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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Sjösten erinnerte sich an eine Reportage in einer Zeitung, die zu klären versuchte, wie viele Wohnungen Liljegren eigentlich besaß. Sie waren über die ganze Welt verstreut.
    »Hast du einen Zeitplan?« fragte Sjösten.
    »Ein früher Jogger entdeckte, daß Rauch aus dem Haus drang, und schlug Alarm. Die Feuerwehr traf um Viertel nach fünf ein. Als sie ins Haus kamen, fanden sie ihn in der Küche.«
    »Wo brannte es?«
    »Nirgendwo.«
    Sjösten warf Birgersson einen fragenden Blick zu.
    »Liljegren lag über der aufgeklappten Backofentür«, fuhr Birgersson fort. »Sein Kopf steckte im Backofen, der auf der höchsten Stufe eingeschaltet war. Er wurde buchstäblich gebraten.«
    Sjösten schnitt eine Grimasse. Er begann zu ahnen, welcher Anblick ihm bevorstand.
    »War es Selbstmord?«
    »Nein. Jemand hat ihm eine Axt in den Kopf geschlagen.«
    Sjösten trat unwillkürlich auf die Bremse. Es sah Birgersson an, der nickte.
    »Das Gesicht und das Haar waren fast ganz verbrannt. Aber der Arzt meinte, trotzdem sagen zu können, jemand hätte ihm ein Stück des Skalps abgeschnitten.«
    Sjösten schwieg. Er dachte an das, was in Ystad passiert war. Es war in diesem Sommer die große Neuigkeit. Ein wahnsinniger Mörder, der Menschen erschlug und sie skalpierte.
    Sie kamen zu Liljegrens Villa in der Aschebergsgatan. Ein Feuerwehrwagen, Streifenwagen und ein Krankenwagen standen vor den Toren. Der ganze Garten war mit Markierungsband und Schildern abgesperrt. Sjösten stieg aus dem Wagen und machte eine abweisende Geste zu einem Journalisten hin, der auf ihn zueilte. Zusammen mit Birgersson stieg er über die Absperrung und ging zum Haus hinauf. Als sie eintraten, schlug ihnen ein merkwürdiger Geruch entgegen. Sjösten begriff, daß er von Liljegrens |348| Körper ausging. Er bekam ein Taschentuch von Birgersson, das er sich vor Mund und Nase hielt. Birgersson nickte zur Küche hin. Ein sehr bleicher Streifenpolizist hielt Wache vor der Küchentür. Sjösten blickte in die Küche. Der Anblick war grotesk. Der halbnackte Mann kniete vor der Backofenluke. Der Hals und der Kopf verschwanden im Backofen. Sjösten dachte mit Ekel an das Märchen von Hänsel und Gretel. Der Arzt kniete neben dem Körper und leuchtete mit einer Taschenlampe in den Backofen. Sjösten versuchte, ohne Taschentuch vor dem Gesicht zu atmen. Er atmete durch den Mund. Der Arzt nickte ihm zu. Sjösten beugte sich nieder und blickte in den Backofen. Er dachte an einen verbrannten Braten. »Jesses«, sagte er. »Das ist nicht schön.«
    »Er hat einen Schlag in den Hinterkopf bekommen«, erklärte der Arzt.
    »Hier in der Küche?«
    »Im ersten Stock«, sagte Birgersson, der hinter ihm stand.
    Sjösten richtete sich auf. »Nehmt ihn da raus«, sagte er. »Ist der Fotograf fertig?«
    Birgersson nickte. Sjösten folgte ihm ins Obergeschoß. Sie gingen vorsichtig, weil die Treppe voller Blutspuren war. Birgersson blieb vor der Badezimmertür stehen. »Wie du gesehen hast, war er im Schlafanzug«, sagte er. »Es ist denkbar, daß Liljegren sich im Badezimmer aufhielt. Als er herauskam, wartete der Mörder auf ihn. Er schlug ihm mit einer Axt in den Hinterkopf und schleppte den Körper in die Küche. Das erklärt, warum die Schlafanzughose an dem einen Bein hängt. Dann hat er den Körper am Herd arrangiert, den Backofen voll aufgedreht und sich davongemacht. Wie er herein- und hinausgekommen ist, wissen wir noch nicht. Ich dachte, das könntest du übernehmen.«
    Sjösten sagte nichts. Er sammelte sich. Dann kehrte er in die Küche zurück. Der Körper lag jetzt auf einer Plastikfolie auf dem Fußboden.
    »Ist er das?« fragte Sjösten.
    »Ja sicher, das ist Liljegren«, antwortete der Arzt. »Auch wenn er kein Gesicht mehr hat.«
    »Das habe ich nicht gemeint. Ist das der Mann, der Skalpe nimmt?«
    |349| Der Arzt schlug eine Ecke der Plastikfolie zurück, die das schwarzgebrannte Gesicht verdeckte. »Ich bin ziemlich überzeugt, daß er das Haar ganz vorn am Schädel abgeschlagen oder abgerissen hat.«
    Sjösten nickte. Dann wandte er sich zu Birgersson um.
    »Ruf die Kollegen in Ystad an«, sagte er. »Kurt Wallander. Ich will mit ihm sprechen. Sofort.«
     
    Wallander hatte sich ausnahmsweise an diesem Dienstagmorgen ein ordentliches Frühstück zubereitet. Er hatte Spiegeleier gebraten und sich eben mit der Zeitung an den Tisch gesetzt, als das Telefon klingelte. Sofort stellte sich das nur allzu bekannte Gefühl wieder ein. Als er hörte, daß es die

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