Walkueren
Lieblingsgericht? Vielleicht sind das alles Privatangelegenheiten, und die Leute sollten gar nicht mehr miteinander reden.«
»Sehr selten.«
»Hä?«
Guðrún schaute ihn an und wiederholte: »Sehr selten. Ich habe sehr selten einen Orgasmus. Hattest du nicht danach gefragt?«
Zu ihrer großen Zufriedenheit sah Guðrún, dass Terje errötete, und er errötete nicht nur, sondern es sah auch noch sehr albern aus: Seine Ohren wurden feuerrot, und auf Gesicht und Hals bildeten sich rote Flecken. Er sah aus, als hätte er die Masern, und außerdem hatte er seine Sprache verloren.
Terje war perplex und suchte nach Worten.
»Äh, ich war mal mit einem Mädchen zusammen, das nie zum Orgasmus kommen konnte, selbst wenn meine Hand schon gelähmt war, weil ich die halbe Nacht ihren Kitzler massiert hab. Eigentlich merkwürdig, dass sie bei der ganzen Massiererei nicht gekommen ist. Tja, das macht doch echt keinen Spaß, oder?«
Sofort wurde ihm klar, dass Guðrún seine Bemerkung leicht in die falsche Kehle bekommen konnte, und er beeilte sich zu sagen: »Also, äh, ich weiß ja nicht, wie du im Bett bist, insofern …«
Die Flecken waren mittlerweile ineinander übergegangen, und Terjes Kopf sah aus wie ein glühender Meteor.
»Ist mir schon klar, dass dir da der Vergleich fehlt«, entgegnete Guðrún. »Aber das ist ja durchaus eine interessante Geschichte. Wenn ich fragen darf: Wie endete denn eure Beziehung? Hat dich das Mädchen unbefriedigt verlassen? Oder massierst du immer noch?«
»Massieren? Äh, nein. Nein. Zum Glück nicht. Ihrer Meinung nach lag es daran, dass sie mich nicht liebte, obwohl sie das geglaubt hatte.«
»Entschuldige«, sagte Guðrún Sólveig. »Ich wusste nicht, dass du Liebeskummer hattest.«
»Ich hatte keinen Liebeskummer«, sagte Terje. »Meinst du, man muss verliebt sein, wenn man miteinander schläft?«
»Nein. Aber für dieses Mädchen hat das offenbar eine Rolle gespielt.«
»Ich weiß nicht. Ich glaube, es ging nicht um Liebe, sondern darum, den G-Punkt zu finden«, erwiderte Terje. »Manche finden es halt romantisch, Liebe und Sex zu vermischen. Ich nicht. Ich war noch nie wirklich verliebt, außer in meine Mutter und vielleicht in Sir Alex Ferguson.«
»Wer ist das denn?«, fragte Guðrún Sólveig.
»Typisch ignorante Frau. Sir Alex Ferguson ist ein lebender Mythos, der Trainer von Manchester United.«
»Ach, hör doch auf mit dem Unsinn«, sagte sie.
Terjes Gesicht hatte inzwischen wieder seine normale Farbe. Er sah Guðrún lächelnd an.
Er ist eigentlich nett, auch wenn er krampfhaft versucht, sarkastisch zu sein, dachte sie.
Sie hat wirklich tolle Brüste, dachte er. Ziemlich klein, aber fest wie Grapefruits, Pampelmusen heißt das wohl, und eine Figur wie ein junges Mädchen. Hm?
In diesem Moment platzte Theódór unausgeschlafen herein, nachdem er die Nacht damit verbracht hatte, Guttormurs Haus zu inspizieren. Er fragte, womit sie gerade beschäftigt seien. Guðrún erzählte, sie habe Magnús Mínus’ Exfrau bei einem Yogakurs in den USA erreicht, von ihr aber auch nichts Neues über Freyja oder das Buch erfahren – außer, dass die Interviews tatsächlich von Freyja aufgezeichnet worden seien. Die Exfrau des Botschafters Kjartan A. Hansen halte sich hingegen in Tibet oder Nepal auf, besteige Berge, mache sich mit dem Buddhismus oder irgendeiner asiatischen Philosophie vertraut und sei telefonisch nicht zu erreichen.
Terje verkniff sich die Information, dass Guttormurs Exfrau jetzt Sexratgeberin im Nordland sei, sondern erzählte Theódór nur, er habe Sigrún Freysdóttir kontaktiert, die die Nachricht von Guttormurs Tod erhalten und ziemlich gefasst gewirkt habe. Sie sei erstaunt gewesen, dass Guttormur den Buchverlag Altúnga in Brand gesteckt hatte, aber er habe schon lange davon gesprochen, dass sein ganzes Unglück durch andere Leute verursacht worden sei. Er habe dem Buch, dem Herausgeber, aber vor allem Freyja Hilmarsdóttir die Schuld am Scheitern ihrer Ehe gegeben.
Terje erklärte, lediglich eine von Sigrúns Aussagen hätte ihn überrascht.
Das Verhältnis zwischen Sigrún und Freyja hatte nicht lange gehalten, aber sie hatten sich freundschaftlich getrennt, und Freyja hatte sich ihr auch nach der Trennung als gute Freundin erwiesen. Sigrún war sich über ihre sexuellen Neigungen damals nicht ganz im Klaren gewesen, hatte nicht gewusst, ob sie homosexuell oder bisexuell war, aber Freyja hatte ihr erklärt, Bisexualität sei etwas ganz
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