Walking Disaster
gewinnen, und doch konnte ich sie nicht aufgeben. Das permanente Hin und Her brachte mich an den Rand der Erschöpfung.
Ich zog Abby an mich und küsste sie auf die Stirn. »Es spielt keine Rolle, wie sehr ich es versuche. Du wirst mich sowieso hassen, wenn alles vorbei ist.«
Sie schlang die Arme um mich und vergrub ihre Finger unter meinen Schulterblättern. »Wir müssen Freunde sein. Ein Nein lasse ich nicht gelten.«
Den Satz hatte sie von mir, von unserem ersten Date in dem Pizzalokal. Es kam mir vor, als sei das schon hundert Lebensalter her. Dabei hätte ich nicht mal genau sagen können, wann genau die Dinge sich so verkompliziert hatten.
»Ich sehe dir oft beim Schlafen zu. Du siehst immer so friedlich aus. Ich habe so eine Ruhe gar nicht. In mir kocht diese Wut, dieser Zorn – außer wenn ich dir beim Schlafen zusehe. Das habe ich auch gemacht, als Parker reinkam. Ich war wach, und er kam rein und stand einfach nur da, mit diesem Entsetzen im Gesicht. Ich wusste, was er dachte, aber ich habe ihn nicht aufgeklärt. Weil ich wollte, dass er dachte, es sei was passiert. Jetzt glaubt die ganze Universität, du seist in einer einzigen Nacht mit uns beiden zusammen gewesen. Es tut mir leid.«
Abby zuckte mit den Schultern. »Wenn er diese Gerüchte glaubt, ist er selbst schuld.«
»Es war auch schwer, irgendwas anderes zu glauben, nachdem er uns beide im Bett gesehen hat.«
»Er weiß doch, dass ich bei dir wohne. Ich war außerdem doch vollständig angezogen, verdammt noch mal.«
Ich seufzte. »Er war wahrscheinlich viel zu sauer, um das zu registrieren. Ich weiß, dass du ihn magst, Täubchen. Ich hätte es ihm erklären sollen. Ich schulde dir so viel.«
»Ist doch egal.«
»Dann bist du nicht böse auf mich?«, fragte ich erstaunt.
»Hat dich das so aufgeregt? Dachtest du, ich sei böse auf dich gewesen, nachdem du mir die Wahrheit gesagt hast?«
»Das solltest du sein. Wenn jemand mal eben meinen Ruf ruinieren würde, dann wäre ich durchaus ein bisschen angepisst.«
Du machst dir doch überhaupt nichts aus einem Ruf. Was ist aus dem Travis geworden, den es einen Dreck kümmert, was andere denken?«, neckte sie mich und stieß mich mit ihrem Ellbogen an.
»Das war, bevor ich dein Gesicht gesehen habe, als du erfuhrst, was alle denken. Ich will nicht, dass man dir wegen mir wehtut.«
»Du würdest nie irgendwas anstellen, das mir wehtut.«
»Lieber würde ich mir den Arm abschneiden«, seufzte ich.
Entspannt lehnte ich meine Wange an ihr Haar. Sie roch immer so gut, fühlte sich so gut an. Sie neben mir zu haben, das wirkte wie ein Beruhigungsmittel. Mein ganzer Körper entspannte sich, und plötzlich war ich so müde und wollte mich überhaupt nicht bewegen. Lange saßen wir so da, die Arme umeinander geschlungen, ihr Kopf an meinem Hals. Abgesehen von diesem Moment war nichts sicher, also wollte ich ihn solange wie möglich auskosten, mit Taube.
Als die Sonne langsam unterging, klopfte es leise. »Abby?«, rief America mit sanfter Stimme.
»Komm rein, Mare«, sagte ich und wusste, dass sie sich wahrscheinlich Sorgen gemacht hatte, weil wir so leise gewesen waren.
America kam zusammen mit Shepley rein und lächelte, als sie uns so eng umschlungen sah. »Wir wollen irgendwas essen gehen. Habt ihr beide Lust auf eine Runde im Pei Wie? «
»Bäh … schon wieder asiatisch. Mare? Im Ernst?«, fragte ich.
»Ja, ganz recht«, entgegnete sie und schien ein wenig gelassener. »Kommt ihr jetzt mit oder nicht?«
»Ich verhungere«, meinte Abby.
»Na klar, du bist ja gar nicht zum Mittagessen gekommen«, sagte ich stirnrunzelnd. Ich stand auf und zog sie mit hoch. »Na komm. Lass uns dir was zu essen besorgen.«
Ich war noch nicht bereit, sie loszulassen, deshalb ließ ich auf der Fahrt zum Pei Wie meinen Arm um ihre Schulter. Es schien ihr nichts auszumachen, und sie lehnte sich sogar im Auto an mich, nachdem ich eingewilligt hatte, das Menü Nummer vier mit ihr zu teilen.
Sobald wir im Lokal eine freie Nische gefunden hatten, legte ich meine Jacke neben Abby und ging auf die Toilette. Es war so abartig, wie alle so taten, als hätte ich nicht erst vor ein paar Stunden jemand zusammengeschlagen, als sei nichts geschehen. Meine Hände formten unter dem Wasserstrahl einen Becher, und ich spritzte mir Wasser ins Gesicht. Dabei schaute ich in den Spiegel. Wasser lief mir von Nase und Kinn. Wieder einmal würde ich meine Missstimmung verdrängen und bei der gespielten guten Laune mitmachen
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