Walking Disaster
heftig.
»Shepley, ich –«
Bevor ich noch ein Wort sagen konnte, hatte Shepley ausgeholt und mir einen Kinnhaken verpasst.
Ich steckte den Schlag ein, berührte mit der Hand mein Gesicht und nickte. Das hatte ich verdient.
»Travis?«, rief Megan vom oberen Treppenabsatz.
»Ich fahre sie nach Hause«, sagte Shepley.
Ich starrte in die Richtung, wo der Honda mit Abby verschwunden war. »Danke.«
25. KAPITEL
Ich gehöre dir
Sie wird dort sein.
Hinzugehen wäre ein Fehler.
Es wäre peinlich.
Sie wird dort sein.
Was, wenn ein anderer sie zum Tanzen auffordert?
Was, wenn sie dort ihrem künftigen Ehemann begegnet und ich das mit ansehen muss?
Sie will mich nicht sehen.
Ich könnte mich betrinken und dann etwas tun, das sie ankotzt.
Sie könnte sich betrinken und dann etwas tun, das mich ankotzt.
Ich sollte da nicht hingehen.
Ich musste da hin. Sie würde dort sein.
Im Kopf ging ich alles durch, was dafür und dagegen sprach, zu der Valentinsparty zu gehen, aber ich kam immer wieder zu demselben Schluss: Ich musste Abby sehen, und sie würde dort sein.
Shepley machte sich in seinem Zimmer fertig. Seit er und America sich endlich wieder versöhnt hatten, sprach er kaum noch mit mir. Zum einen, weil die beiden sich meist in sein Zimmer verzogen, um Versäumtes nachzuholen, zum anderen, weil er mir immer noch die Schuld daran gab, dass sie fünf Wochen lang getrennt gewesen waren.
America ließ sich keine Gelegenheit entgehen, um mich wissen zu lassen, dass sie mir spinnefeind war, vor allem nachdem ich Abbys Herz noch einmal gebrochen hatte. Ich hatte sie überredet, Parker mitten in einem Date sitzen zu lassen, um mich zu einem Kampf zu begleiten. Natürlich hatte ich sie dabeihaben wollen, aber ich beging den Fehler, ihr auch zu gestehen, dass ich es vor allem von ihr verlangt hatte, um einen Revierkampf zu gewinnen. Ich wollte Parker klar machen, dass er bei ihr nichts zu melden hatte. Abby empfand es so, als hätte ich ihre Gefühle für mich ausgenutzt, und sie hatte recht damit.
Das allein hätte schon gereicht, um sich schuldig zu fühlen, aber die Tatsache, dass Abby dort, wo ich sie hingebracht hatte, auch noch belästigt worden war, machte es fast unmöglich, noch irgendjemand in die Augen zu schauen. Dass ich noch dazu fast von der Polizei drangekriegt worden war, sorgte dafür, dass ich wie ein absolutes Riesenarschloch dastand.
Trotz meiner permanenten Entschuldigungen war America, wenn sie sich in der Wohnung aufhielt, permanent damit beschäftigt, mir böse Blicke zuzuwerfen und mir ungerechtfertigte Vorwürfe zu machen. Trotzdem war ich froh über ihre Aussöhnung mit Shepley. Wenn sie sich nicht wieder mit ihm vertragen hätte, hätte Shepley mir das wohl nie verziehen.
»Ich geh dann mal«, sagte Shepley. Er war in mein Zimmer gekommen, wo ich immer noch unschlüssig in Boxershorts auf dem Bett saß. »Ich hole Mare beim Wohnheim ab.«
Ich nickte. »Geht Abby auch hin?«
»Ja. Mit Finch.«
Ich brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Sollte mich das aufmuntern?«
Shepley zuckte mit den Schultern. »Mich würde es das.« Er schaute auf die Wände und nickte. »Du hast die Fotos wieder hingehängt.«
Ich betrachtete sie. »Keine Ahnung. Irgendwie kam es mir falsch vor, sie in der Schublade liegen zu haben.«
»Dann bis später, schätze ich mal.«
»He, Shep?«
»Ja?«, sagte er, drehte sich aber nicht mehr um.
»Es tut mir echt leid, Cousin.«
Shepley seufzte. »Weiß ich.«
Sobald er weg war, ging ich in die Küche und goss mir den letzten Rest Whiskey ein. Die bernsteinfarbene Flüssigkeit stand ganz ruhig im Glas, bereit, mich zu trösten.
Ich kippte alles auf einmal, schloss die Augen und erwog einen Umweg über den Spirituosenladen. Aber es hätte im ganzen Universum nicht genug Whiskey gegeben, um mir bei meiner Entscheidung zu helfen.
»Ach, scheiß drauf«, sagte ich zu mir selbst und schnappte mir die Harleyschlüssel.
Nach einem Zwischenstopp bei Ugly Fixer Liquor’s fuhr ich mit meinem Bike über den Gehsteig und parkte im Vorgarten des Fraternityhauses. Dort machte ich mir die kleine Flasche auf, die ich eben gekauft hatte.
Auf dem Boden der Flasche fand ich schließlich den Mut, in das Sig-Tau-Haus zu marschieren. Alles war in Pink und Rot dekoriert. Von der Decke hingen billige Girlanden, der Boden war mit Glitter bedeckt. Die Bässe der Boxen im Untergeschoss wummerten durchs ganze Gebäude und untermalten das Gelächter und die
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