Waldos Lied (German Edition)
Loch zum Durchschlüpfen finden würde.
Die Lage für die Eingeschlossenen auf der Harzburg wurde immer bedrohlicher, zumal es kaum noch etwas zu essen gab.
Mittlerweile hatten wir schon August. Wieder einmal kam ich von einem meiner heimlichen Ausflüge in die Burg zurück. Dieses Mal herrschte in den Gemächern des Königs große Aufregung. Die Berater Heinrichs flehten ihn an, die Harzburg zu verlassen, zu seiner Sicherheit und aus Pflicht seinem Volk gegenüber.
Heinrich wehrte sich dagegen. »Ich werde nicht fliehen wie ein Feigling«, erklärte er ein ums andere Mal.
Berthold von Zähringen ließ das jedoch nicht gelten. »Wenn Ihr bleibt, mein König, seid Ihr am Ende nur ein Faustpfand der Sachsen und müsst all ihren Forderungen zustimmen. Bisher haben die Verhandlungen vielleicht deshalb zu keinem Ergebnis geführt, weil die Aufständischen glauben, sie hätten Euch ohnehin in der Hand. Doch wenn Ihr wieder mit den anderen Fürsten des Reiches über eine Lösung nachdenken könntet, dann wärt Ihr Ihnen sehr bald wieder überlegen«, argumentierte der Zähringer.
Auch Heinrichs Kaplan Siegfried drängte ihn zur Flucht. »Für den zz. August ist das Treffen der Fürsten mit ihren Truppen in Hersfeld anberaumt«, erinnerte ihn Bischof Friedrich von Münster mit beschwörender Stimme. Seine Zukunft hing von der Heinrichs ab, denn er war von den Sachsen aus seinen Besitzungen vertrieben worden.
Der König schwieg für eine Weile. Er schien sich nicht schlüssig werden zu können. Doch dann sagte er: »Gut, so soll es denn sein. Doch auf welchem Weg sollen wir die Burg verlassen, ohne dass die Sachsen es merken? «
»Es gibt doch einen Geheimgang, mein König.« Auf diese Worte seines Kaplans hin lehnte sich der König zufrieden zurück. Er konnte sich daran erinnern. Doch da meldete ich mich zu Wort, und alle wandten sich mir überrascht zu. »Die Sachsen glauben, Ihr sitzt in der Falle wie eine Ratte.
Denn sie kennen diesen Gang und werden ihn wohl ebenso scharf bewachen wie den Weg zur Burg.«
»Woher weißt du das, Waldo von St. Blasien?« Die Stimme des Königs klang hart und misstrauisch.
»Ich weiß es, mein König, weil ich sie gesehen habe.« Nun, das war zumindest nicht gelogen.
»Woher kennst du überhaupt diesen Gang? «
»Ich hatte in den letzten Wochen genügend Zeit, mich umzuschauen, da Ihr mich ja nicht brauchtet.« Diese kleine Spitze war ich mir schuldig. »Außerdem nanntet Ihr selbst mich einen Spion, und so tat ich, was ich konnte.«
Das stellte den König zwar nicht zufrieden, aber er beließ es dabei. Denn jetzt war Dringlicheres zu erörtern. Ich merkte aber, dass er entschlossen war, auf diese Angelegenheit zurückzukommen. Ich hoffte, dass ich dann schon weit weg sein würde.
Auf meine Worte hin wurden vom Obersten der Wachmannschaften bis zum geringsten Kämpfer alle Fluchtarten besprochen und dann wieder verworfen. Nach zwei Stunden herrschte völlige Ratlosigkeit, und die Mienen der Männer verfinsterten sich immer mehr.
Da beschloss Heinrich, mich zum Sündenbock für die Ausweglosigkeit zu machen. »So sitze ich also wirklich in der Falle wie eine Ratte. Genau wie es dieser Mönch gesagt hat. Waldo von St. Blasien, die Art, in der du immer recht behalten musst, gefällt mir nicht. Eines ist jedenfalls sicher: Bevor ich hier in dieser Falle verrecke, wirst du längst deinem Schöpfer begegnet sein. Und wenn das das letzte Versprechen ist, das ich gebe. Ergreift diesen Zwerg und werft ihn ins Verlies. «
Ich kannte den König gut genug, um zu wissen, dass er seine Drohung wahr machen würde. Er hatte schon einmal versucht, mich umzubringen. Und so entschloss ich mich zu reden, obwohl ich meiner Sache keineswegs sicher war. Für mich allein hätte ich einen Fluchtweg gewusst. Aber ob die Flucht so vieler gelingen würde, war mehr als fraglich. Doch ich hatte keine andere Wahl.
»Halt, wartet. Hört erst, was ich zu sagen habe, mein König. Es könnte Eure Rettung sein.«
Heinrich hob die Hand. Die beiden Männer, die auf mich zugekommen waren, um mich zu ergreifen, blieben stehen. Ich verneigte mich ehrerbietig. »Es betrübt mich zutiefst, dass ich Euch missfalle, mein König.«
»Du bist ein schlechter Lügner, Mönch.«
»Vielleicht«, antwortete ich verstimmt, denn er hatte in diesem Fall wohl recht. »Aber vielleicht weiß ich auch einen Weg nach draußen. Zumindest dann, wenn Ihr Euch dazu entschließen könntet, Eure Schätze zurückzulassen.« Denn ich
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