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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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700-Milliliter-Flasche Edelwhisky blieb nicht ohne Wirkung.
    Neben Kuchenverzierungen waren Whiskysorten Guttormurs liebstes Hobby, vor allem die Marken aus den Lowlands, die wesentlich seltener sind als Highland- oder Inselwhiskys und deren Brennereien am Fluss Spey liegen. Wie dem auch sei, Lowland-Whiskys schmeichelten seinem Gaumen, und er hatte sich ein ansehnliches Sortiment mit nahezu zwanzig Sorten sowie ein paar kleine Abfüllmaschinen zugelegt. Manche sammelten kleine Miniaturfläschchen, aber wirkliche Sammler kauften ihren Whisky in richtigen Flaschen oder sogar Fässern, falls sie das nötige Kleingeld dafür hatten. Guttormur dachte mit Bedauern daran, dass jetzt nur noch eine Flasche Saint Magdalene übrig war. Er könnte zwar weitere erwerben, aber das Angebot war inzwischen sehr eingeschränkt, denn die Brennerei, die dieses Gütegetränk produzierte, hatte 1983 Pleite gemacht und nur noch begrenzte Vorräte am Lager.
    Alles in der Welt ist vergänglich, dachte er und ging splitternackt in den Flur und von dort aus in die Garage, wo alles sorgfältig vorbereitet war.
    Mitten im Raum stand ein Pappkarton mit den Klamotten, die er anziehen würde. Er wusste, dass sich der Geruch von Rauch und Petroleum in ihnen festsetzen würde, weshalb er vorhatte, nach getaner Arbeit alles auszuziehen und den Karton komplett zu entsorgen. Die kurze Lederjacke von Marco Polo war zwar recht teuer gewesen, aber irgendwie hatte er sich darin nie richtig wohlgefühlt, weshalb er sie ebenso gut benutzen konnte. Schwarze Jeans, eine alte Boss, ein schwarzes T-Shirt von Donna Karan, eine alte Unterhose von Calvin Klein, weiße Sportsocken irgendeiner Billigmarke und alte Turnschuhe von Puma.
    Guttormur schlüpfte rasch in die Kleidung, fühlte sich leicht beduselt, als er seine Schuhe zuband, aber was sollte es, mit vierzig vertrug man eben nicht mehr so viel wie mit zwanzig.
    Auf dem Boden neben dem Petroleumkanister waren eine Packung Kaminstreichhölzer, ein großer Vorschlaghammer und zwei Fünfliterkanister Benzin. Nach langem Hin- und Herüberlegen hatte er beschlossen, sich an Petroleum zu halten, nicht, um zu sparen, sondern wegen der Explosionsgefahr von Benzin. Der Nachteil von Petroleum war natürlich, dass es nicht so leicht entzündlich war, aber dann musste man sich wenigstens keine Sorgen darum machen, dass einem der Kanister in der Hand explodierte. Und ein bisschen Benzin sollte ausreichen, um das Feuer anzufachen und das Petroleum richtig zu entzünden.
    Guttormur nahm die Kaminstreichhölzer und einen der beiden Benzinkanister. Dann faltete er eine neue Mülltüte auseinander und stellte Petroleum- und Benzinkanister hinein. Der Petroleumgestank sollte sich nicht im Auto ausbreiten. Es war schließlich nicht so, dass er nicht an alles gedacht hätte. Anschließend schulterte er die Plastiktüte, nahm den Vorschlaghammer, klopfte seine Hosentaschen nach dem Feuerzeug ab – die Kaminstreichhölzer dienten nur als Reserve – und entschied, durch den Flur hinauszugehen, anstatt das Garagentor zu öffnen.
    Die Tüte war schwerer, als er vermutet hatte, und er stellte sie im Flur ab. Er hatte Herzklopfen. Vor Anstrengung? Oder vor Aufregung? Ruhig bleiben. Nur dumm, dass die Flasche leer war. Aber zum Teufel damit! Es war doch genug da. Das einzige Problem beim Alkohol ist, sich für den richtigen zu entscheiden, pflegte er zu sagen.
    Er ging ins Whiskyzimmer und schaute sich um. Dort standen sie in alphabetischer Reihenfolge, seine Schätzchen.
    Sollte er A, Auchentoshan, oder B, Bladnoch, oder D, Dumbarton Interleven, oder gar Dunglas wählen? Oder sollte er sich zur Feier des Tages für seine Lieblingssorte, Littlemill, entscheiden? Er streckte die Hand aus, nahm die Littlemill-Flasche aber nicht heraus, denn sein Blick fiel auf den Namen der danebenstehenden Marke. Warum war ihm das nicht früher eingefallen? L für Ladyburn. Ladyburn von 1967. Das Jahr, in dem Sigrún geboren wurde.
    Es war wie das Zeichen einer höheren Macht. Rache ist gerecht.
    Ladyburn.
    Lady, burn!
     
    Die beiden Jungs, Gussi und Krummi, fuhren einfach nur durch die Stadt und quatschten. Gussi hatte gerade seinen Führerschein zurückbekommen. Der Lappen war einen Tag nach der bestandenen Prüfung wegen erhöhter Geschwindigkeit eingezogen worden, und Gussi wollte ihn so bald nicht wieder verlieren. Sie saßen im Toyota Corolla von Gussis Mutter, die ihnen untersagt hatte, im Wagen zu rauchen. Deshalb hatten sie alle

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