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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Mädchen der 9b im Sportunterricht. Bereits bei der zweiten Laufrunde des Aufwärmtrainings ließen sich mehrere Mädchen erschöpft zu Boden fallen. »Ich kann nicht mehr«, »Warum quälen Sie uns so?« Er versuchte, diese offensichtlichen Provokationen zu überhören. »Setzt euch solange auf die Bank.«
    Danach entschied er sich für Geräteturnen. Vier Jungs holten Sprungbrett, Kasten und dicke Matten. »Also jetzt, Sprung über den Kasten.« Die Hälfte der Klasse war schon durch, da regten sich die Mädchen auf der Bank immer noch nicht. »Bitte, ihr seid dran.« Widerstrebend nahm die Erste Anlauf, sprang ab und kam dank der Unterstützung des Lehrers mit Mühe und Not über das Hindernis.
    Das zweite Mädchen lief an. Ihr blödes Grinsen und die beiden Freundinnen, die zufällig seitlich daneben standen, hätten ihn warnen müssen, denn in dem Moment, als seine Hand sie zur Hilfestellung berührte, schrie sie gellend auf und ließ sich krachend vornüber auf den Kasten fallen. Es blieb ihm keine Zeit, sich zu kümmern, ob sie verletzt war, denn gekrümmt fiel sie auf die Matte und kreischte schrill: »Iiiih, der hat mich angefasst! Da!« Sie zeigte auf ihren Schritt.
    Die anderen beiden Mädchen knieten sofort an ihrer Seite und als der Lehrer schauen wollte, was denn wirklich passiert war, sprang eine auf und zeigte schreiend auf ihn: »Da, er hat ja eine Beule in seiner Hose.«
    Schreckensstarr stand er da, völlig unfähig, sich zu bewegen. Mit weit aufgerissenen Augen sah er an sich hinab. Dieselbe Sporthose wie immer; anliegend war sie schon, aber es gab nichts, was sich mehr abzeichnete als sonst.
    Trotzdem richteten sich alle Blicke auf den Lehrer. War das sein Ende? Er wollte weglaufen, aber es ging nicht. Wie festgewachsen stand er neben dem Kasten. Kein einziger Schritt – unmöglich.
    So stand er immer noch da, als der Direktor zusammen mit der Vertrauenslehrerin in die Sporthalle gestürmt kam. Zwei der Schülerinnen waren gleich zum Rektorat gelaufen.
    Die Lehrerin kniete auf die Matte und streichelte das immer noch gekrümmt daliegende Mädchen. Der Direktor zischte seinen jungen Kollegen an: »Gehen Sie in mein Büro.« Und als der sich nicht bewegte und ihn nur starr ansah, brüllte er los: »Raus hier, jetzt, sofort!«
    Dann setzte sich auch der Schulleiter auf die Matte und begann zu fragen.
    Es dauerte nur eine Viertelstunde, bis ein unauffälliger VW-Passat auf das Schulgelände fuhr, dem zwei Beamtinnen der Karlsruher Kriminalpolizei entstiegen.
    »Was haben Sie dazu zu sagen«, fragten sie den jungen Lehrer zwei Stunden später. So lange hatte die Befragung der Klasse gedauert.
    »Nichts, ich habe wirklich nichts gemacht. Das ist alles ein Irrtum, ein bedauerlicher Irrtum. Tut mir leid, aber es war nichts.«
    »Das haben wir aber völlig anders gehört.«
    »Nein, bestimmt nicht, ganz sicher.« Mit funkelnden Augen sagte er: »Die wollen mich fertig machen, schon die ganze Zeit.«
    Eine der Kommissarinnen sah ihn durchdringend an: »Sie halten sich zu unserer Verfügung. Bleiben Sie erreichbar.«
     
    Die Lindts stiegen am Marktplatz wieder aus der ›S 41‹. »Sollen wir das kurze Stück noch …?«, fragte Carla, doch Oskar schüttelte den Kopf. »Lass uns den Vierer nehmen. Mir reichts für heute.« Die paar 100 Meter von der Haltestelle »Im Eichbäumle« bis nach Hause traten sie nochmals in die Pedale und wunderten sich.
    Ein Streifenwagen parkte vor der Einfahrt. Sie stellten die Fahrräder in den Keller und nahmen die Treppe bis in den ersten Stock. Von oben kamen Geräusche, Stimmen waren zu hören, ziemlich erregt. Dann kamen zwei uniformierte Polizisten von oben. Sie flankierten den Mieter aus dem Dachgeschoss. Lindt wollte nicht glauben, als er sah, dass sein Nachbar die Hände auf dem Rücken hatte.
    »Ach, Herr Lindt, das wäre aber nicht nötig gewesen. Mit dem sind wir doch auch alleine fertig geworden.« Der jüngere der beiden Beamten griff grinsend hinter den Festgenommenen und zog dessen gefesselte Handgelenke hoch. Mit schmerzverzerrtem Gesicht beugte der junge Lehrer seinen Oberkörper nach unten.
    »Auf, weiter gehts!«
    Lindt folgte bis zum Einsatzwagen. Als sein Nachbar auf den Rücksitz verfrachtet war, winkte der Kommissar den älteren Streifenbeamten zu sich her. »Mich hat niemand gerufen, wir wohnen hier – aber was liegt denn gegen ihn vor?«
    »Nur zur Vernehmung ins Präsidium, war vorgeladen und kam nicht. Uns wollte er zuerst auch nicht begleiten,

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