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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Herzogs Rudolf von Schwaben. Dieser riesigen Streitmacht konnte König Heinrich höchstens ein Zehntel an Männern entgegensetzen. Das wusste ich aus den Beratungen auf der Harzburg.
    Ich kam auf demselben Weg zurück in die Burg, auf dem ich sie verlassen hatte. Dieses Mal jedoch ohne Fesseln. Wieder begleitete mich Ordulf. Niemand fragte mich, wo ich gewesen war. Niemand kümmerte sich um mich. Selbst meine Mahlzeiten musste ich mir selbst durch einen Küchenjungen besorgen. Ich fühlte mich jeden Tag mehr an meine erste Zeit in der Burg auf dem Stein erinnert.
    Berthold von Zähringen hatte seine Aufgabe als Botschafter, er konnte sich daneben nicht auch noch um mich kümmern. Für Heinrich und seine Berater hätte ich genauso gut unsichtbar sein können. Nur ein einziges Mal befahl der König mich in diesen Wochen auf der Harzburg zu sich.
    »Was wird dein Herzog Rudolf in dieser Sache tun? « fragte er mich bei dieser Gelegenheit barsch. Einige Gefolgsleute des Königs, die in einem anderen Teil des Raumes erregt miteinander diskutiert hatten, unterbrachen bei diesen Worten ihr Gespräch und wandten sich uns zu.
    »In welcher Sache?« fragte ich ebenso kurz angebunden zurück.
    »Wie ich höre, lagert er mit seinen Truppen bei Mainz und weigert sich, sie weiterzuführen. Du bist doch sein Berater, Waldo von St. Blasien — wird er auf meiner Seite stehen und mit mir in diesen Krieg ziehen, wenn es gegen die Sachsen geht? «
    »Ich bin hier, bei Euch, nicht bei den Sachsen. Ist dies Antwort genug? «
    »Nun, du könntest ja auch ein Spion des Herzogs sein.«
    »Das bin ich auch, mein Herr und König. Herzog Rudolf beauftragte mich, ich solle seine Augen und Ohren sein und ihm alles, was ich sehe und höre, getreulich berichten.«
    König Heinrich lachte bitter. »Deine Art versetzt mich immer wieder in Erstaunen, Mönch. Man kann jedoch auf keinen Fall sagen, dass du mit der Wahrheit hinter dem Berg hältst. Auch wenn ich nicht gerade behaupten kann, dass ich dich sonderlich schätze, denn du hast mir einmal einen schlechten Rat gegeben.«
    »Manchmal erweist sich der Wert eines Rates erst nach langer Zeit. Ebenso wie der eines Menschen, Herr. «
    »Mag sein.« Heinrichs Miene, die sich für einen kurzen Moment aufgehellt hatte, verdüsterte sich wieder. »Ich wünschte jedenfalls, ich hätte ebenso treue Gefolgsleute an meiner Seite wie der Herzog von Schwaben. Doch ich bin nur von Jasagern und Speichelleckern umgeben. Aber ich habe von dir immer noch keine direkte Antwort auf meine Frage bekommen. Wird der Herzog an meiner Seite in den Kampf gegen die Sachsen ziehen? «
    »Er sagte mir einmal, er habe Euch die Treue geschworen. Rudolf von Rheinfelden ist kein Mann, der einen solchen Schwur leichtnimmt. «
    »Schon wieder windest du dich wie ein Wurm. Warum sagst du mir nicht, wie er sich entscheiden wird? «
    »Weil das die einzige Antwort ist, die ich Euch geben kann.« Ich mochte zwar Rudolfs Spion sein. Aber lügen würde ich für ihn nicht. Ich wusste einfach nicht, wie er sich verhalten würde.
    »Ich sehe schon, das Gespräch führt zu keinem Ergebnis. Du hast meine Erlaubnis, dich zu entfernen, Spion Rudolfs.«
    Fast hätte ich bei den letzten beiden Worten laut aufgelacht. Erst war ich der Zwerg Rudolfs gewesen, dann sein Wahrsager, dann sein Ratgeber und heiliger Mann und jetzt sein Spion. Es gibt eben vieles, was ein Mensch in seinem Leben werden kann.
     
    Die Harzburg lag auf einem hohen, felsigen Berg und war nur auf einem einzigen, sehr schwierigen Weg zu erreichen.
    Deshalb war es auch leicht, sie zu bewachen. Die anderen Seiten des Berges waren von einem ungeheuer weit ausgedehnten, undurchdringlichen Wald bewachsen, der sich bis an die Grenze Thüringens zog. Unweit der Anhöhe, auf der die Harzburg stand, erhob sich ein anderer, noch höherer Berg aus dem Dunkel der Wälder. Hier schienen die Sachsen sich für die Belagerung zu sammeln. Täglich wurden es mehr Leute. Sie wollten verhindern, dass ihnen der König noch einmal entwischte. Doch zur Burg war jedenfalls für sie kein Durchkommen.
    Aber was für viele Leute gilt, gilt nicht unbedingt auch für einen einzelnen Mann. Besonders, wenn er so klein ist wie ich. Dass es einen Geheimgang hinaus gab, hatte ich ja bereits erfahren. Und da sich sowieso niemand darum scherte, ob ich nun in der Burg war oder nicht, beschloss ich, die Umgebung zu erkunden.
    Mit jedem Tag streifte ich weiter umher, drang weiter in den Wald vor, der mir so dunkel

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