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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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gekonnt: ein bisschen mehr als nur ein Kopfnicken, ohne jedoch eine übertriebene oder gezwungene Haltung einzunehmen. Das Haupt neigen, sagte man dazu. Dieser Mann musste aus guter Familie stammen. Seltsam, dass der Minister nichts über seine Verwandtschaftsverhältnisse gehört hatte.
    Der Justizminister warf einen raschen Blick auf den Sekundenzeiger an der Wanduhr. Pünktlichkeit zählte zu seinen Leidenschaften.
    »Was ist eigentlich los? Ist Lúðvík immer noch nicht da? Ich verstehe das nicht.«
    Als der Minister gerade die Tür schließen wollte, sah er, dass seine Sekretärin aufgesprungen war, mit entsetztem Gesicht den Telefonhörer in der Hand hielt und ihm mit der anderen Hand zuwinkte.
    »Moment, wartet mal«, raunte die Sekretärin ins Telefon, riss sich dann zusammen und sagte: »Das ist der Empfang. Anscheinend haben sie Polizeidirektor Lúðvík nicht hereingelassen. Er konnte sich nicht ausweisen.«
18
Das Tribunal der Straße
    Genau genommen wunderte sich Magnús Mínus nicht über Brynhildurs Unmut über die Scheidung, obwohl er der Meinung gewesen war, sie anständig behandelt zu haben, zumindest finanziell, und was ihr Privatleben betraf: das war ohnehin nicht besonders turbulent gewesen. Um größere Auseinandersetzungen zu vermeiden, war er nur selten zu Hause gewesen. Er hatte sich um die Geschäfte gekümmert, sie um ihr Zuhause. Fairer konnte eine Arbeitsteilung gar nicht sein, und es bestand kein Zweifel daran, wer von ihnen mehr gearbeitet und mehr Besitz angehäuft hatte.
    Nun waren sie geschieden, und sie konnte sich nicht mehr länger über ihn beschweren. Ihm persönlich war es völlig gleichgültig, welche Klatschgeschichten die Leute in die Welt setzten, aber leider konnten auch Dinge, die einen selbst nicht sonderlich interessierten, verheerende wirtschaftliche Folgen haben.
    Die Geschäfte liefen gut. Aber der Wettbewerb war härter als je zuvor. Um im Preiskampf der Supermarktketten bestehen zu können, wurden alle Register gezogen: Bónus, Nettó, Krónan, Europris – lauter hartgesottene, gefährliche Konkurrenten im Buhlen um die Gunst der Kundschaft. Meistens entschieden die Frauen, wo der Familieneinkauf getätigt werden sollte, und Magnús wusste aus Erfahrung, dass Frauen eben oft die Läden mit den niedrigsten Preisen bevorzugten.
    Bei Imageverlust, Klatsch und Verleumdung musste er einfach nur kräftig die Preise senken, um die Kundschaft zu halten. Niedrigere Preise bedeuteten weniger Gewinn. Eine beachtliche Preissenkung bedeutete noch weniger Gewinn.
    Eigentlich war es ein Schnäppchen, sich für eine Million Euro freizukaufen und damit den Firmenwert zu bewahren. Würde sich die Kundschaft von ihm abwenden, müsste er die Preise um 10 % senken, oder vielleicht auch nur um 5 %, um sie wieder anzulocken. 5 % des Umsatzes war keine geringe Summe. Und das nicht nur ein Jahr lang. Würde er die Preise erheblich senken, würden die anderen Supermarktketten nachziehen, und natürliche Preiserhöhungen wären für eine unbestimmte Zeit undenkbar. Vielleicht sogar über mehrere Jahre. Der Firmenwert der Läden war doch höher, als er im ersten Moment überschlagen hatte.
    Eine andere Sache war es, jemandem, den er nicht kannte, eine Million Euro zu zahlen für etwas, das er ebenso wenig kannte wie den Empfänger des Geldes. Und eine noch andere Sache war es, sich geschäftlich in die Enge treiben zu lassen.
    Seine Lage sah so aus: Jemand hatte ein Buchmanuskript in der Hand, das ihm bestenfalls persönlichen Imageverlust und schlimmstenfalls wirtschaftlichen Schaden zufügen konnte. Nur ließ sich schwer einschätzen, wie realistisch derartige Schäden eintreten würden, und wenn ja, wie groß sie wären.
    Der E-Mail nach zu schließen, die er am Morgen bekommen hatte, bestand kein Zweifel daran, dass der Absender tatsächlich über das Manuskript verfügte. Es begann mit dem üblichen Emanzipationsquatsch, hysterischen Analysen über die Rolle der Frau als Ware.
    Er hatte Brynhildur seinerzeit keineswegs gekauft. Er hatte im Laden ihres Vaters gearbeitet und konnte sich kaum selbst über Wasser halten, besaß nichts als seinen Fleiß und Disziplin.
    Er war nicht derjenige gewesen, der sich beklagt hatte und die Ehe annullieren wollte.
    Er war nicht in ein eigenes Schlafzimmer gezogen.
    Er hatte sich nicht geweigert, das Haus zu verlassen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
    Sie hatte die Trennung und die Scheidung gefordert.
    Nicht er.
    Aber solche Argumente

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