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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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als er wieder in den Flur trat. »Ruf meinen Vater an, grüß ihn von mir und sag ihm, daß ich durch einen sehr dringenden Fall verhindert bin. Wenn er fragt, wer du bist, kannst du sagen, du seist die neue Polizeipräsidentin.«
    Sie nickte und lächelte. Wallander gab ihr die Nummer. Dann trat er wieder hinaus in den Regen.
    Der von starken Scheinwerfern beleuchtete Tatort machte einen gespenstischen Eindruck. Mit einem Gefühl großen Widerwillens trat Wallander unter die aufgespannte Regenplane. Gustaf Wetterstedts Körper lag auf dem Rücken auf einer Plastikfolie. Der Arzt leuchtete gerade mit einer Taschenlampe in seinen Hals. Er unterbrach die Arbeit, als er sah, daß Wallander gekommen war. »Wie geht es dir?« fragte er.
    Erst da erkannte Wallander ihn. Es war der Arzt, der ihn eines Nachts vor einigen Jahren in der Ambulanz des Krankenhauses behandelt hatte, als Wallander glaubte, er habe einen Herzinfarkt.
    »Abgesehen von dem hier geht’s mir gut«, sagte Wallander. »Ich hatte keinen Rückfall.«
    |85| »Hast du meine Ratschläge befolgt?«
    »Bestimmt nicht«, murmelte Wallander ausweichend.
    Er betrachtete den Toten und dachte, daß er noch im Tod den gleichen Eindruck machte wie einst auf dem Fernsehschirm. Sein Gesicht hatte etwas Herrisches und Abweisendes, obwohl es mit getrocknetem Blut bedeckt war. Wallander beugte sich vor und betrachtete die Wunde auf der Stirn, die sich zur Schädeldecke hinzog. Die Haut und das Haar waren abgerissen.
    »Wodurch ist er gestorben?« fragte Wallander.
    »Durch einen kräftigen Schlag gegen das Rückgrat«, antwortete der Arzt. »Die Wirkung muß unmittelbar tödlich gewesen sein. Das Rückgrat ist direkt unterhalb der Schulterblätter durchtrennt. Er muß tot gewesen sein, bevor er noch auf dem Boden auftraf.«
    »Bist du sicher, daß es draußen geschah?«
    »Ich glaube, ja. Der Schlag ins Rückgrat muß von jemand gekommen sein, der sich hinter ihm befand. Mit aller Wahrscheinlichkeit hat die Wucht des Schlags bewirkt, daß er nach vorn fiel. Er hat Sand im Mund und in den Augen. Wahrscheinlich ist es hier in der Nähe passiert.«
    Wallander zeigte auf Wetterstedts verunstalteten Kopf. »Wie erklärst du dir das?« fragte er.
    Der Arzt zuckte die Schultern. »Der Schnitt in der Stirn stammt von einem scharfen Messer«, sagte er. »Oder vielleicht von einer Rasierklinge. Die Haut und das Haar scheinen abgerissen worden zu sein. Ob das geschah, bevor er den Schlag ins Rückgrat bekam, kann ich noch nicht sagen. Das ist Sache des Pathologen in Malmö.«
    »Malmström bekommt viel Arbeit«, sagte Wallander.
    »Wer?«
    »Gestern haben wir die Überreste eines Mädchens hingeschickt, das sich selbst verbrannt hat. Und jetzt kommen wir mit einem Mann, der skalpiert worden ist. Ich habe mit einer Pathologin gesprochen. Sie heißt Malmström.«
    »Es gibt mehrere da. Malmström kenne ich nicht.«
    Wallander hockte sich neben die Leiche. »Sag mir deine Meinung«, sagte er zu dem Arzt. »Wie ist es vor sich gegangen?«
    »Derjenige, der ihm den Schlag in den Rücken versetzt hat, |86| wußte, was er wollte«, antwortete der Arzt. »Ein Scharfrichter hätte es nicht besser machen können. Aber daß er skalpiert worden ist, läßt auf einen Verrückten schließen.«
    »Oder einen Indianer«, sagte Wallander nachdenklich. Er richtete sich auf und spürte, wie es in den Knien zuckte. Die Zeit, wo er sich ungestraft niederhocken konnte, war seit langem vorbei.
    »Ich bin hier fertig«, sagte der Arzt. »Ich habe Malmö schon informiert, daß wir ihn bringen.«
    Wallander antwortete nicht. Er hatte ein Detail an Wetterstedts Kleidung entdeckt, das sein Interesse weckte. Der Hosenschlitz war offen.
    »Hast du seine Kleidung berührt?« fragte er.
    »Nur auf der Rückseite um die Stelle, wo der Schlag getroffen hat«, sagte der Arzt.
    Wallander nickte. Er spürte, wie das Unwohlsein ihn wieder überkam. »Darf ich dich um etwas bitten«, sagte er. »Kannst du in seinem Hosenschlitz nachsehen, ob Wetterstedt noch hat, was da drin sein sollte.«
    Der Arzt blickte Wallander verwundert an.
    »Wenn jemand ihm die halbe Kopfhaut abreißt, dann kann er auch andere Dinge abreißen«, verdeutlichte Wallander.
    Der Arzt nickte und zog sich ein Paar Plastikhandschuhe über. Dann griff er vorsichtig hinein.
    »Was da sein soll, scheint da zu sein«, sagte er.
    Wallander nickte.
    Wetterstedts Leiche wurde fortgebracht. Wallander wandte sich an Nyberg, der neben dem Boot kniete, das jetzt

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