Waldos Lied (German Edition)
von St. Blasien. Was sollen wir dem König antworten?«
Ich zögerte eine Weile. »Vielleicht solltet Ihr Heinrich antworten, dass Ihr erst die Meinung der anderen Fürsten zu dieser Sache einholen wollt.«
Rudolf warf mir einen anerkennenden Blick zu. »Es ist nie gut, übereilt zu handeln. Das soll also die Botschaft sein, die Ihr dem König von mir überbringen werdet, Udalrich von Godesheim. «
Der Bote des Königs war nicht glücklich über diese Antwort. Doch eine andere bekam er nicht, sosehr er auch den Herzog bedrängte.
»Wisst Ihr schon, wer auserwählt wurde, im Namen des Königs im Zweikampf gegen Regenger anzutreten? « fragte ich den Godesheimer noch.
Darauf sagte er nur: »Ich.«
Am nächsten Tag reiste er wieder ab.
»Das war eine gute Antwort, Waldo, und eine gute Frage. Es ist immer wichtig zu wissen, welche Interessen der Bote verfolgt, der im Namen des Königs reist«, meinte Herzog Rudolf zu mir, nachdem Udalrich gegangen war.
»Mir fiel nichts Besseres ein, Herr. Wollt Ihr nun König werden oder nicht? «
»Erst muss ich sicher sein, dass die meisten Fürsten des Reiches diese Wahl billigen. Und dass meine Verbündeten dieses Mal ihren Schwur halten, dem König nicht mehr zu dienen. Die Sachsen klagen und jammern zwar über all die Greuel, unter denen sie in Heinrichs Namen leiden müssen. Doch wenn es dann hart auf hart kommt, bekommen sie es mit der Angst zu tun. Auch auf die Fürsten am Rhein ist nicht unbedingt Verlass. Selbst wenn sie öffentlich erklären, dass sie mit den Untaten dieses Königs nichts zu tun haben wollen. Ich muss erst Gewissheit haben, auf wen ich zählen kann und auf wen nicht. Warten wir ab, was sich bei der Beratung der Fürsten in Mainz ergibt. Ich kann warten.«
»Während der König damit fortfährt, sich selbst sein Grab zu schaufeln«, ergänzte ich.
»So ist es«, bestätigte der Herzog. »Er wird sich niemals an seine Versprechen gegenüber den Sachsen halten. Auch wenn er sich wie ein Lamm gibt — im Inneren ist Heinrich ein reißender Wolf. Und in der Natur des Wolfes liegt es nun einmal, andere Tiere zu töten. Inzwischen wird er immer unruhiger; er hat fast niemanden mehr in seiner Umgebung, dem er noch trauen kann. Und seine Schatulle ist beinahe leer. Udalrich von Godesheim erzählte mir, dass die Fürsten nur noch mit kleinem Gefolge, ohne viele Krieger, Schreiber und dem üblichen Pomp zum König reisen, weil er sie sonst nicht ernähren könnte. Doch es kommen überhaupt nur wenige zu ihm. Und diese will er dann nicht mehr ziehen lassen, aus Angst, sie kämen nicht wieder.«
In der übernächsten Nacht wurde ich wieder von der Stimme überfallen. Wir waren nur eine Tagesreise von der Feste Burgdorf entfernt, als sie mich im Morgengrauen aus dem Schlaf riß. Es war wieder dieses seltsame, zischende Flüstern. Und wieder sprach die Stimme dieselben Worte: »Komm zum Kreuz, wenn dir dein Leben lieb ist.« Dieses Mal hörte es sich an, als spräche jemand direkt vor der Zeltwand in mein Ohr.
Ich fuhr hoch, als wäre ich von einer Ratte gebissen worden. Dadurch erwachten auch Meginfried und Beringo. Denn wir schliefen dicht nebeneinander, damit wir uns gegenseitig wärmen konnten.
»Was ist? « murmelte Beringo schläfrig.
»Die Stimme«, keuchte ich entsetzt. »Habt ihr es nicht gehört? Da war sie wieder. Hier, gleich neben mir. Vor dem Zelt. Und wieder dieselben Worte.«
»Bleibt hier. Rührt Euch nicht von der Stelle.« Beringo sprang auf und schoss wie ein Pfeil aus dem Zelt.
Nur wenige Minuten später war er wieder zurück. Er sah mich mit einem merkwürdigen Blick an. »Nichts. Ich habe niemanden gesehen. Noch nicht einmal Spuren im frisch gefallenen Schnee.«
Ich zog fröstelnd die Schultern hoch und wickelte mich noch fester in meine Felldecke. Wieder hatte mir diese Stimme einen furchtbaren Schrecken eingejagt, so unverhüllt war die Drohung, die in diesem Flüstern lag. Ich war felsenfest von der Ernsthaftigkeit dieser Worte überzeugt. Die Stimme musste uns unbemerkt gefolgt sein. Vielleicht war es jemand aus dem Gefolge des Herzogs? Dieser Gedanke machte mir noch größere Angst. »Ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, es gibt diese Stimme. Ich bin durch sie erwacht.«
»Vielleicht hattet Ihr einen bösen Traum? « tröstete mich Beringo.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wann ich träume und wann nicht. Und ich bin auch nicht verdreht im Kopf.«
»Das seid Ihr schon ein wenig, aber wohl doch nicht auf
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