Wall Street Blues
den Mund auf, und seine Augen sprangen fast hinter der Brille vor. »Haben Sie irgendwelche Stars gesehen?«
»Später, Harold, bitte«, sagte Smith scharf. »Wir müssen uns an die Arbeit machen.« Sie reichte Wetzon den Kaffee.
»Du hattest ein paar Anrufe, Wetzon«, sagte Harold eingeschüchtert.
»Von wem?«
»Sid Ashencraft von Thomson McKinley in Palm Beach.«
»Wahrscheinlich wegen Angela Buttenweiser.«
»Du kannst zurückrufen, meinte er.«
»Wer noch?«
»Steve Switzer. Smith sprach mit ihm.«
Smith nickte. »Bei Hallgarden ist nichts zu machen, aber ich habe ihn überredet, Oppenheimer ins Auge zu fassen.«
»Er will Vorauszahlung. Es ist Zeitverschwendung. Die bekommt er bei Oppenheimer nicht.«
»Wetzon, du weißt genausogut wie ich, daß diese Makler nie wissen, was sie wollen.«
Wetzon seufzte. Da war etwas dran. Manchmal regelten sich die Dinge aus den falschen Gründen zum Guten. Und vielleicht wurden manchmal Leute aus den falschen Gründen ermordet.
»Sonst noch Anrufe?«
»Ja, ein Dr. Pulasky.«
»Hat er eine Nummer hinterlassen?« Harold sah betroffen aus, sein bärtiges Gesicht friedhofsernst, voller Sorge. »Schau nicht so entsetzt drein, Harold, Dr. Pulasky ist ein persönlicher Freund.«
»Ja«, sagte Smith boshaft, »sehr persönlich.«
Harold lächelte zögernd, ohne zu begreifen. »Er sagte, du kannst ihn nicht erreichen, er ruft später noch mal an.«
Wetzon schloß die Tür zu dem Büro, daß sie mit Smith teilte, und stellte die Kaffeetasse auf ihren Schreibtisch. Ihre Aktentasche kam unter den Tisch. Sie trank einen Schluck Kaffee, holte tief Luft und drehte sich zu Smith um, die sie nachsichtig anlächelte. Es war ausgesprochen verwirrend. Smith sendete Wellen der Liebe aus.
Wetzon seufzte und nahm noch einen Schluck Kaffee. Er war außergewöhnlich gut. Wahrscheinlich eine neue Mischung von koffeinfreiem.
»Smith«, begann sie.
»Ja, meine Liebe.« Smith’ große dunkle Augen waren feucht. Tatsächlich sah sie an diesem Morgen noch exotischer aus als sonst. Ihre olivfarbene Haut hob sich von den lebhaften Blau-und Mauvetönen in ihrem Seidenkleid ab, und sie hatte sich geschminkt, um die hohen, breiten Backenknochen und die Rehaugen zu betonen. Ihr dunkles Haar war ein lockiger Schleier für ihr Gesicht, gehalten von diesen verdammten Moosröschen...
»Smith.« Wetzon schloß die Augen vor Smith’ kindlicher Unschuld, da sie wußte, daß Smith ihre Wirkung auf sie sehr wohl bemerkte. »Smith, warum hast du Silvestri erzählt, es sei meine Idee gewesen, ein Duplikat von dem Schlüssel machen zu lassen?« Es machte sie jedesmal wütend, wenn sie nur daran dachte, und wie sie es jetzt laut aussprach, zitterte sie vor Zorn.
»Was sagst du da? Ich hätte Silvestri gesagt, es sei deine Idee gewesen, eine Kopie des Schlüssels zu besorgen?« Smith’ Gesicht spiegelte blanke Entrüstung. »Das habe ich nicht getan. Wie kannst du nur so was von mir denken?« Sie machte eine Pause und wartete, daß Wetzon klein beigäbe, aber Wetzon blieb stumm. »Tatsächlich«, sagte Smith beschwichtigend, »wollte er, daß ich das sagte, du hättest hören sollen, wie er sich ausdrückte, aber ich machte nicht mit. Ich glaube, er versuchte, uns hereinzulegen, damit wir etwas Belastendes über uns sagen.«
»Belastendes? Smith, wovon redest du überhaupt?«
»Na ja, weißt du, die ganze Geschichte mit dem Schlüssel.« Smith’ Stimme strahlte Güte aus. »Du weißt, daß ich niemals so etwas zu Silvestri sagen würde. Ich bin deine Freundin. Ich liebe dich. Wir teilen einen ganzen Lebensabschnitt miteinander. Du weißt, daß du dich auf mich verlassen kannst. Wir sind dafür schon zu lange zusammen.« Smith legte ihre Hände auf Wetzons Schultern und sah ihr eindringlich in die Augen. Sie war aufrichtig.
Wetzon fühlte sich elend. Hier saß ihre Freundin und Partnerin, Xenia Smith, die ihr offen in die Augen sah und mitteilte, daß Silvestri beiden eine Falle gestellt hatte, und vielleicht hatte er es wirklich, weil er vermutet hatte, daß der Schlüssel nachgemacht worden war. Natürlich stimmte es. Und er hatte beide erwischt. Es war ein dummer Fehler gewesen. »Ach, Smith, ich weiß«, sagte sie. »Ich schäme mich wirklich, daß ich das von dir denken konnte.« Zu ihrer Überraschung merkte sie, daß sie zitterte.
Smith’ Augenlider zuckten, als wolle sie gleich anfangen zu weinen. Sie war voller Mitgefühl. »Du bist einfach erschöpft durch diese ganze Sache. Sieh doch
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