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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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dient gar keinem Zweck, der die Ursache für alle diese Morde ist.«
    »Das ist möglich.«
    »Was heißen würde, wir ständen wieder ganz am Anfang.«
    »Die Kombinationen müssen immer wieder neu durchprobiert werden. Wir kommen nie an den Ausgangspunkt zurück, wenn wir ihn einmal verlassen haben. Wir müssen uns genauso bewegen wie der Täter. Er bleibt nicht stehen. Was hier heute nacht passiert ist, bestätigt meine Meinung.«
    »Und welche Meinung hast du dir gebildet?«
    »Der Backofen ist interessant.«
    Wallander stieß sich an Ekholms Ausdrucksweise. Aber er sagte nichts.
    »Inwiefern?«
    »Der Unterschied zwischen Säure und Backofen ist auffällig. Im einen Fall verwendet er ein chemisches Mittel, um einen noch lebenden Menschen zu quälen. Es ist ein Bestandteil des Tötungsaktes. Im zweiten Fall dient es eher als ein Gruß an uns.«
    Wallander betrachtete Ekholm aufmerksam. Er versuchte zu verstehen. »Ein Gruß an die Polizei?«
    »Im Grunde wundert mich das nicht. Der Mörder bleibt nicht unbeeinflußt von seinen eigenen Handlungen. Sein Bild von sich selbst nimmt ein neues Ausmaß an. Häufig erreicht es einen Punkt, an dem er einen Kontakt außerhalb seiner selbst suchen muß. Er birst beinah vor Größenwahn. Die Bestätigung seiner Größe muß er von außen erhalten. Da die Opfer schließlich nicht wieder von den Toten auferstehen und ihm applaudieren können, wendet er sich der Polizei zu. Seinen Verfolgern. Die ihn daran hindern wollen weiterzumachen. Das kann auf verschiedene Weise zum Ausdruck kommen. Anonyme Anrufe oder Briefe. Oder |368| warum nicht in der Form, daß er einen Toten in einer grotesken Stellung arrangiert?«
    »Er fordert uns also heraus?«
    »Ich glaube nicht, daß er so denkt. Er sieht sich selbst als unverwundbar an. Wenn es zutrifft, und er hat die Rolle eines barfüßigen Kriegers gewählt, kann die Unverwundbarkeit eine der Ursachen dafür sein. Es gibt viele Beispiele für Kriegervölker, die sich einsalben, um sich unverwundbar zu machen gegen Schwerter oder Pfeile. In unserer Zeit kann die Polizei ein solches Schwert darstellen.«
    Wallander saß eine Weile schweigend da. »Was wird der nächste Schritt sein?« fragte er dann. »Er fordert uns heraus, indem er Liljegrens Kopf in den Backofen steckt. Und beim nächsten Mal? Wenn es ein nächstes Mal geben sollte?«
    »Es gibt viele denkbare Möglichkeiten. Eine nicht völlig unbekannte ist die, daß psychopathische Mörder den Kontakt mit einzelnen Polizisten suchen.«
    »Und warum?«
    Ekholm gelang es nicht ganz, sein Zögern zu verbergen, bevor er antwortete. »Es ist vorgekommen, daß Polizisten getötet wurden.«
    »Du meinst, dieser Wahnsinnige beobachtet uns?«
    »Das ist gut möglich. Ohne daß wir es ahnen, kann er sich einen Spaß daraus machen, in unserer unmittelbaren Nähe aufzutauchen. Und wieder zu verschwinden. Eines Tages genügt ihm das vielleicht nicht mehr.«
    Wallander dachte an die Empfindung, die ihn an der Absperrung bei Carlmans Hof befallen hatte. Das Gefühl, ein Gesicht unter den Schaulustigen wiederzuerkennen, die die Arbeit der Polizei beobachteten. Jemand, der auch am Strand außerhalb der Absperrung gestanden hatte, als sie den toten Justizminister unter dem Boot hervorzogen.
    Ekholm sah ihn ernst an. »Ich glaube, vor allem du solltest dir dessen bewußt sein«, sagte er. »Ganz unabhängig von diesem Gespräch hatte ich vor, mit dir darüber zu sprechen.«
    »Warum gerade ich?«
    »Du bist derjenige, der am sichtbarsten ist. An der Ermittlung |369| sind viele Personen beteiligt. Aber der einzige Name, der auftaucht, ist deiner, und das einzige Gesicht, das regelmäßig da ist, ist deins.«
    Wallander schnitt eine Grimasse. »Soll ich das wirklich ernst nehmen?«
    »Das mußt du selbst entscheiden.«
    Als ihr Gespräch beendet war und Ekholm das Zimmer verlassen hatte, blieb Wallander sitzen. Er versuchte, sich darüber klarzuwerden, was er eigentlich angesichts der von Ekholm ausgesprochenen Warnung empfand.
    Es war wie ein kalter Wind, der durchs Zimmer wehte, dachte er.
    Und das war alles.
     
    Kurz nach drei am Nachmittag kehrten Wallander und die anderen nach Ystad zurück. Sie hatten sich darauf geeinigt, die Ermittlung weiter von dort aus zu leiten. Wallander saß während der ganzen Fahrt schweigend da und antwortete nur wortkarg auf Hanssons gelegentliche Fragen. Als sie ankamen, trafen sie sich zu einem kurzen Informationsaustausch mit Svedberg, Martinsson und Per Åkeson.

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