Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
Vom Netzwerk:
Chiropraktiker mit dem schrecklichen Musical über Tänzer, einem Aufguß von Chorus Line, zu erzählen, als Silvestri hart auf die Bremse trat, und wäre nicht sein Arm gewesen, den er vor ihr ausstreckte — eine automatische Geste aus den alten Zeiten ohne Sicherheitsgurte wäre sie mit dem Kopf noch härter auf das Armaturenbrett geschlagen.
    Das war alles, woran sie sich deutlich erinnerte. Ein betäubender Schmerz zerschnitt ihren Kopf. Festhalten, dachte sie. Nicht fallen, nicht fallen. Aber sie konnte gar nicht fallen. Irgend etwas stieß sie gnadenlos nach unten. »Laß mich in Ruhe«, sagte sie, aber sie erkannte den Klang ihrer Stimme nicht.
    Sie hörte, wie in der Ferne eine Autotür geöffnet und geschlossen wurde, dann eine andere. Sie hörte Stimmen, Rufe.
    Silvestri vielleicht. Jemand schrie: »Polizei!« Dann ein knallendes Geräusch, und irgendwie wußte sie, daß es ein Schuß war. Und noch einer. »Arschloch!« schrie jemand. Autohupen lärmten.
    Sie wurde gefoltert; jemand spielte ein Trommelsolo auf ihrem Kopf. Die Anstrengung, die Augen zu öffnen, verstärkte das heftige Pochen im Kopf. Sie war halb vom Autositz gerutscht. Sie zog sich mühsam auf den Sitz hoch, wobei sie nur halb das Geräusch von reißendem Stoff registrierte. Alles tat ihr weh. Ihre Arme fühlten sich an, als wäre sie auf einer Folterbank gewesen. Sie mußten gegen etwas geschlagen sein oder etwas geschlagen haben.
    Ein kühler, feuchter Luftzug strich über ihr Gesicht. Die Tür auf Silvestris Seite war offen, und er war nicht da. Sie hörte das durchdringende Jaulen von Polizeisirenen; Lichter zuckten durch die Dunkelheit. Ein weißer Sanka fuhr heran und hätte um ein Haar die offene Tür gestreift. Noch mehr blinkende Lichter. Halb betäubt dachte sie, Silvestris Auto muß im Eimer sein. Sie bekam das Lenkrad zu fassen und zog sich mit einiger Mühe zur offenen Tür.
    Silvestri, ohne Jackett, mit sichtbarer Schulterhalfter, sah besorgt herein. »Alles in Ordnung?« Er berührte ihre Stirn. Sie zuckte zurück. »Tut mir leid«, sagte er.
    »Mir tut alles verdammt weh«, sagte sie. »Aber ich glaube, gebrochen ist nichts.« Ein Mann in blauer Windjacke und weißer Hose stand neben Silvestri.
    »Wir sollten uns den Arm ansehen, Sir«, meinte er. »Miss, können Sie hier rüberrutschen?« Sie sah Blut auf Silvestris Hemdsärmel nahe der Schulter.
    Wetzon sah auf der rechten Seite hinaus und entdeckte, daß sie gegen eine Stützmauer der Durchfahrt geprallt waren. Du lieber Himmel, hatten sie Glück gehabt. Sie rutschte schwungvoll am Lenkrad vorbei und zog ihre Handtasche nach. »Mir ist, als wäre jemand auf mir herumgetrampelt«, sagte sie. Niemand achtete darauf. Der Sanitäter half ihr aus dem verbeulten Auto. Armer Silvestri. Sein kostbares Stück. Es sah nach Totalschaden aus.
    Die hintere Tür stand ebenfalls offen. Alles, was auf der Rückbank gelegen hatte, war ein großer Müllhaufen. Instinktiv ging sie näher heran und suchte nach dem Diplomatenkoffer. Silvestri stand wenige Schritte von ihr entfernt und ließ sich den Arm von einer Sanitäterin verbinden. Er sah Wetzon ins Auto blicken. Sie hatten einen Ärmel von seinem Hemd abgerissen, um den Verband anzulegen. Blut drang durch den weißen Verband.
    »Die Schweine haben den Koffer«, sagte er.

E s gab tausend Gründe, warum sie nicht ins York Hospital wollte, aber Silvestri und die Sanitäter bestanden darauf, und Wetzon hatte nicht mehr die Kraft, mit ihnen zu streiten.
    Lichter von den Polizeiwagen und dem Sanka wirbelten wie ein Kaleidoskop um sie herum und machten sie fast verrückt. Ihr Kopf beklagte sich immer noch laut über die heftige Begegnung mit dem Armaturenbrett, und obwohl der Sanitäter die Stelle mit einem Pflaster versorgt hatte, spürte sie das warme Gefühl des durchsickernden Bluts.
    Sie berührte ihr Haar und fuhr zusammen, weil ein jäher Schmerz durch ihr Kreuz schoß. Auch das noch. Gelungenes Ende eines gelungenen Tages: ihr Kreuz streikte. Sie versuchte, nicht auf die Schmerzen zu achten, und steckte ungeschickt ihr Haar fest, nicht so ordentlich, wie sie es gern getan hätte, aber wenigstens einigermaßen.
    Es herrschte eine scheinbar ausgelassene Stimmung, die der Tatsache widersprach, daß ein Unfall und eine Schießerei stattgefunden hatten. Die Funktelefone in den Polizeiautos knackten und gaben oder empfingen Informationen.
    Sie schienen abzuwarten, bis Silvestri mit der Polizei vor Ort fertig war, bevor sie losfuhren.

Weitere Kostenlose Bücher