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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Wetzon sah, daß die Verbindungsstraße auf beiden Seiten von Polizeiautos abgesperrt war, und vermutlich war auch je ein Auto am östlichen und westlichen Eingang zum Park postiert. Das Parkgelände über ihr schien ebenfalls hell angestrahlt zu werden, demnach mußten sie nach denjenigen gesucht haben, die den Unfall verursacht und irgendwie den Diplomatenkoffer gestohlen hatten.
    Sie saß auf einer Tragbahre im Sanka und bemühte sich, die Gedanken zu sammeln. Ihr Gesicht schien ihr schmutzig zu sein, Lippen und Zunge dick und trocken. Sie berührte ihr Gesicht. Schmutz und verkrustetes Blut. Toll. Ein schönes Bild mußte sie abgeben. Sie kramte in ihrer Handtasche, zog ein Erfrischungstuch heraus, riß die Hülle auf, faltete das Tuch auseinander und betupfte behutsam ihr Gesicht.
    »Was zum Teufel machen Sie denn da?« Silvestris Ankunft war so unerwartet, daß sie das Tuch fallen ließ. Der zweite Sanitäter half ihm in den Wagen. Er trug seine Pistole in der Lederhalfter unter dem rechten Arm.
    »Ich säubere mich. Oder was haben Sie gedacht?«
    »Tragen Sie immer ein feuchtes Handtuch mit sich herum?« Er wirkte mißmutig und sauer, als er sich auf die Tragbahre gegenüber setzte. Er sah schrecklich aus.
    »Ja.« Ihr Ton war barsch. Er war nicht der einzige, der mißmutig und sauer war.
    Irgendwer schlug die Türen zu und schloß sie ein. Eine Sirene heulte auf.
    »Am besten würden Sie sich hinlegen«, sagte die Sanitäterin vom Fahrersitz aus.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Silvestri kleinlaut bei Wetzon, ohne auf die Sanitäterin zu achten. »Ich bin mißmutig und sauer.«
    Sie versuchte ein kleines, steifes Lächeln. »Ich auch.«
    »Stellen Sie sich nicht an«, sagte der Sanitäter. »Wir wissen, daß Sie tapfer sind, aber jetzt wird sich hingelegt.«
    Wetzon zog die Füße hoch und legte sich hin, erstaunt, wie gut das tat. Sie sah zu Silvestri hinüber. Er hatte das gleiche getan. Sie starrten einander durch den Wagen wie von Doppelbetten aus an. Schämst du dich nicht? fragte sie sich. Nein, antwortete sie.
    Sie setzten sich in Bewegung.
    »Was ist eigentlich passiert?« fragte sie leise.
    »So ein Scheißkerl in einem Lieferwagen hat uns überholt und geschnitten...«
    »Ich habe keinen Lieferwagen gesehen.«
    »Nein, es müssen zwei gewesen sein, weil der eine, der den Wagen fuhr, sich davonmachte und der andere den Diplomatenkoffer schnappte, während wir mit dem Unfall beschäftigt waren.«
    »Konnten Sie ihn sehen?«
    »Nicht gut genug. Er trug einen schwarzen Trainingsanzug und etwas vor dem Gesicht, eine Skibrille. Ich rannte ihm nach, und er schoß auf mich.« Sein Mund zuckte, aber es war kein echtes Lächeln. »Ein Glück für mich, daß er nicht gut war.«
    Wetzon betrachtete seinen verbundenen Arm. Der Verband hatte rote Flecken. Sie hatte noch nie eine Schußwunde gesehen. Freilich hatte sie auch noch nie einen Ermordeten gesehen, bis heute. Oder besser gestern.
    »Ich meine, ich hätte mehr als einen Schuß gehört«, sagte sie.
    »Ja, ich habe ihm ein paar nachgeschickt, aber er ist entwischt. Sein Kumpel im Lieferwagen hat vermutlich gewendet und ihn irgendwo im Park aufgelesen.«
    »Sie müssen uns abgepaßt haben, als wir Smith’ Wohnung verließen. Sie sahen, wo Sie den Koffer hinlegten, und folgten uns.«
    »Klar.« Er hörte sich angeekelt an. »Ich bin ein richtiger Stümper. Ich hätte vorsichtiger sein müssen.«
    »Man kann nicht an alles denken«, sagte sie.
    »Ich soll an alles denken. Das ist mein Beruf.«
    Ihr Kopf klopfte, und in ihren Ohren hatte sie ein eigenartiges Gefühl. Silvestris Stimme war komisch. Seine Lippen bewegten sich, aber sie bildeten keine Laute.
    »Was könnte in dem Koffer gewesen sein, was so wichtig war?« fragte sie, aber die Frage schien von weither zu kommen.
    Sie sah, wie sich Silvestri zu ihr hinneigte, als sie langsam von der Tragbahre rutschte. Sie fiel gegen etwas Weiches, das aber
    nicht nachgab.
    »Autsch«, sagte Silvestri.
    Das ist absurd, dachte sie, aber sie konnte sich nicht rühren. Silvestris Gesicht schwebte undeutlich über ihr.
    »Ich weiß nicht«, sagte er wie von ganz weit weg. »Sagen Sie es mir.«

    »Du, Pulasky, weißt du, daß sie die Spinde durchsuchen?«
    »Ich hab’s gehört. Deshalb bin ich hier.«
    »Du bist ein bißchen spät dran, Mann.«
    »Uns nehmen sie als nächste vor.«
    »Die Sache ist ernst.«
    »Ich hab’ keinen Spaß gemacht.«
    »Na gut, dann wirf lieber die...«
    »Später. Wir kriegen

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