd an.
„Mama, wollt ihr Jo etwa ständig in Verlegenheit bringen? Soll er sich etwa schuldig fühlen, nur weil der überwiegende Teil der Menschheit dieses Jahrhunderts für Homos nicht bereit ist?“
„Natürlich nicht. Es tut mir leid, Jo. Micha hat uns die Situation ja bereits erklärt. Ich habe damit wohl eher ein Problem als er. Wir sind mit seiner Homosexualität immer sehr offen umgegangen.“
„Dann hat Micha wirklich Glück gehabt.“
„Habe ich tatsächlich.“ Micha beendete das Kreiseziehen auf seinem Teller und aß den Rest.
„Was ist denn mit deinen Eltern, Jo?“, erkundigte sich Werner. Joachim zuckte mit den Schultern.
„Meinen Vater kenne ich gar nicht und meine Mutter lebt mit ihrem fünften Ehemann in der Schweiz. Der Kontakt zu ihr ist bereits vor Jahren abgebrochen.“
„Weiß sie, dass du …?“, fragte Ilse. Joachim schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich wusste es ja selbst lange Zeit nicht.“ Er tauschte einen Blick mit Micha und musste unwillkürlich an ihr erstes Treffen am Kennel denken. Micha schien denselben Gedanken zu verfolgen, denn er grinste.
„Ja, ja, mein Sohn ist unwiderstehlich. Das hat er von mir“, sagte Werner, der dem Blickwechsel gefolgt war. „Das liegt alles nur an der Nase. Wie sagt man so schön? An der Nase eines Mannes …“
„Werner!“
„Na, weswegen hast du mich denn sonst geheiratet?“ Empört schaute Werner seine Frau an.
„Weil du meinen Hexenbesen reparieren kannst. Nur aus diesem Grund. Und jetzt räum die Teller in den Geschirrspüler, ehe ich dich in eine Kröte verwandle. Micha, setz du dich mit Jo auf die Terrasse. Wir essen das Kompott draußen, okay?“
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„Es tut mir leid.“
Fragend blickte ihn Jo an.
„Meine Eltern, Jo. Sie sind manchmal extrem peinlich. Heute haben sie sich allerdings selbst übertroffen.“ Langsam wanderten sie durch den großen Garten, in dem das Gras offenkundig das letzte Mähen versäumt hatte. Als sie am Teich vorbeikamen, verstummte sofort das Quaken der Frösche.
„Ich finde deine Eltern toll. Sie sind offen, fröhlich und sie haben einander wirklich gern. Außerdem scheinen sie tatsächlich kein Problem damit zu haben, dass du schwul bist.“
Michael warf einen Blick zurück zur Terrasse, wo seine Mutter Espresso und das Kompott ablud. Sie schaute kurz zu ihnen herüber, lächelte und verschwand im Haus.
„Sie bedauern, dass sie keine Enkel bekommen werden“, sagte Michael. Etwas legte sich wie ein düsterer Schatten auf Jos Gesicht.
„Und wie denkst du über Kinder?“, fragte er.
Michael grinste ihn an und breitete die Arme aus. „Ich bin sooo froh, schwul zu sein.“
Jos Grinsen fiel eher gequält aus.
„Ist irgendetwas, Jo?“
Er sah Michael etwas seltsam an, doch dann war sein wunderbares Lächeln wieder da.
„Ich würde dich in diesem Augenblick gerne küssen, mein Gesicht in deinen Haaren vergraben, dich überall streicheln und am liebsten mitten auf dem Rasen …“
Schnell hielt ihm Michael den Mund zu.
„Hör bloß auf. Oder willst du unbedingt, dass ich mit einem Ständer vor meinen Eltern stehe?“
„Dafür haben sie bestimmt auch einen Spruch parat.“
Sie lachten. Michael war froh, dass Jo seine Eltern mochte, denn sie waren ihm sehr wichtig. Außerdem spürte er, dass seine Mutter Jo bereits in ihr Herz geschlossen hatte und sein Vater ihn ebenfalls leiden konnte. Wieso wirkte Jo in diesem Moment so schrecklich bedrückt?
„Warum redest du nicht mit mir über dein Problem?“, fragte Michael ganz direkt, vielleicht um Jo ein bisschen aus der Reserve zu locken. Sein Freund schreckte regelrecht auf.
„Problem? Was soll ich denn für ein Problem haben?“
„Du denkst hoffentlich nicht darüber nach, mit mir Schluss zu machen?“ Eigentlich war das als Scherz gemeint, aber zu Michaels schierem Entsetzen wurde Jo kreidebleich.
„Wie kommst du denn darauf?“, fragte er eine Spur zu hektisch. Michael packte ihn am Hemd und musterte ihn eindringlich.
„Jo, mach keinen Scheiß.“ Allmählich bekam er Angst. Er war
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