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Walisischer Sommer

Walisischer Sommer

Titel: Walisischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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und sah Clarence zwischen sich und dem Gebäude stehen. Er beobachtete sie feindselig.
    Christa verkrampfte sich der Magen vor Angst. Als Kind hatte sie einmal, während sie sich mit ihrer Mutter zu Besuch bei der Großmutter aufhielt, die wenige Tage alten kleinen Ziegenkinder streicheln wollen. Doch das Muttertier war gar nicht damit einverstanden gewesen und hatte Christa sogleich angegriffen. Und dieses Erlebnis hatte Christa nie vergessen.
    Am Vortag hatte sie sich auch ein wenig gefürchtet, aber da waren noch der Landrover und Daniel zwischen ihr und Clarence gewesen. Doch das war jetzt anders. Christa hatte sogar das Gefühl, der Ziegenbock, der nun interessiert ihre Hose betrachtete, spüre genau, was sie empfand.
    „Wag es nur, sie anzurühren”, drohte sie ihm. Das beeindruckte ihn natürlich nicht im geringsten. Wahrscheinlich lachte er sie sogar insgeheim aus, denn er wußte sicher, daß sie weder sich selbst noch ihre Hose ihm gegenüber verteidigen konnte.
    Langsam kam er auf sie zu. Christa bekam Herzklopfen, und der Mund wurde ihr ganz trocken. „Schsch”, begann sie verängstigt, „schsch … geh weg …”
    Ihre Stimme klang schwach und zittrig. Gehörte sie wirklich derselben Frau, die es verstand, sich gegen die gerissensten und verhandlungsgeschicktesten Stoffhersteller in Indien und Pakistan durchzusetzen?
    Irgendwie unbewußt nahm sie wahr, daß das rhythmische Geräusch aufgehört hatte. Aber sie war viel zu beunruhigt, um zu begreifen, was das bedeutete. Deshalb traf auch Daniels Begrüßung sie völlig unerwartet. „Oh, Sie sind aufgestanden. Gut …” hörte sie ihn auf einmal freundlich und leicht belustigt sagen.
    Bei jeder anderen Gelegenheit hätte sie eine spöttische Bemerkung parat gehabt, aber in der momentanen Situation war sie nur schockiert und wirbelte herum. Sekundenlang vergaß sie die Angst vor dem Ziegenbock, so sehr schämte sie sich, daß Daniel Zeuge ihrer mißlichen Lage geworden war.
    Und sogleich nutzte das Tier ihre Unaufmerksamkeit aus und setzte sich wieder in Bewegung. Christa vernahm das Geräusch seiner Hufe und drehte sich rasch zu ihm um. Eine irrationale Furcht erfaßte sie, so daß ihr Daniels Anwesenheit plötzlich ganz egal war, der die Szene amüsiert verfolgte. Ihr Blick drückte Entsetzen aus. Instinktiv wollte sie losrennen. Allerdings waren ihre eleganten Stadtschuhe für das Laufen auf schmutzigem Kies völlig ungeeignet. Langsam dämmerte es ihr, daß kein Mensch die Chance hatte, einem bösartigen Ziegenbock zu entkommen.
    Ihr Puls begann zu rasen. Und plötzlich fühlte sie sich in die Kindheit zurückversetzt, sie war wieder das kleine Mädchen, das die Ziegenkinder streicheln wollte …
    Und dann spürte sie, wie sie den Boden unter den Füßen verlor. Zu ihrer Überraschung landete sie jedoch nicht auf dem kiesbedeckten Hof, sondern an Daniels kräftiger Brust.
    Sie öffnete die Augen, die sie in panischem Schrecken geschlossen hatte. Daniel! fuhr es ihr durch den Kopf. Er hatte die Arme fest um sie geschlungen. Dann fuhr er ihr mit der Hand durchs Haar, während er ihr Gesicht sanft an seinen Hals drückte. Schließlich flüsterte er ihr liebevoll ins Ohr, wobei seine Stimme leicht bebte, als müßte er sich das Lachen verbeißen: „Es ist alles gut. Es war doch nur Clarence, sonst niemand.”
    Sonst niemand! dachte sie empört, sah hoch und Daniel an. „Er wollte mich angreifen”, erklärte sie unsicher und zitterte am ganzen Körper. Ihr war kalt und leicht übel, und auf einmal konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Für Sie ist das natürlich in Ordnung, Sie finden es sogar noch komisch, aber …”
    Sie versuchte, sich aus seiner Umarmung zu lösen, obwohl Clarence sie immer noch beobachtete. Er war jedoch in angemessener Entfernung stehengeblieben.
    „Nein, das stimmt gar nicht”, widersprach Daniel. Dabei schwang in seiner Stimme ein so seltsamer Unterton mit, und er streichelte ihr so zärtlich die Wange, daß Christa die Luft anhielt.
    „Lassen Sie mich los”, forderte sie ihn auf, obwohl sie das genaue Gegenteil wollte.
    „Ja, sobald wir im Haus sind. Vor Clarence brauchen Sie sich aber nicht zu fürchten.” Dann führte er sie über den Hof.
    „Er wollte mich angreifen”, wiederholte sie.
    „Er ist ein Raufbold. Er hat Ihre Angst gespürt und die Situation ausgenutzt. Es war jedoch nicht nur Clarence, der diese panische Reaktion bei Ihnen ausgelöst hat, stimmt’s?” meinte er scharfsinnig, während

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