Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
Mårtensson gehörte. Der Eigentümer hatte sein Vermögen mit dem Bau von Häusern in Stockholm gemacht und anschließend seinen Schloßbesitzertraum verwirklicht, der auf eine gewisse Verrücktheit schließen ließ. Als Svedberg fertig war, gingen sie ihre Listen durch und strichen aus, was die Ermittlung unnötig belastete. Ann-Britt Höglund hatte endlich mit Kim Sung-Lee sprechen können, der Putzfrau der Anwaltskanzlei. Die Asiatin hatte, wie erwartet, nichts von Bedeutung zu berichten; eine Kontrolle ergab, daß ihre Papiere in Ordnung waren und daß sie sich legal im Land aufhielt. Aus eigenem Antrieb hatte sich Ann-Britt Höglund noch einmal ausführlich mit Sonja Lundin unterhalten, der Anwaltsgehilfin. Wallander registrierte, daß der am anderen Tischende sitzende Hansson ihre Initiative gar nicht zu schätzen schien. Leider hatte auch Sonja Lundin ihrer Aussage nichts Wichtiges hinzufügen können. Wieder ein Strich auf der Liste. Schließlich, als sich Mutlosigkeit wie grauer Nebel im Raum ausbreitete, versuchte Wallander seine Kollegen zu motivieren, indem er an die Flugdokumentationen von Harderbergs Gulfstream erinnerte. Er schlug auch vor, daß sich Hansson unauffällig mit den beiden Piloten beschäftigen solle. Es gelang ihm jedoch nicht, den Nebel zu vertreiben. Die Wirtschaftsexperten mit ihrer computergestützten Arbeit könnten der Ermittlung vielleicht neues Leben einhauchen. Sie hatten versprochen, das |319| Imperium Harderbergs noch einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen und an diesem Tag Bericht zu erstatten, hatten dann jedoch um Aufschub bitten müssen. Eine Besprechung mit ihnen war für den folgenden Montag angesetzt.
Als Wallander die Versammlung auflösen wollte, meldete sich Per Åkeson zu Wort. »Wir müssen die Lage durchsprechen«, begann er. »Ich habe dem Antrag, die Ermittlungen auf Alfred Harderberg zu konzentrieren, für einen weiteren Monat stattgegeben. Aber ich kann nicht außer acht lassen, daß wir eigentlich nichts als äußerst zweifelhafte Indizien in der Hand haben. Es ist, als entfernten wir uns von der Lösung des Falles, anstatt ihr näher zu kommen. Ich glaube, es wäre gut für uns alle, wenn wir noch einmal eine klare, auf Fakten basierende Positionsbestimmung vornehmen.«
Alle schauten zu Wallander. Åkesons Worte kamen für ihn nicht überraschend, auch wenn er gehofft hatte, sie würden ihm erspart bleiben. »Du hast recht«, sagte er. »Wir müssen sehen, wo wir stehen. Auch wenn uns die Ergebnisse der Wirtschaftsexperten leider noch fehlen.«
»Bei der Analyse eines Finanzimperiums stößt man nicht zwangsläufig auf einen oder mehrere Mörder«, sagte Per Åkeson.
»Ich weiß«, sagte Wallander. »Aber das Bild ist ohne diese Informationen unvollständig.«
»Was für ein Bild?« sagte Martinsson. »Ich sehe überhaupt keins.«
Wallander spürte, daß er hart durchgreifen mußte, damit die Situation nicht außer Kontrolle geriet. Um seine Gedanken zu sammeln, schlug er eine Pause von einigen Minuten vor.
Als sie wieder am Tisch saßen, sagte er entschlossen: »Ich sehe ein denkbares Muster, genau wie ihr auch. Aber laßt uns einen anderen Weg einschlagen und erst einmal feststellen, was wir ausschließen können. Nichts deutet darauf hin, daß wir es mit einem Verrückten zu tun haben. Einem intelligenten Psychopathen ist sicher zuzutrauen, einen Mord als Autounfall zu tarnen. Aber es gibt kein erkennbares Motiv und ebensowenig eine Verbindung zur Ermordung des Vaters oder |320| gar zu den Versuchen, Frau Dunér und mich in die Luft zu jagen. Wenn ich von mir spreche, dann meine ich mich allein; ich glaube nicht, daß der Anschlag auch Ann-Britt gegolten hat. Das führt mich zu einem Muster, das Schloß Farnholm und Alfred Harderberg einbezieht. Laßt uns in die Vergangenheit blicken. Beginnen wir mit dem Tag vor ungefähr fünf Jahren, als Harderberg erstmals Kontakt zu Gustaf Torstensson aufnahm.«
In diesem Augenblick kam Björk herein und setzte sich. Wallander ahnte, daß Per Åkeson ihn in der kurzen Pause gebeten hatte, in der entscheidenden Phase der Besprechung dabeizusein.
»Gustaf Torstensson fängt also an, für Alfred Harderberg zu arbeiten«, fuhr Wallander fort. »Es ist ein ungewöhnliches Klientenverhältnis, man wundert sich beispielsweise, wie ein Provinzanwalt einem international operierenden Wirtschaftsmagnaten von Nutzen sein kann. Denkbar ist, daß Alfred Harderberg gerade auf die Schwächen seines Anwalts setzte, daß
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