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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Eindruck gewinnen, daß er am Papier roch, statt den Text zu lesen. Seine schwedischen Kollegen konnten sich anfangs vor Lachen kaum halten. Ab und zu schnappte Wallander im Flur respektlose Kommentare über den kleinen, gebückten lettischen Major auf. Er hatte jedoch keine Schwierigkeiten, dem respektlosen Gerede Einhalt zu gebieten. Er hatte rasch festgestellt, daß Liepa ein äußerst scharfsinniger und geschickter Polizist war. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Rydberg. Wie Rydberg war Major Liepa ein leidenschaftlicher Mensch. Selbst wenn die Ermittlungen fast immer vorgegebenen Mustern folgten, durfte dies doch nicht dazu verleiten, in eingefahrenen Bahnen zu denken. Major Liepa war mit Leib und Seele Polizist. Hinter seiner farblosen äußeren Erscheinung verbargen sich ein scharfer Verstand und ein erfahrener Ermittler.
    Der Morgen des sechsten Tages war grau und windig. Eine herannahende Schneefront sollte am Abend über Schonen hereinbrechen. Da gleichzeitig unter den Polizisten eine Grippewelle grassierte, sah Björk sich gezwungen, Svedberg bis auf weiteres von der laufenden Ermittlung freizustellen. Andere Delikte häuften sich und duldeten keinen Aufschub mehr. Lovén und Rönnlund waren nach Stockholm zurückgekehrt. Björk, der sich auch schlapp fühlte, ließ Martinsson und Wallander mit Major Liepa allein, nachdem er sie einander vorgestellt hatte. Sie saßen im Konferenzraum, und Major Liepa rauchte eine Zigarette nach der anderen.
    Wallander, der am Abend zuvor mit seinem Vater Canasta gespielt hatte, war schon um fünf Uhr aufgestanden, um noch eine Broschüre über Lettland lesen zu können, die ihm sein Buchhändler am Vortag herausgesucht hatte. Er hatte sich außerdem überlegt, daß es sinnvoll wäre, zuerst über Aufbau und Organisation der jeweiligen Polizeiapparate zu reden. Schon die Tatsache, daß bei der lettischen Polizei militärische Dienstgrade verwendet wurden, ließ auf große Unterschiede |92| schließen. Als Wallander bei seinem Morgenkaffee versucht hatte, in Englisch einige allgemeine Informationen über die schwedische Polizei zu formulieren, war er plötzlich unsicher geworden. Er wußte selbst kaum, wie die schwedische Polizei funktionierte. Daß der geschäftige, energische Landespolizeichef vor kurzem erhebliche Reformen angekündigt hatte, machte die Sache auch nicht leichter. Wallander hatte ellenlange und immer schlecht formulierte Rundschreiben über bereits beschlossene Umstrukturierungen gelesen. Als er einmal versucht hatte, mit Björk darüber zu reden, wie sich die angekündigten Änderungen eigentlich in der Praxis auswirken würden, hatte er lediglich unbestimmte und ausweichende Antworten bekommen. Als er nun dem kettenrauchenden Major gegenübersaß, kam ihm der Gedanke, daß er genausogut auf diese Informationen verzichten konnte. Sollten wegen rein organisatorischer Fragen Mißverständnisse auftauchen, konnten sie auch bei entsprechender Gelegenheit geklärt werden.
    Nachdem Björk hustend den Raum verlassen hatte, hielt Wallander es für angebracht, zunächst mit ein paar Höflichkeitsfloskeln zu beginnen. Er fragte, wo Major Liepa während seines Besuches in Ystad wohne.
    »Im Hotel«, antwortete Liepa. »Aber ich weiß nicht, wie es heißt.«
    Wallander geriet aus dem Konzept. Liepa schien nur an der laufenden Ermittlung interessiert zu sein.
    Die Höflichkeiten müssen wir eben nachholen, dachte er. Was uns verbindet, ist die Aufklärung eines Doppelmordes, und nichts anderes.
    Major Liepa schilderte des langen und breiten, wie es der lettischen Polizei gelungen war, die Identität der beiden Männer festzustellen. Sein Englisch war schlecht, ein Umstand, der ihn offensichtlich irritierte. In einer Pause rief Wallander einen befreundeten Buchhändler an und fragte, ob er ein Englisch-Lettisches Wörterbuch vorrätig habe, und erhielt ein |93| Nein als Antwort. Sie würden also mühselig miteinander zurechtkommen müssen, ohne eine gemeinsame Sprache zur Verständigung.
     
    Nach über neun Stunden intensiven Aktenstudiums   – Martinsson und Wallander starrten Stunde um Stunde auf ihre Kopie eines unverständlichen lettischen Protokolls, während Major Liepa übersetzte, nach Worten suchte und weitermachte – konnte sich Wallander halbwegs ein Bild machen. Janis Leja und Juris Kalns waren trotz ihrer jungen Jahre als zwei unberechenbare und habgierige Verbrecher bekannt. Wallander war die Verachtung nicht entgangen, mit der Major Liepa

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