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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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und wurde steiler. Keiner hatte etwas gesehen, keiner schien eigentlich diesen Mann gekannt zu haben, der Autos verkauft, Vögel beobachtet und Gedichte geschrieben hatte. Wallander begann schließlich zu glauben, daß er sich doch geirrt hatte, daß Holger Eriksson eben das Zufallsopfer |248| eines Lustmörders geworden war, der ausgerechnet seinen Graben ausgewählt und seinen Steg angesägt hatte. Aber im Innersten wußte er, daß es so nicht sein konnte. Der Mörder sprach eine Sprache, die Art und Weise, wie Holger Eriksson getötet worden war, hatte Logik und Konsequenz. Wallander irrte sich nicht. Sein Problem war, daß er die richtige Lösung noch nicht vor sich sah.
    Sie hatten sich vollständig festgefahren, als Svedberg vom Krankenhaus zurückkam. Später dachte Wallander, daß er wirklich als der Retter in der Not erschienen war. Denn erst als Svedberg sich an eine Längsseite des Tisches gesetzt und mühsam seine Papiere geordnet hatte, erreichten sie einen Punkt, an dem sich die Tür wieder einen Spaltweit zu öffnen schien.
    Svedberg hatte damit angefangen, sich für sein Fehlen zu entschuldigen. Wallander meinte, daß er fragen mußte, was im Krankenhaus eigentlich passiert war.
    »Das Ganze ist sehr eigenartig«, sagte Svedberg. »Kurz vor drei Uhr heute nacht erschien eine Krankenschwester in der Entbindungsstation. Ylva Brink, eine der Hebammen und nebenbei gesagt meine Cousine, hatte Nachtdienst. Sie kannte die Schwester nicht, und als sie versuchte, herauszufinden, was sie dort zu suchen hatte, wurde sie niedergeschlagen. Es hat den Anschein, als hätte diese Krankenschwester einen Schläger aus Blei oder etwas Ähnliches in der Hand gehabt. Ylva wurde ohnmächtig. Als sie wieder zu Bewußtsein kam, war die Frau verschwunden. Es war natürlich ein großer Aufstand. Niemand weiß, was sie dort verloren hatte. Sie haben alle Frauen gefragt, die dort liegen und entbinden sollen. Aber keine hat sie gesehen. Ich bin dagewesen und habe mit dem Personal gesprochen, das Nachtdienst hatte. Sie waren natürlich äußerst aufgebracht.«
    »Wie geht es der Hebamme?« fragte Wallander. »Deiner Cousine?«
    »Sie hat eine Gehirnerschütterung.«
    Wallander wollte gerade wieder zu Holger Eriksson zurückkehren, als Svedberg noch einmal ansetzte. Er wirkte verlegen und kratzte sich nervös den kahlen Schädel.
    »Noch eigentümlicher ist, daß diese Krankenschwester schon |249| einmal dort gewesen ist. In einer Nacht vor einer Woche. Zufällig arbeitete Ylva in jener Nacht auch. Sie ist sicher, daß es eigentlich keine Krankenschwester ist. Daß sie sich verkleidet hat.«
    Wallander zog die Stirn in Falten. Er erinnerte sich an das Blatt Papier, das seit einer Woche auf seinem Schreibtisch lag. »Du hast auch damals mit Ylva Brink gesprochen«, sagte er, »und hast dir Notizen gemacht.«
    »Die habe ich weggeworfen«, sagte Svedberg. »Weil damals nichts passiert war, dachte ich, daß es nichts wäre, womit wir uns befassen müßten. Wir haben ja wichtigere Dinge zu tun.«
    »Ich finde, das klingt ungut«, sagte Ann-Britt Höglund. »Eine falsche Krankenschwester, die sich nachts auf einer Entbindungsstation herumtreibt. Und die nicht davor zurückschreckt, Gewalt anzuwenden. Das muß etwas bedeuten.«
    »Meine Cousine kannte sie nicht. Aber sie hat sie gut beschrieben. Sie war kräftig gebaut und offenbar sehr stark.«
    Wallander sagte nichts davon, daß Svedbergs Papier auf seinem Schreibtisch lag. »Das klingt wirklich seltsam«, sagte er nur. »Welche Maßnahmen ergreift das Krankenhaus?«
    »Vorläufig wollen sie eine Wachgesellschaft beauftragen. Dann sehen sie ja, ob die falsche Krankenschwester wieder auftaucht.«
    Sie ließen die Ereignisse der Nacht zunächst auf sich beruhen. Wallander sah Svedberg an und dachte mißmutig, daß er sicher den Eindruck noch verstärken würde, daß sie mit ihrer Ermittlung auf der Stelle traten. Aber er irrte sich. Svedberg hatte Neuigkeiten zu berichten.
    »In der letzten Woche habe ich mit einem von Holger Erikssons Angestellten gesprochen«, sagte er. »Tore Karlhammar, dreiundsiebzig Jahre alt, wohnhaft in Svarte. Ich habe einen Bericht darüber geschrieben, den ihr vielleicht gelesen habt. Er hat über dreißig Jahre als Autoverkäufer für Eriksson gearbeitet. Anfangs saß er nur da und bedauerte, was geschehen war. Und Holger Eriksson sei ein Mann gewesen, über den jeder nur Gutes sagen könne. Karlhammars Frau war in der Küche und machte Kaffee. Die

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