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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zu fahren und mit dem alten Polizisten Hugo Sandin zu sprechen. Als er den Anruf entgegengenommen und gehört hatte, daß es nicht die befürchtete Hiobsbotschaft von einem neuen Mord, sondern Nyberg war, der ihm mitteilte, die sieben entwickelten Bilder lägen jetzt auf seinem Tisch, war Wallander zunächst erleichtert. Nachher, als er Smedstorp bereits verlassen hatte, dachte er, daß er lernen mußte, seine Angst besser zu beherrschen. Es war nicht sicher, daß der Mann wirklich weitere Opfer auf seiner unsichtbaren Liste hatte. Wallander durfte einer Angst keinen Raum geben, die in seinem Kopf nur Unordnung stiftete. Sie mußten ihre Ermittlungen auf das konzentrieren, was tatsächlich geschehen war, und durften sich nicht durch die Furcht vor etwas, was geschehen könnte, lähmen lassen.
    Er ging direkt in sein Büro und schrieb ein Protokoll seines Gesprächs mit Sven Andersson. Ohne Erfolg versuchte er, Martinsson zu erreichen. Ebba wußte nur, daß er das Präsidium verlassen und nicht gesagt hatte, wohin er wollte. Als Wallander seine Handynummer wählte, bekam er die Mitteilung, der Teilnehmer habe sein Gerät nicht eingeschaltet. Es ärgerte ihn, daß Martinsson sich so häufig unerreichbar machte. Bei der nächsten Sitzung würde er darauf hinweisen, daß alle stets erreichbar sein mußten. Dann fielen ihm die Fotografien ein, die Nyberg zufolge auf seinem Schreibtisch liegen sollten. Ohne es zu merken, hatte er seinen Kollegblock über den Umschlag mit Bildern gelegt. Er nahm sie heraus, knipste die Schreibtischlampe an und betrachtete eins nach dem anderen. Obwohl er nicht wußte, was er sich eigentlich erhofft hatte, war er enttäuscht. Die Bilder stellten nichts anderes dar als die Aussicht von Wetterstedts Haus. Sie waren vom ersten |212| Stock aus aufgenommen. Er konnte Lindgrens kieloben liegendes Boot sehen und das ruhige Meer. Der Strand wirkte verlassen. Zwei der Bilder waren außerdem unscharf. Er legte sie vor sich auf den Tisch und fragte sich, warum Wetterstedt sie gemacht hatte. Wenn er es überhaupt gewesen war. In einer der Schreibtischschubladen suchte er ein Vergrößerungsglas, doch auch damit konnte er nichts von Interesse auf den Bildern erkennen. Er legte sie in den Umschlag zurück und nahm sich vor, jemandem aus der Ermittlungsgruppe die Bilder zu zeigen, um sicherzugehen, daß er nichts übersehen hatte. Als er gerade in Hässleholm anrufen wollte, klopfte eine Sekretärin an die Tür und brachte ihm ein Fax von Hans Vikander in Stockholm. Es war das Protokoll des Gesprächs mit Wetterstedts Mutter, fünf engbeschriebene Seiten. Er überflog es rasch: sorgfältig gemacht, aber völlig phantasielos. Keine Frage, die Wallander nicht hätte vorhersehen können. Seine Erfahrung war, daß ein Verhör oder ein anderes Gespräch im Rahmen einer Verbrechensermittlung ebenso viele Überraschungsmomente wie Grundfragen enthalten mußte. Aber vielleicht war er ungerecht gegen Hans Vikander. Was konnte eine vierundneunzigjährige Dame schon Unerwartetes über ihren Sohn sagen, den sie so gut wie nie sah, mit dem sie nur kurze Telefongespräche führte? Nachdem er Hans Vikanders Protokoll überflogen hatte, war er sicher, nichts darin gelesen zu haben, was sie weiterbrachte. Er holte sich Kaffee und dachte an die Pastorin in Smedstorp. Wieder in seinem Zimmer, rief er die Nummer in Hässleholm an. Ein jüngerer Mann nahm ab. Wallander stellte sich vor und nannte sein Anliegen. Danach dauerte es mehrere Minuten, bis Hugo Sandin an den Apparat kam. Seine Stimme war klar und bestimmt. Hugo Sandin erklärte sich bereit, Wallander noch am selben Tag zu treffen. Wallander notierte sich die Wegbeschreibung. Um Viertel nach drei verließ er das Präsidium. Auf dem Weg nach Hässleholm hielt er an und aß. Es war schon nach fünf, als er zu der umgebauten Mühle einbog, vor der ein Schild auf die Keramikwerkstatt hinwies. Ein älterer Mann ging im Garten umher und stach Löwenzahn aus. Als Wallander aus dem Wagen stieg, wischte der Mann sich die Hände ab und kam ihm entgegen. Wallander fiel es schwer zu glauben, daß dieser rüstige Mann über |213| achtzig Jahre alt sein sollte. Es war schwer vorstellbar, daß Hugo Sandin und sein Vater fast gleich alt waren.
    »Ich bekomme selten Besuch«, begrüßte ihn Hugo Sandin. »Alle meine alten Freunde sind nicht mehr da. Nur einer meiner Kollegen von der alten Mordkommission lebt noch. Aber er sitzt in einem Pflegeheim in der Nähe von Stockholm und

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