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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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in die Stadt. Konovalenko nahm ein Bad und setzte sich dann vor den Fernseher. Die verschiedenen Nachrichtensendungen brachten lange Berichte über den toten Polizisten. Aber es gab keine gesicherten Spuren, die man verfolgen konnte. Natürlich nicht, dachte Konovalenko. Ich hinterlasse keine Spuren.
    Er war in seinem Sessel eingeschlafen, als das Telefon klingelte. Erst einmal, dann siebenmal. Als es dann wieder läutete, nahm Konovalenko den Hörer ab. Jetzt wußte er, daß es Vladimir war, der das vereinbarte Signal verwendete.
    Im Hintergrund hörte er deutlich Geräusche, die darauf schließen ließen, daß sich sein Gesprächspartner in einer Diskothek aufhielt.
    »Hörst du mich?« rief Vladimir.
    »Ja.«
    »Ich kann mich kaum selbst verstehen. Aber ich habe Neuigkeiten.«
    »Hat jemand Victor Mabasha in Stockholm gesehen?« Konovalenko wußte, daß es darum ging.
    »Noch besser. Er ist hier, gerade jetzt.«
    Konovalenko atmete tief durch. »Hat er dich gesehen?«
    »Nein. Aber er ist auf der Hut.«
    »Ist er in Begleitung?«
    »Er ist allein.«
    Konovalenko dachte nach. Es war zwanzig Minuten nach elf. Wie sollte er sich entscheiden?
    Nach einem kurzen Augenblick stand sein Entschluß fest. »Gib mir die Adresse. Ich komme. Erwarte mich vor dem Lokal. Präge dir aber die Örtlichkeit vorher genau ein. Vor allem, wo die Notausgänge liegen.«
    »Geht in Ordnung«, antwortete Vladimir. Dann wurde das Gespräch beendet.
    Konovalenko kontrollierte seine Pistole und steckte ein Extramagazin in die Tasche. Dann ging er in sein Zimmer und schloß |193| eine Blechkiste auf, die an der Wand stand. Ihr entnahm er zwei Tränengasgranaten und zwei Gasmasken, die er in die Plastiktüte stopfte, in der er die Beute aus dem Bankraub transportiert hatte.
    Zum Schluß kämmte er sich sorgfältig vor dem Badezimmerspiegel. Das gehörte zu seinem Ritual, wenn er sich auf eine wichtige Aufgabe vorbereitete.
    Viertel vor zwölf verließ er die Wohnung in Hallunda und nahm ein Taxi in die Stadt. Er ließ sich bis zum Östermalmstorg fahren. Dort stieg er aus, bezahlte und winkte einen neuen Wagen heran. Nun ging es nach Söder.
    Die Diskothek hatte die Hausnummer 45.   Konovalenko sagte dem Chauffeur, er solle zur Nummer 60 fahren. Dort stieg er aus und lief zurück.
    Plötzlich trat Vladimir aus dem Schatten. »Er ist noch da. Tania ist nach Hause gefahren.«
    Konovalenko nickte langsam. »Also schnappen wir ihn uns.«
    Dann ließ Konovalenko sich die Diskothek beschreiben.
    »Wo befindet er sich?« fragte Konovalenko, als er den Raum klar vor sich sah.
    »An der Bar.«
    Konovalenko nickte.
    Ein paar Minuten später hatten sie die Gasmasken aufgesetzt und die Waffen entsichert.
    Vladimir riß die Eingangstür auf und schob die beiden verdutzten Wächter beiseite.
    Dann warf Konovalenko die Tränengasgranaten hinein.

12
    Gib mir die Nacht,
songoma
. Wie soll ich dieses nächtliche Licht aushalten, das mich kein Versteck finden läßt? Warum hast du mich in dieses sonderbare Land geschickt, wo der Mensch seiner Dunkelheit beraubt wird? Ich gebe dir meinen abgeschnittenen Finger,
songoma
. Ich opfere einen Teil meines Körpers, damit du |194| mir die Dunkelheit zurückgibst. Aber du hast mich verlassen. Du hast mich in die Einsamkeit gestoßen. Ich bin so einsam wie die Antilope, die dem jagenden Leoparden nicht mehr entkommen kann.
     
    Victor Mabasha hatte seine Flucht wie eine Reise in einem traumgleichen, schwerelosen Zustand erlebt. Es war, als gleite seine Seele neben ihm her, unsichtbar, irgendwo in der Nähe. Er meinte, seinen eigenen Atem im Nacken zu spüren. In dem Mercedes, dessen Lederbezüge ihn entfernt an den Duft von Antilopenhäuten erinnerten, war nur sein Körper verblieben, vor allem die Hand, die weh tat. Der Finger war weg und trotzdem da, wie ein heimatloser Schmerz in einem fremden Land.
    Vom Beginn seiner Flucht an hatte er versucht, seine Gedanken unter Kontrolle zu halten und vernünftig zu handeln. Ich bin ein
Zulu
, hatte er immer wieder leise vor sich hin gesprochen, wie eine Beschwörung. Ich gehöre dem unbesiegten Kriegervolk an, ich bin einer der Söhne des Himmels. Meine Vorfahren standen immer in der ersten Reihe, wenn unsere
impis
zum Angriff übergingen. Wir besiegten die Weißen, lange bevor sie die Buschmänner in die unendlichen Wüsten hinausjagten, wo sie bald untergingen. Wir besiegten sie, bevor sie sagten, daß unser Land ihnen gehöre. Wir besiegten sie am Fuße des
Isandlwa-na
und

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