Walking Disaster
selbstverständlich hin. Wenn ich zu ihr hinsah und sie berühren wollte, dann tat ich es. Wenn sie nicht in der Wohnung war und ich sie vermisste, fuhr ich zum Morgan. Wenn wir in meiner Wohnung waren, hatte ich sie im Arm.
Zum ersten Mal seit den Herbstferien wieder als Paar am College aufzukreuzen, hatte die zu erwartende Wirkung. Als wir zusammen herumliefen, Händchen hielten, lachten und uns gelegentlich – okay, es war öfter als gelegentlich – küssten, erreichten Klatsch und Tratsch ein noch nie dagewesenes Ausmaß. Wie immer auf dem Campus gab es Gerüchte und aufgeblasene Neuigkeiten, bis der nächste »Skandal« die Gemüter erhitzte.
Zusätzlich zu der Unruhe, die ich wegen der Beziehung zwischen mir und Abby empfand, kam noch Shepleys wachsende Nervosität aufgrund des letzten Kampfes des Schuljahres. Ich stand ihm in dieser Hinsicht kaum nach. Schließlich waren wir beide auf die Gewinne aus diesem Kampf angewiesen, um unseren Lebensunterhalt den Sommer über und ein Stück weit in den Herbst hinein zu finanzieren. Das war umso nötiger, da ich beschlossen hatte, der letzte Kampf des Jahres sollte auch insgesamt mein letzter sein.
Die Semesterferien rückten näher, aber immer noch keine Nachricht von Adam. Über andere hatte Shepley erfahren, dass Adam sich nach den Verhaftungen im Anschluss an den letzten Kampf möglichst unauffällig verhielt.
Am Freitag vor den Ferien war die Stimmung auf dem Campus gelöst, trotz des späten Schnees, der über Nacht noch gefallen war. Auf unserem Weg in die Cafeteria zum Mittagessen entkamen Abby und ich nur knapp einer Massenschneeballschlacht. America hatte da weniger Glück.
Plaudernd und lachend warteten wir in der Schlange, um uns weiß Gott was auf unsere Tabletts laden zu lassen, und nahmen dann unsere üblichen Plätze ein. Shepley tröstete America, während ich Brazil mit der Anekdote unterhielt, wie Abby meine Brüder bei der ersten Pokernacht im Haus meines Vaters abgezockt hatte. Mein Telefon vibrierte, aber ich hätte es gar nicht bemerkt, wenn Abby mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte.
»Trav?«, sagte sie.
Ich drehte mich zu ihr und blendete in der Sekunde, als sie meinen Namen aussprach, alles andere aus.
»Vielleicht solltest du drangehen.«
Ich schaute auf mein Handy und seufzte. »Oder lieber nicht.« Einerseits brauchte ich diesen letzten Kampf, aber andererseits musste ich währenddessen von Abby getrennt sein. Nach dem Übergriff beim letzten Mal würde ich mich, wenn sie diesmal mitkam und niemand sie beschützte, nicht eine Sekunde konzentrieren können. – Und wenn sie nicht dabei war, sähe es mit meiner Konzentration nicht besser aus. Der letzte Kampf im Schuljahr war immer der wichtigste, und ich konnte es mir nicht leisten, mit den Gedanken woanders zu sein.
»Es könnte doch wichtig sein«, meinte Abby.
Ich hielt das Telefon an mein Ohr. »Was gibt’s, Adam?«
»Mad Dog! Du wirst begeistert sein. Es ist geschafft. Ich hab den verdammten John Savage bekommen! Der plant nächstes Jahr, Profi zu werden! Das ist die Chance deines Lebens, Mann! Fünfstellig. Damit hast du erst mal für eine Weile ausgesorgt.«
»Das ist mein letzter Kampf, Adam.«
Er schwieg, und ich konnte mir vorstellen, wie seine Kiefer mahlten. Mehr als einmal hatte er sich darüber beschwert, dass Abby seinem Einkommen schadete, und ich war mir sicher, dass er sie für meine Entscheidung verantwortlich machte.
»Bringst du sie mit?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Wahrscheinlich solltest du sie besser zu Hause lassen, Travis. Wenn das wirklich dein letzter Kampf sein soll, dann muss ich wissen, dass du hundertprozentig bei der Sache bist.«
»Ohne sie gehe ich nicht, und Shep verreist heute noch.«
»Kein Rumeiern diesmal. Und das meine ich so.«
»Ich weiß. Ja, ich hab dich verstanden.«
Adam seufzte. »Wenn du wirklich nicht dran denkst, sie zu Hause zu lassen, könntest du doch Trent anrufen. Dann wärst du wahrscheinlich beruhigt und könntest dich konzentrieren.«
»Hmm … Das ist gar keine schlechte Idee.«
»Denk drüber nach und sag mir Bescheid«, sagte Adam, bevor er auflegte.
Abby sah mich erwartungsvoll an.
»Das reicht, um die Miete der nächsten acht Monate zu bezahlen. Adam hat John Savage gekriegt. Der will Profi werden.«
»Ich habe ihn noch nie kämpfen gesehen. Du?«, mischte Shepley sich ein.
»Nur einmal in Springfield. Er ist gut.«
»Nicht gut genug«, sagte Abby. Ich beugte mich vor und küsste
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