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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Polizist wickelte gemächlich die Absperrbänder auf.
    Wallander schob eine Kassette ein.
Figaros Hochzeit.
Er stellte die Musik so laut, bis es im Wagen dröhnte. Seine Backe brannte immer noch. Im Rückspiegel sah er, daß sie gerötet war. Als er nach Ystad kam, fuhr er auf den großen Parkplatz eines Möbelhauses. Alles war geschlossen, der Parkplatz verödet. Er öffnete die Wagentür und ließ die Musik ins Freie strömen. Barbara Hendricks half ihm für einen Augenblick, Wetterstedt und Carlman zu vergessen. Nur das brennende Mädchen lief noch durch sein Bewußtsein. Das Rapsfeld schien endlos. Sie lief und lief. Und brannte und brannte.
    Er stellte die Musik leiser und ging auf dem Parkplatz auf und ab. Wie immer, wenn er nachdachte, blickte er zu Boden. Deshalb bemerkte er auch den Pressefotografen nicht, der ihn entdeckt hatte und durch ein Teleobjektiv fotografierte, wie er in dem System von markierten Feldern auf und ab schritt, auf denen an diesem Sommertag kein anderer Wagen geparkt war. Einige Wochen später, als Wallander zu seiner Verblüffung das Bild von sich auf dem Parkplatz in der Zeitung entdeckte, hatte er schon wieder vergessen, daß er dort gehalten hatte, um mit sich selbst ins reine zu kommen und den Stand der Verbrechensermittlung zu überdenken.
    Die Ermittlungsgruppe traf sich an diesem Sonntag nur sehr kurz um zwei Uhr. Mats Ekholm nahm an der Sitzung teil und gab eine knappe Zusammenfassung dessen, was er am Morgen mit Wallander und Hansson besprochen hatte. Ann-Britt Höglund berichtete über den Inhalt des anonym eingegangenen Faxschreibens, und Wallander teilte mit, daß Anita Carlman die anonymen Angaben bestätigt habe. Dagegen sagte er nichts von der Ohrfeige, die er bekommen hatte. Als Hansson ihn vorsichtig fragte, ob er sich denken könne, mit den Journalisten zu sprechen, die das Präsidium belagerten und stets zu wissen schienen, wann die Ermittlungsgruppe zusammentraf, antwortete er mit nein.
    »Wir müssen den Journalisten beibringen, daß wir als Team |183| zusammenarbeiten«, sagte er und hörte selbst, wie geschraubt es klang. »Ann-Britt Höglund kann mit ihnen reden. Ich will nicht.«
    »Gibt es etwas, was ich nicht sagen soll?« fragte sie.
    »Daß wir einen Tatverdächtigen haben«, antwortete Wallander. »Denn das wäre gelogen.«
    Nach der Sitzung wechselte Wallander ein paar Worte mit Martinsson. »Gibt es etwas Neues über das Mädchen, das sich verbrannt hat?« wollte er wissen.
    »Noch nicht.«
    »Halte mich auf dem laufenden, wenn sich etwas tut.«
    Wallander ging in sein Zimmer. Als er eintrat, klingelte das Telefon. Er fuhr zusammen. Bei jedem Klingeln befürchtete er, jemand aus der Zentrale würde ihm von einem neuen Mord berichten. Aber es war seine Schwester. Sie erzählte, sie habe mit Gertrud gesprochen, der Heimpflegerin, die ihren Vater geheiratet hatte. Es bestand kein Zweifel, daß ihr Vater an Alzheimer erkrankt war. Wallander hörte, wie traurig sie war.
    »Er wird immerhin bald achtzig«, tröstete er sie. »Früher oder später mußte ja irgend etwas kommen.«
    »Aber trotzdem«, sagte sie.
    Wallander wußte sehr wohl, was sie meinte. Er hätte selbst das gleiche sagen können. Allzuoft war das Leben auf die kraftlosen Protestworte
aber trotzdem
reduziert.
    »Eine Reise nach Italien schafft er nicht«, sagte sie.
    »Wenn er es will, schafft er es«, erwiderte Wallander. »Außerdem habe ich es ihm versprochen.«
    »Vielleicht sollte ich mitkommen?«
    »Nein. Das ist seine und meine Reise.«
    Er beendete das Gespräch, unsicher, ob sie gekränkt war, weil er sie in Italien nicht dabeihaben wollte. Aber er verwarf die Gedanken und beschloß, jetzt endlich zu seinem Vater hinauszufahren. Er suchte den Zettel mit Lindas Telefonnummer und rief dort an. Da er erwartet hatte, daß sie bei dem schönen Wetter draußen sein würden, war er sehr erstaunt, als Kajsa sich sofort meldete. Als Linda ans Telefon kam, fragte er sie, ob sie sich von ihren Proben losreißen könne und mit ihm zu ihrem Großvater fahren wolle.
    »Kann Kajsa mitkommen?«
    |184| »Sie kann schon«, antwortete Wallander. »Aber gerade heute wäre es mir lieber, wenn nur du und ich führen. Ich muß mit dir über etwas sprechen.«
     
    Eine halbe Stunde später holte er sie am Österportstorg ab. Unterwegs erzählte er ihr vom Besuch seines Vaters im Präsidium und von seiner Krankheit.
    »Niemand weiß, wie schnell es geht«, sagte Wallander. »Aber er wird uns verlassen.

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