Walküre
durchschnittliche deutsche Geschäftsmann bereit sei, seine Mutter zu verkaufen, aber ein Hamburger würde auch noch die Lieferung frei Haus versprechen.«
»Mmm ...« Sarah Westland schien den Witz nicht zu verstehen. Andererseits war dies nicht der richtige Zeitpunkt für humoristische Abschweifungen.
»Wäre es Ihnen möglich, uns über die Einzelheiten der Geschäfte Ihres Mannes zu informieren?«, fragte Fabel. »Könnten Sie mir die Unterlagen ins Polizeipräsidium schicken? Oder ich lasse sie abholen.«
»Ich könnte jemanden damit beauftragen. Aber das meiste befindet sich in England. Es wird ein paar Tage dauern.«
»Vielen Dank für Ihre Mühe, Mrs. Westland.« Fabel stand auf. Sie begleitete ihn zur Tür und schüttelte ihm die Hand.
»Ist noch etwas?« Seine Miene hatte sie stutzen lassen.
»Nur noch eine Sache über den Abend, an dem Mr. Westland gestorben ist. Sie haben gesagt, an Ihrem Telefongespräch mit ihm sei nichts Ungewöhnliches gewesen, aber Sie schienen nicht ganz sicher zu sein.«
»Es gab nichts Ungewöhnliches«, erwiderte sie. »Jedenfalls nicht an seinen Worten ... oder an unserem Gespräch. Er kam mir einfach ... abwesend vor. Distanziert. Ich fragte ihn, was los sei, und er behauptete, müde zu sein.«
»Das würde zu seiner Weigerung passen, nach dem Konzert auf die Party zu gehen.«
»Jake konnte vielleicht mich nicht verstehen, aber ich war in der Lage, ihn zu durchschauen. Für eine Feier war er nie zu müde. Ich kannte seine Stimmungen, aber diese war mir fremd. Das beunruhigte mich.« Als Fabel die Tür öffnen wollte, fuhr sie fort: »Noch etwas anderes. Ich weiß, was die Leute denken und was die Zeitungen darüber schreiben, warum Jake auf der Reeperbahn war und wie er gestorben ist. Jake war kein Tugendbold, und wie gesagt, ich hatte keine Illusionen über seine Treue. Aber einer Sache bin ich mir sicher: Jake ist nicht auf der Suche nach Sex dorthin gegangen. Er muss einen anderen Grund gehabt haben. Bestimmt wollte er sich mit jemandem treffen. Davon bin ich überzeugt.«
2.
»Werde ich deportiert?«, fragte Karin Vestergaard mit einem kalten Lächeln, als Fabel mit seinem BMW am Taxistand vor dem Hauptterminal des Flughafens Hamburg-Fuhlsbüttel anhielt. Ein uniformierter Bundespolizist kam entschlossen auf das Auto zu, doch Fabel ließ ihn stracks umkehren, indem er die ovale Dienstmarke der Kriminalpolizei an die Windschutzscheibe hielt.
»Nein, dies hat mit einer Ankunft zu tun, Karin, nicht mit einer Ausreise«, sagte Fabel. »Ich möchte, dass wir Jespersens Schritte nachvollziehen, soweit es aufgrund unserer Informationen möglich ist. Sie sind wie Jespersen aus Dänemark, und Sie kennen Hamburg nicht. Ich habe Sie hergebracht, damit Sie mich auf all die Dinge hinweisen können, die mir vielleicht entgehen würden. Also gut, Jespersen trifft ein. Auf dem Gang durch die Ankunftshalle führt er zwei Telefonate, eines mit seinem Stellvertreter ...« Fabel, ungeduldig über seine Vergesslichkeit, schnalzte mit den Fingern.
»Harald Tolstrup«, half ihm seine Begleiterin.
»Harald Tolstrup, der ihm mitteilt, dass ein Hotelzimmer für ihn reserviert ist.«
»Harald ließ Jens auch wissen, dass ich so rasch wie möglich mit ihm sprechen wollte.«
»Aus welchem Grund?«
»Ganz einfach. Ich wollte herausfinden, was zum Teufel er vorhatte, und mich über seine Schritte auf dem Laufenden halten lassen. Mir war klar, dass er das nicht tun würde, aber ich musste versuchen, ihn irgendwie an der Leine zu halten.«
»Okay, danach ruft er im Präsidium an, aber ich bin in einer Konferenz, und er hinterlässt seine Nummer. Vor dem Terminal nimmt er ein Taxi in die Stadt. Wir haben den Fahrer nicht ausfindig machen können, doch angesichts der Flugankunftszeit und seines Check-ins im Hotel dürfen wir annehmen, dass er nirgends eine Pause machte.« Fabel ließ den Motor wieder an und fuhr zurück in Richtung Stadtzentrum.
»Stellen Sie sich vor, dass Sie in einem Taxi sitzen. Sie sind Jespersen. Sie haben ein vages Gerücht über eine in Hamburg ansässige Auftragsmörderin gehört, die Vujacic vor sechs Jahren zufällig erwähnt hat. In Ihrem Notizbuch steht der Name eines deutschen Kriminalbeamten – mein Name. Sie haben noch andere Informationen zur Hand, beispielsweise den Namen ›Olaf‹, aber im Moment können wir über deren Bedeutung nur mutmaßen. Es gibt Kleinkram über die ostdeutsche Stasi und über einen bestimmten Offizier ... Wie hieß er
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