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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Klirren der Schwerter und das Brüllen der verwundeten Männer wurden, je mehr von ihnen tot auf die Erde sanken, desto lauter sangen und beteten die Geistlichen und flehten den Allmächtigen an, den Unsrigen den Sieg zu gewähren. Es war ein schauriger Chor. Manche der Geistlichen hielten sich dabei die Ohren zu. Vielleicht um den Lärm des Kampfes nicht hören zu müssen. Vielleicht aber auch, um im Gebet oder Gesang nicht von dem Lärm des Kampfes oder Gesang des Nebenmannes gestört zu werden.
    Es war die erste Schlacht, die ich mit eigenen Augen sah. Ich betete ebenfalls inbrünstig darum, dass Gott der Herr das Gemetzel beenden möge. Es war mein erstes wahrhaftiges Gebet zu Gott nach langer Zeit. Doch er blieb stumm. Er schickte weder Blitz noch Donner, um das Morden zu beenden. Nach einiger Zeit war die Luft schwer vom süßlichen Geruch des Blutes und den Ausdünstungen des Todes. Ich konnte kaum noch atmen.
    Da erhob sich hinter uns ein mächtiger Aufruhr. Ich sah, wie Erzbischof Siegfried von Mainz und die Bischöfe Werner von Magdeburg und Werner von Merseburg ihren Pferden die Sporen gaben und in wildem Galopp davonsprengten. Sie versuchten einer Gruppe von Feinden zu entkommen, die sie gefangen nehmen und zu Heinrich bringen wollten. Denn da sie mächtige Männer waren, brachte ihre Gefangennahme reiche Belohnung. Die Verfolger rasten auf ihren Pferden hinter den Bischöfen her. Angesteckt von dieser wilden Flucht, wandten plötzlich erst einige wenige, dann jedoch immer mehr Sachsen den Feinden den Rücken zu, warfen ihre Schilde weg und rannten um ihr Leben.
    Ich beobachtete, wie König Rudolf alles versuchte, um sie aufzuhalten. Vor uns tobte die Schlacht weiter, keiner der Kämpfer hatte sehen können, was sich hinter seinem Rücken abspielte. Otto von Northeim und Pfalzgraf Friedrich von Sommerschenburg schlugen noch immer am linken und rechten Flügel unverdrossen auf die Gegner ein. Vergeblich versuchte Rudolf jedoch, die Männer, die in seinem Abschnitt kämpften, von der Flucht abzuhalten. Alle wurden von der Furcht der Bischöfe angesteckt. Nur Kuno von Genf und seine Leute blieben unbeeindruckt. Als ich das sah, lief ich hinunter zum König, um an seiner Seite zu kämpfen. Die Reihen um ihn herum wurden immer lichter. Bald waren nur noch Kuno von Genf und seine Leute, Beringo, Meginfried und ich bei ihm.
    Rudolf kämpfte trotz seines Alters wie ein junger Mann. Kuno von Genf tat es ihm gleich. Sein Schwert mähte einen Feind nach dem anderen nieder. Wenn ihn der Schlag eines Gegners traf, schüttelte er sich nur kurz, als habe ihn eine Mücke gestochen, und drosch weiter auf die Feinde ein. Beringo, Meginfried und ich kämpften Seite an Seite. Beringo streckte die Feinde mit seinen Pfeilen nieder. Diejenigen, die näher kamen, erschlug Meginfried mit seinem Schwert. Und auch ich traf gar manch einen mit meinem Dolch. Als Beringo keine Pfeile mehr hatte, warf er die Gegner mit geschickten Schwüngen zu Boden, Meginfried erledigte den Rest.
    Und ich? Ich weiß nicht, wie viele Männer ich in diesen Stunden für Rudolf tötete. Ich kann mich noch nicht einmal an eines ihrer Gesichter erinnern. Vielleicht ist das eine Gnade. Nach einer Weile vergaß ich sogar, dass ich tötete. Es zählte nur noch mein eigenes Überleben. Mein Körper machte sich selbständig, und mein Verstand schaltete sich aus, vor meinen Augen war ein roter Nebel. Ich erinnere mich nur noch daran, dass mir der Schweiß aus den Haaren und von der Stirn in die Augen lief, die brannten. Außerdem weiß ich noch, dass ich einmal von einer abgehackten Hand getroffen wurde, die mir auf den Mund prallte.
    Immer mehr Männer Kunos fielen. Mit jedem Schwertstreich zogen wir uns deshalb immer weiter zum Lager zurück. Doch ohne Kuno, der uns den Weg freischlug und die Gegner niedermähte, hätten wir es nicht geschafft, den König und uns in Sicherheit zu bringen.
    Von den geflohenen Bischöfen und ihren Verfolgern war inzwischen nichts mehr zu sehen. Vor uns kämpften noch immer Otto von Northeim und seine Männer sowie am anderen Flügel die Truppen des Markgrafen von Sommerschenburg. Von Schlachtordnung konnte aber auch dort keine Rede mehr sein. Für jeden ging es nur noch darum, die eigene Haut zu retten.
    Der König war völlig erschöpft und niedergeschlagen. Er war kein junger Mann mehr, und die Kämpfe hatten ihn alle Kraft gekostet. Nachdem ihn seine Leute so schnöde im Stich gelassen hatten, machte er noch nicht einmal mehr

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