Waldos Lied (German Edition)
fügte mich, obwohl es mir nicht leichtfiel. Denn damit verriet ich auch alles über die fürchterliche Anklage gegen meinen Herrn Rudolf von Rheinfelden. Wenn Agnes von Burgund dafür Rache nahm, dann würde es schweres Unheil auch über das Kloster St. Blasien bringen. Das konnte ich kaum verantworten. Dennoch, ich musste einfach wissen, was das Zeichen war.
»Hohe Frau, auch wenn es unziemlich erscheinen mag, ich kann Euch meine Geschichte nicht erzählen ohne ein weiteres heiliges Versprechen.«
»Das wären dann drei Schwüre an einem Tag.«
Ich nickte.
»Und was soll ich schwören?«
»Dass Ihr das, was Ihr nun hört, niemals gegen das Haus Rheinfelden verwenden und auch niemals mit jemandem darüber sprechen werdet, außer mit Gott. «
»Ihr versteht es, mich wirklich neugierig zu machen, Wal-do von St. Blasien. Ich schwöre, was Ihr verlangt.«
Da erzählte ich ihr meine Geschichte und die des Schwertes. Danach reichte ich ihr eine Abschrift des Briefes und der Geschichte, die ihre Tochter Mathilde hinterlassen hatte. Beides trug ich immer bei mir. Ich wollte die genauen Worte immer zur Hand haben, falls ich in den vielen Büchern, die ich las, einmal einen Hinweis auf das Schwert finden würde.
Agnes von Burgund setzte sich auf eine Bank, um die Abschriften zu lesen. Im Gegensatz zu den meisten Menschen dieser Zeit hatte sie bei ihren Studien der Heiligen Schrift gelernt, die Bedeutung der Buchstaben zu entschlüsseln. Ich entfernte mich. Ich wusste, nicht nur für sie als Fürstin, sondern vor allem auch als Mutter würde dies eine schmerzliche Stunde sein.
Nach einer Weile sah ich, dass sie ihre Lektüre beendet hatte. In ihren Händen hielt sie immer noch den letzten Brief ihrer Tochter und starrte in die Ferne. Ihr Gesicht war versteinert. Als ich näher kam, bemerkte ich, dass ihr Tränen über die Wangen liefen. Aber sie war auch über alle Maßen zornig.
»Es ist gut, dass Ihr mich schwören ließet, Mönch. Gut für Euren Herzog. Keine Macht außer Gott hätte mich sonst davon abhalten können, mein Kind zu rächen.« Ihre Stimme war ganz heiser vor Anstrengung, nicht die Fassung zu verlieren. Ich sah, dass sie am ganzen Körper zitterte, und wollte mich gerade wieder entfernen, da hielt sie mich zurück.
»Nein, bleibt, was geschah, ist nicht Eure Schuld. Verzeiht meine Heftigkeit. Auch wenn diese Geschichte und die letzten Zeilen meiner Tochter mich bis tief in meine Seele schmerzen, so sollt Ihr doch das letzte Geheimnis erfahren. Denn Euer Leben hat der Fluch dieses Schwertes ebenso getroffen wie meine unglückliche Tochter. Doch weshalb erzählte mir meine Freundin Adelheid nichts von alldem? «
»Wie hätte sie das können, ohne die Ehre ihres Gemahls und die seines Hauses zu beflecken? Auch ich hätte eigentlich nicht sprechen dürfen. Sie bat mich darum, und ich missbrauchte ihr Vertrauen. Aber wie konnte ich Euch, der Mutter Mathildes, dies alles vorenthalten? Und dann ist da noch etwas. Ihr mögt mich einen Toren schelten. Doch seit ich zum ersten Mal von dieser Waffe hörte, bin ich der Überzeugung, dass der Allmächtige mich auserkoren hat, sie eines Tages wiederum der Kirche zurückzugeben. Ich glaube fest, dass es nur einen Ort gibt, wo die Reliquien in Sicherheit sind. Dort, wo ich herkomme. Im Kloster St. Blasien. Sonst hätte der Herr es niemals so gefügt, dass ich dort hingebracht wurde.«
Agnes von Burgund neigte zustimmend den Kopf. »Dann seid Ihr also der Hüter des Schwertes. Nun, ich denke, da könntet Ihr recht haben, Mönch.
Doch ich bin Euch noch eine Antwort schuldig. Ihr fragtet nach dem Zeichen, das das Schwert trägt ...«
Ich nickte.
»Es heißt, es soll ganz klein und versteckt in den Griff der Waffe geprägt sein. Es ist das Zeichen der Rose. Denn die Rose hat Dornen wie die Zweige jenes Strauches, mit denen die Peiniger unseren Herrn Jesus in ihrem Spott zum König krönten. Sagt mir aber noch eines, Waldo von St. Blasien, Hüter des Rosenschwertes, ergreift Euch in dieser Sache denn nicht die Furcht? Wo wollt Ihr anfangen mit Eurer Suche? Und wann? Noch habt Ihr hier in Fruttuaria eine Aufgabe zu erfüllen, die ebenso wichtig ist, wie die Suche nach dem Schwert.«
»Ihr vermögt in mein Herz zu blicken, hohe Frau. Doch, ich habe Furcht. Große Furcht sogar. Vielleicht habe ich mich auch deshalb bisher nicht allzu sehr bemüht, das Schwert zu finden, obwohl mich der Gedanke daran nie verlassen hat. Seit heute weiß ich aber, dass ich voller
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