Waldos Lied (German Edition)
diese Art«, spottete der Bretone freundlich in seinem fremdartigen Singsang und nahm mir damit etwas von der Panik, die mich wieder zu überfallen drohte.
Inzwischen war auch Meginfried erwacht, der geschnarcht hatte wie ein Bär. Während Beringo dauernd redete, pflegte er sich zumeist auf kurze Laute oder Wortfetzen zu beschränken. »Was los?« erkundigte er sich. Das war für seine Verhältnisse schon sehr ausführlich. Außerdem verschluckte er zumeist einen Teil des Wortes. So war er manchmal sehr schwer zu verstehen. Doch wir hatten uns an seine Art gewöhnt.
»Während du schliefst wie ein Toter, wurde unser Mönch wieder von dieser Stimme bedroht. Allerdings scheint sie keinen Körper zu haben. Denn ich fand keinerlei Spuren«, erläuterte Beringo.
Meginfried bekreuzigte sich. »Dämon«, stellte er fest.
Beringo schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht an Dämonen. Ich glaube an das, was ich sehe. Obwohl unter meinen Vorfahren viele Kelten sind. Da spielt unserem Mönch jemand aus dem Gefolge des Herzogs einen üblen Streich. Hätte uns jemand verfolgt, dann hätten es unsere Kundschafter bemerkt. Kuno von Genf hat seine Leute gut ausgebildet. «
Also glaubte auch Beringo, dass es jemand aus dem Lager sein musste. Ich spürte, wie die Furcht wieder in mir hochkroch. Einem Feind, den man sah, konnte man sich stellen. Doch einer körperlosen Stimme?
»Gut aufpassen«, brummte Meginfried. Mit diesen Worten nahm er sein Schwert, hängte sich seine Felldecke um und postierte sich vor dem Zelteingang.
»Ihr müßt Euch nicht fürchten, Mönch. Bei Meginfried und mir seid Ihr sicher. Im Notfall nehmen wir es sogar mit einem Dämon auf, um Euch zu schützen«, munterte mich Beringo nach einem Blick in mein Gesicht auf.
»Ich habe keine Furcht«, erklärte ich im Brustton der Überzeugung. Doch ich sah an dem Blick, den mir der Bretone zuwarf, dass er mir nicht glaubte.
Am folgenden Abend kamen wir im Kastell bei Burgdorf an. Dort erfuhren wir, dass nur wenige Fürsten zu der Beratung erschienen waren, die Erzbischof Siegfried von Mainz zur Klärung der Königsfrage anberaumt hatte. Und diese waren nicht in der Lage, über einen neuen König einen Beschluss zu fassen. Daraufhin hatte König Heinrich die Adligen zu einem vertraulichen Treffen nach Oppenheim geladen. Dort hatte er sie, wie zu hören war, auf Knien angefleht, ihm die Treue zu halten, und versprochen, ihnen in Zukunft ein besserer König zu sein. Fast alle forderten ihn auf, endlich den Tag für den Zweikampf anzusetzen und sich mit diesem Gottesurteil von dem Vorwurf reinzuwaschen, er habe den Herzog von Schwaben ermorden lassen wollen. Heinrich war in die Enge getrieben. Er willigte ein. Regenger sollte sich nach der Oktave des Epiphaniasfestes mit Udalrich von Godesheim, dem Kämpfer des Königs, schlagen.
Rudolf war zutiefst enttäuscht über das Ergebnis von Mainz. Seine angeblichen Verbündeten hatten sich in der Königsfrage gewunden wie Würmer, keiner hatte sich offen für ihn ausgesprochen. »Ich wusste es doch, Waldo«, sagte der Herzog verdrossen zu mir. »Sie reden alle nur, doch niemand traut dem anderen, noch nicht einmal sich selbst. Dafür werde ich meine Haut nicht zu Markte tragen. Dann sollen sie mit dem König zurechtkommen, den sie haben. Außerdem glaube ich nicht, dass dieser Zweikampf stattfinden wird. Der König hat ein viel zu schlechtes Gewissen und deshalb Angst vor dem Gottesurteil. «
Herzog Rudolf behielt recht. Regenger, der den König des geplanten Mordanschlages bezichtigt hatte, starb nur wenige Tage vor dem Zweikampf eines grauenvollen Todes. Es hieß, er sei von einem Dämon befallen worden. Rudolf war da anderer Ansicht. »Gift«, erklärte er, als er von dem Tod des ehemaligen Vertrauten Heinrichs erfuhr.
Das Jahr 1074 brachte noch andere wichtige Neuigkeiten. Königin Bertha stand kurz vor der Entbindung. Der König hatte sie von der bedrohten Burg Vockenrode nach Hersfeld bringen lassen. Am iz. Februar schenkte sie dort einem schwächlichen Knaben das Leben. Sie nannten ihn Konrad nach seinem Urgroßvater. Niemand glaubte, dass er lange leben würde. Aber Heinrich hatte jetzt endlich einen Erben.
Bereits Mitte Januar hatten die Sachsen bei einer Beratung der Erzbischöfe von Mainz und Köln in Corvay erneut die Einsetzung eines neuen Königs gefordert. Das sollte nun endgültig auf einer Versammlung in Fritzlar Anfang Februar geschehen. Der Herzog lachte nur verächtlich, als er davon hörte. Er
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