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Walküre

Walküre

Titel: Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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mit echten Expertinnen zu tun. Bestens vorbereitet und unterrichtet. Irgendwie ist er geködert worden. Und vielleicht hat sie behauptet, Ausländerin zu sein. Möglicherweise Dänin. Nur, um ihn zu überrumpeln.«
    »Aber wir wissen nicht, wo er Mittag gegessen hat.«
    Fabel sah aus, als hätte er gerade einen leichten Stromschlag erlitten. »Das Spielzeug!«
    »Welches Spielzeug?«
    »Wir haben einen der Hamburger Souvenir-Teddybären gefunden. Er war mit seinen übrigen Sachen im Hotelzimmer.« Fabel schüttelte ungeduldig den Kopf. »Einen Moment.« Wieder drückte er auf den Knopf seines Autotelefons, und jemand meldete sich in der Mordkommission. Er ließ sich zu Anna Wolff durchstellen.
    »Anna, ich werde dich etwas fragen, und es dürfte trivial klingen. Aber glaub mir, das ist nicht der Fall. Erinnerst du dich an den Teddybären, den wir am Jespersen-Tatort gefunden haben? Er müsste in der Asservatenkammer sein.«
    »Müsste er«, sagte Anna, »ist er aber nicht. Er sitzt auf meinem Schreibtisch. Ich habe ihn Käpt'n Goldig getauft.«
    »Herrje, Anna, das ist ein Beweisstück. Du kannst nicht einfach ...« Fabel atmete durch. »Egal. Bitte lies das Herstellerkennzeichen und setz dich mit der Firma in Verbindung. Ich möchte wissen, wen sie in Hamburg beliefert. In ungefähr einem Drei-Kilometer-Radius um Jespersens Hotel. Wie gesagt, Anna, es ist dringend. Und sehr wichtig.«
    »Ich glaube, das kann ich schaffen«, erwiderte Anna trocken.
    Fabel legte auf und wandte sich an Karin Vestergaard. »Wenn wir das Geschäft finden, könnten Überwachungskameras vorhanden sein. Oder vielleicht liegt es in einem Einkaufszentrum mit CCTV. Dann würden wir seine Mörderin endlich zu Gesicht bekommen.«
     
3.
    Sylvie Achtenhagen beschloss, nicht mit dem Auto nach Berlin zu fahren. Stattdessen nahm sie in Altona die S-Bahn zum Hamburger Hauptbahnhof und stieg dann in den funkelnden neuen ICE, der die beiden größten Städte Deutschlands miteinander verbindet.
    Die Reise dauerte etwas mehr als anderthalb Stunden. Es war immer noch hell und kalt, und Sylvie beobachtete, wie die flache norddeutsche Landschaft vorbeiglitt. Hin und wieder überflog sie ihre Notizen.
    Ähnlich wie der Zug, den sie gerade benutzt hatte, war der Berliner Hauptbahnhof ein Versprechen für die Zukunft. Nach nur zwei Jahren hatte sich der Bahnhof bereits zu einem wichtigen Berliner Wahrzeichen entwickelt. Hier verbanden sich Metall und Glas in monumentalem Maßstab miteinander, und hier wurde der Welt deutlich verkündet, dass dies der Kern eines neuen Europa war. Sylvie durchquerte die Halle und näherte sich dem Taxistand.
    »Wohin, Kindchen?«, fragte der Fahrer mit breitem Berliner Dialekt.
    »Zur Birthler-Behörde.«
    »Woll'n sich wohl Ihre Akte ankieken, Kindchen?«
    Mit »Birthler-Behörde« oder BStU wurde die Zentrale einer Organisation bezeichnet, die unzweifelhaft einer Abkürzung bedurfte: die Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Die Abkürzung beruhte auf dem Namen der Bundesbeauftragten, Marianne Birthler.
    In nur fünfzehn Minuten gelangte Sylvie Achtenhagen zur Birthler-Behörde, und nachdem sie weitere zehn Minuten gewartet hatte, erschien ein hagerer Mann von Anfang fünfzig, der sie begrüßte und sich als Max Wengert vorstellte. Er arbeitete für die Abteilung, die für Medienanfragen nach Zugang zu den Akten zuständig war. Sylvie, ein vom Fernsehen vertrautes Gesicht, war es gewohnt, dass Menschen nicht unbedingt normal auf sie reagierten. Wengerts breites Grinsen schien zu verraten, dass er nicht sehr häufig lächelte. In ihm erkannte Sylvie jemanden, den sie wahrscheinlich veranlassen konnte, mehr preiszugeben, als es für ihn ratsam war.
    »Es ist überaus freundlich von Ihnen, dass Sie sich die Zeit nehmen, mir zu helfen, Herr Wengert.« Sie lächelte charmant, während er sie in ein Beratungszimmer führte. »Noch dazu persönlich.«
    »Ich muss gestehen, dass ich ein Fan von Ihnen bin.« Er verzog erneut das Gesicht und entblößte von Tabak verfärbte Zähne. Sylvie malte sich aus, wie er allein in einer winzigen Berliner Wohnung saß und sie auf dem Fernseher betrachtete. Ihre Fantasie ging ein wenig mit ihr durch, und sie verspürte einen Schauder des Ekels. Aber sie ließ sich nichts anmerken.
    »Haben Sie etwas über den Namen herausfinden können, den ich Ihnen genannt habe ... Georg Drescher?«, fragte

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