Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht
er. »Eins bei der Raiffeisenbank und eins bei der Handelsbank. Ich bin die Schlüssel an seinem Schlüsselbund durchgegangen.«
»Gut«, sagte Kurt Wallander. »Die sehen wir uns heute noch an.«
Die Aufstellung über Lövgrens Familie, Freunde und Verwandtschaft war in Arbeit.
Man beschloß, daß sich Rydberg um die Tochter kümmern sollte, die in Kanada wohnte und am Nachmittag gegen drei mit dem Luftkissenfahrzeug in Malmö ankommen würde.
»Wo ist die andere Tochter?« fragte Kurt Wallander. »Die Handballspielerin?«
»Sie ist schon da«, antwortete Svedberg. »Wohnt bei Verwandten.«
»Mit der kannst du reden«, sagte Wallander. »Haben wir noch andere Hinweise, die zu irgend etwas führen könnten? Ach, und übrigens, fragt die Töchter, ob eine von ihnen eine Wanduhr geschenkt bekommen hat.«
Martinsson war die Hinweise aus der Bevölkerung durchgegangen. Alles, was die Polizei mitgeteilt bekam, wurde in den Computer eingespeist. Dann machte Martinsson eine grobe Vorsortierung. Die widersinnigsten Informationen kamen niemals weiter als bis zu diesen Computerausdrucken.
»Hulda Yngveson aus Vallby hat angerufen und mitgeteilt, daß es Gottes unzufriedene Hand war, die das Schwert geführt hat«, sagte Martinsson.
|108| »Sie ruft jedesmal an«, seufzte Rydberg. »Selbst wenn nur ein junger Stier ausgebrochen ist, hat sich Gottes unzufriedene Hand wieder gezeigt.«
»Ich habe sie unter VW gespeichert«, antwortete Martinsson. Eine gewisse Munterkeit verbreitete sich trotz der ansonsten säuerlichen Atmosphäre, als Martinsson mitteilte, daß VW für »Verrückte und Wichtigtuer« stand.
Hinweise von unmittelbarem Interesse waren allerdings nicht dabei. Trotzdem würde im Laufe der Zeit natürlich alles untersucht werden. Schließlich war da noch die Sache mit Johannes Lövgrens Geliebter und ihrem gemeinsamen Kind zu klären.
Kurt Wallander sah sich im Raum um. Thomas Näslund, ein etwa dreißigjähriger Polizist, der sich selten oder eigentlich nie in den Vordergrund spielte, aber gründlich arbeitete, saß in einer Ecke und kaute an seiner Unterlippe, während er zuhörte. »Du kannst mit mir kommen«, sagte Kurt Wallander. »Sieh zu, ob du schon etwas Vorarbeit leisten kannst. Ruf Herdin an und versuche, alles über diese Frau in Kristianstad herauszufinden. Und über den Sohn natürlich.«
Die Pressekonferenz wurde auf vier Uhr angesetzt. Bis dahin würden Kurt Wallander und Thomas Näslund genug Zeit für einen Besuch in Kristianstad haben. Für den Fall, daß sie sich doch verspäteten, versprach Rydberg, die Pressekonferenz zu leiten.
»Ich werde die Pressemitteilung schreiben«, sagte Kurt Wallander. »Wenn nichts anderes mehr ist, dann hören wir für diesmal auf.«
Es war fünf Minuten vor halb zwölf, als er an Per Åkessons Tür, in einem anderen Teil des Polizeipräsidiums, klopfte.
Die Frau, die ihm die Tür öffnete, war sehr schön und sehr jung. Kurt Wallander starrte sie an.
»Ich hoffe, Sie haben sich bald satt gesehen«, sagte sie. »Wissen Sie eigentlich, daß Sie eine halbe Stunde zu spät sind?«
|109| »Ich hab’ ja gesagt, daß sich die Sache hinziehen kann«, antwortete er.
Als er in ihr Büro trat, war es ihm kaum möglich, den Raum wiederzuerkennen. Per Åkessons strenges und farbloses Arbeitszimmer hatte sich in einen Raum mit bunten Gardinen und Blumentöpfen, die entlang der Wände standen, verwandelt.
Seine Blicke verfolgten sie, während sie sich an den Schreibtisch setzte. Er überlegte, daß sie kaum älter als dreißig sein konnte. Sie trug ein rostbraunes Kleid, das ihm von guter Qualität zu sein schien und sicher sehr teuer gewesen war.
»Setzen Sie sich«, sagte sie. »Aber vielleicht sollten wir uns erst einmal die Hand geben. Ich werde die Vertretung für die ganze Zeit übernehmen, die Åkesson nicht hier ist. Wir werden also eine längere Zeit zusammenarbeiten.«
Er reichte ihr die Hand und merkte gleichzeitig, daß sie einen Ehering trug. Zu seinem Erstaunen mußte er sich eingestehen, daß ihn das enttäuschte.
Sie hatte dunkelbraunes kurzgeschnittenes Haar, das die Gesichtszüge markant betonte. Eine blondgefärbte Locke ringelte sich an einem Ohr entlang herab.
»Herzlich Willkommen in Ystad«, sagte er. »Ich muß zugeben, daß ich völlig vergessen hatte, daß Per eine ganze Zeit lang nicht im Dienst ist.«
»Ich bin dafür, daß wir uns duzen«, meinte sie. »Ich heiße Anette.«
»Und ich Kurt. Wie gefällt es dir in Ystad?«
Sie
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