Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
Vom Netzwerk:
wurde gebrochen, die Stadt verbrannt, zweiundsechzig Frauen gefangen mit Kudrun fortgeführt.
    Traurig schaute Hilde aus einem Fenster zum letzten Mal auf ihr armes Kind. Dann sandte sie ihre Getreuen mit der Unglücksbotschaft zu König Hettel. – "Eilet," drängte sie die Boten, "meldet ihm alles und saget, dass ich alleine bin. Voll Hoffart fährt der reiche Ludwig in seine Heimat, indessen an tausend unsrer Mannen erschlagen oder todwund vor dem Tore liegen."
    Die Boten ritten schnell; Horand sah sie zuerst kommen. König Hettel ging ihnen entgegen und sprach nach altem Brauch: "Willkommen, ihr Herren, hier im fremden Land, sagt zu, wie gehabet sich Hilde und wer sandte euch her?"
    "Das tat unsre Königin; die Burg ist gebrochen, die Stadt verbrannt, Kudrun mit ihrem Ingesinde fortgeführt; an tausend deiner Recken liegen erschlagen; und das taten Ludwig und Hartmut, die Normannen."
    Da sprach der alte Wate: "Nun lasst das Jammern über den geschehenen Schaden! Wir werden uns bald, in grosser Fröhlichkeit, davon erholen und Herrn Ludwig und Hartmuts Haus in gross Trauern versetzen. Wir sagen jetzt dem Fürsten von Morland und seinen Leuten Frieden an, führen sogleich unsre Scharen den normannischen Räubern nach und befreien dein Kind Kudrun."
    "Das ist der beste Rat," rief der kühne Herwig. "Eilet, mit den Feinden zu vertragen, damit wir bald fortkommen; mir ist unmassen leid um Kudrun."
    So kam’s zur Sühne, und die noch vor kurzem Feinde waren, boten nun Freundesdienste an. König Hettel eilte mit seinen Heerscharen auf die See und wandte seines Schiffes Schnabel gen Normannenland.
3. Auf dem Wülpensand.
    Drei Tage hatte Hartmut gebraucht, um alles, was seine Mannen aus Hettels Burg raubten, auf die Schiffe zu schaffen. Dann rauschten die Segel, die Wellen brausten um die gleitenden Kiele; sie wandten sich von Hettels Land einem wilden, breiten Werder, den Wülpensande [Fußnote: Der Wülpensand mag etwa gelegen haben vor der westlichen Scheldemündung in einer sich zwischen Cadsant bis nahe zum heutigen Breskens hinziehenden Sandbank.] , zu, senkten die Anker und gingen ans Ufer. Sieben Tage gedachten die Normannen hier der Ruhe zu pflegen; wenig fürchteten sie die Hegelingen. Sie schlugen Zelte auf für die Frauen, für die Männer und die Rosse. Voll Herzeleid sassen die Entführten auf den öden Sand am Ufer. Allenthalben flackerten die Lagerfeuer. Da sah der Schiffsmeister mit vollen Segeln Schiffe übers Meer kommen und sagte es den Königen an. Bald fuhren die Schiffe so nah dem Werder, dass man lichte Helme blinken sah.
    "Wohlauf," sprach Hartmut, "meine grimmen Widersacher kommen," und nahm den Schild zur Hand. Ludwig rief seine Mannen an: "Ein Kinderspiel war, was wir bis jetzt getan; nun müssen wir erst mit tapfern Helden streiten; wer fest zu meinem Banner steht, den mach’ ich reich."
    Die Schiffe legten an, mit dem Speerschaft konnte man von den Borden bis zum Ufer langen; Lanzen flogen hinüber und herüber. Schwer mussten die Hegelinge die Landung erkämpfen. Wate sprang mitten in die Feinde; Ludwig rannte ihn an mit scharfem Speer, dass die Stücke vom Schild sprangen. Nun kamen auch die von Stürmen ans Ufer. Ihr Meister schlug Ludwig einen Schwerthieb durch den Helm; und hätte der König nicht unter der Brünne ein Seidenhemd von Abalie getragen, das auch den Kopf bedeckte, so wäre der wackere Hieb sein Tod gewesen. Kaum entrann er auf der Walstatt dem alten Kämpen, von dessen Hand nun Mann auf Mann niedersank.
    Hartmut sprang Irold entgegen; fernhin erklang es von ihren Hieben auf Helm und Schild.
    Herwig von Seeland sprang in die Flut. Das Wasser stand ihn bis unter die Achseln. Ertränken wollten ihn die Normannen; mancher Speer wurde auf ihm zerbrochen, doch der Held watete auf den Sand und liess sie’s büssen mit scharfen Streichen. Grosses Gewühl entstand; oft wurde ein Freund vom andern niedergetreten. Bis Hettels Mannen Fuss gewonnen hatten, sah man die Flut von heissem Todesblut rotgefärbt, so weit hinaus, dass kein Speerschaft darüberflog.
    Ortwein und Morung mit ihren Heergesellen gingen tapfer übers Schlachtfeld, wenige taten es ihnen gleich. Alle Speere waren verschossen und immer noch schritt Ortwein einher mit froher Kampfbegier.
    Bitterlich weinten Kudrun und ihre Frauen. Je näher der Abend sank, desto mehr Schaden erlitt Hettel; der Sieg neigte sich den Normannen zu. Ludwig und Hettel trafen einander mit hochgeschwungenen Waffen; Hettel sank tot auf den

Weitere Kostenlose Bücher