Wallander 05 - Die falsche Fährte
Åkeson, nachdem er in seinen Papieren geblättert hatte. »Wenn ich es richtig verstanden habe, kam ihre Krankheit wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Sie war eine Woche von zu Hause verschwunden. Sie soll zu diesem Zeitpunkt große Probleme in der Schule gehabt und meistens gefehlt haben. Es ist von Drogenmißbrauch die Rede. Aber sie soll keine harten Drogen genommen haben, hauptsächlich Amphetamine. Vielleicht Kokain. Sie wurde im Pildammspark aufgegriffen. Sie war völlig verwirrt.«
»Hatte sie äußere Verletzungen?« fragte Wallander, der aufmerksam zugehört hatte.
»Das Material, das mir bisher zur Verfügung steht, sagt darüber nichts.«
Wallander dachte nach. »Wir können also nicht mit ihr sprechen. Aber ich will wissen, ob sie Verletzungen aufwies. Und ich will mit denen reden, die sie aufgegriffen haben.«
»Das ist drei Jahre her«, meinte Per Åkeson. »Aber ich nehme an, man kann die Personen ausfindig machen.«
»Ich werde mit Forsfält bei der Kripo in Malmö reden«, sagte Wallander. »Wenn sie verwirrt im Pildammspark aufgegriffen wurde, muß eine Streife beteiligt gewesen sein. Es muß irgendwo ein Bericht vorliegen.«
»Warum willst du wissen, ob sie Verletzungen hatte?« fragte Hansson.
»Nur, damit das Bild so vollständig wie möglich wird.«
Sie gingen weiter. Weil Ekholm noch darauf wartete, daß die Computer mit der vergleichenden Bearbeitung des gesamten Ermittlungsmaterials fertig wurden und sich eventuell unerwartete Berührungspunkte oder Parallelen zeigten, konnte Wallander den |338| Punkt Verstärkung ansprechen. Hansson hatte bereits eine positive Antwort vom Läns-Polizeidirektor erhalten. Sie konnten über einen Polizeiintendenten aus Malmö verfügen. Er würde gegen Mittag in Ystad eintreffen.
»Wer ist es?« fragte Martinsson, der bisher geschwiegen hatte.
»Er heißt Sture Holmström«, sagte Hansson.
»Kenne ich nicht«, meinte Martinsson.
Keiner kannte ihn. Wallander versprach, Forsfält anzurufen, um internen Klatsch zu erfahren.
Dann wandte er sich an Per Åkeson.
»Die Frage ist jetzt, ob wir weitere Verstärkung anfordern sollen«, begann er. »Was denken wir darüber? Ich möchte, daß alle sich äußern. Ich verspreche, mich der Mehrheit zu beugen. Auch wenn ich weiterhin skeptisch bin, ob personelle Verstärkung die Qualität unserer Arbeit verbessern kann. Ich befürchte, daß wir, zumindest auf kurze Sicht, unser Arbeitstempo verlieren. Aber ich will hören, was ihr denkt.«
Martinsson und Svedberg waren dafür, Verstärkung anzufordern. Ann-Britt Höglund dagegen stimmte Wallander zu, während Ekholm und Hansson es vorzogen, keine Meinung zu haben. Wallander spürte, daß ein weiterer, unsichtbarer, aber schwerer Mantel der Verantwortung um seine Schultern gehängt wurde. Per Åkeson schlug vor, die Entscheidung noch ein paar Tage aufzuschieben.
»Noch ein Mord, und es wird unausweichlich«, sagte er. »Aber machen wir erst einmal so weiter.«
Sie brachen kurz vor zehn Uhr auf. Wallander ging in sein Zimmer. Die bleierne Müdigkeit, die er am Samstag gespürt hatte, war verschwunden. Es war eine gute Besprechung gewesen, auch wenn sie eigentlich nicht weitergekommen waren. Doch sie hatten einander gezeigt, daß ihre Energie und ihr Wille ungebrochen waren.
Wallander wollte gerade Forsfält anrufen, als Martinsson in seiner Tür auftauchte. »Nur etwas, das mir durch den Kopf gegangen ist«, sagte er und lehnte sich an den Türpfosten.
Wallander wartete auf die Fortsetzung.
»Louise Fredman ist in einem Park umhergeirrt«, sagte Martinsson. |339| »Ich sehe da eine Parallele zu dem Mädchen, das im Rapsfeld umherlief.«
Martinsson hatte recht. Es war eine Parallele, wenn auch eine entfernte.
»Ich stimme dir zu«, sagte Wallander. »Schade nur, daß sie nichts miteinander zu tun haben.«
»Trotzdem ist es merkwürdig«, fand Martinsson.
Er blieb in der Tür stehen. »Diesmal hast du richtig getippt.«
Wallander nickte. »Ich weiß«, sagte er. »Und Ann-Britt auch.«
»Ihr könnt euch einen Tausender teilen.«
»Wann ist das nächste Spiel?«
»Ich melde mich rechtzeitig«, sagte Martinsson und ging.
Wallander rief in Malmö an.
Während er wartete, schaute er durch das offene Fenster. Das schöne Wetter hielt an.
Dann hörte er Forsfälts Stimme am anderen Ende und schob jeden Gedanken an das Wetter beiseite.
Hoover verließ den Keller kurz nach einundzwanzig Uhr. Er hatte lange gebraucht, um zwischen den Äxten zu
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