Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
Küchentür war offen. Plötzlich kam sie herein, knallte das Kaffeetablett auf den Tisch, daß die Sahne überschwappte, und sagte, Holger Eriksson sei ein Schurke gewesen. Dann ging sie.«
    |250| »Und weiter?« fragte Wallander erstaunt.
    »Es war natürlich ein bißchen peinlich. Aber Karlhammar blieb bei seiner Version. Als ich nachher mit seiner Frau sprechen wollte, war sie weg.«
    »Was heißt das? Weg?«
    »Sie hat das Auto genommen und ist weggefahren. Ich habe danach noch ein paarmal angerufen. Da hat sich keiner gemeldet. Aber heute morgen lag hier ein Brief. Ich habe ihn gelesen, bevor ich ins Krankenhaus fuhr. Er ist von Karlhammars Frau. Wenn es stimmt, was sie schreibt, dann ist das ein sehr interessanter Brief.«
    »Fasse es zusammen«, sagte Wallander. »Du kannst ja nachher den Brief für uns kopieren.«
    »Sie behauptet, Holger Eriksson habe in seinem Leben immer wieder Zeichen von Sadismus erkennen lassen. Er behandelte seine Angestellten schlecht. Er konnte ihnen dermaßen zusetzen, daß sie sich entschlossen, bei ihm aufzuhören. Sie wiederholt ständig, daß sie zahllose Beispiele dafür anführen könne, daß das, was sie schreibt, wahr ist.«
    Svedberg suchte in dem Text. »Sie schreibt, daß er sehr wenig Respekt vor anderen Menschen gehabt habe. Er war hart und habgierig. Gegen Ende des Briefes deutet sie an, daß er häufig Reisen nach Polen unternommen habe. Da sollen irgendwelche Frauen im Spiel gewesen sein. Frau Karlhammar zufolge würden die auch einiges erzählen können. Aber das ist natürlich Klatsch. Woher sollte sie wissen, was er in Polen getrieben hat?«
    »Sie deutet nicht an, daß er homosexuell gewesen sein könnte?« fragte Wallander.
    »Das mit den Reisen nach Polen macht kaum den Eindruck.«
    »Von einer Person namens Harald Berggren hat Karlhammar natürlich nie reden hören?«
    »Nein.«
    Wallander hatte das Bedürfnis, sich zu strecken. Was Svedberg über den Inhalt des Briefes erzählte, war zweifellos wichtig. Zum zweitenmal im Lauf von vierundzwanzig Stunden war ihm ein Mann als brutal beschrieben worden. Er schlug eine kurze Pause vor, damit sie Luft schnappen konnten. Per Åkesson blieb im Raum zurück.
    |251| »Es ist klar jetzt«, sagte er. »Mit dem Sudan.«
    Wallander verspürte einen Anflug von Neid. Per Åkesson hatte einen Beschluß gefaßt und wagte einen Aufbruch. Warum tat er selbst nicht das gleiche? Warum begnügte er sich damit, nach einem neuen Haus zu suchen? Jetzt, wo sein Vater tot war, band ihn nichts mehr an Ystad. Linda kam allein zurecht.
    »Sie brauchen keine Polizisten, die unter den Flüchtlingen für Ordnung sorgen? Ich habe ja eine gewisse Erfahrung mit der Arbeit hier in Ystad.«
    Per Åkesson lachte. »Ich kann mal fragen«, sagte er.
    »Schwedische Polizisten sind in der Regel verschiedenen ausländischen Brigaden zugeteilt, die unter dem Kommando der UN stehen. Es hindert dich doch nichts daran, dich zu bewerben.«
    »Im Augenblick hindert mich die Ermittlung in einem Mordfall. Aber vielleicht später. Wann fährst du?«
    »Nach Weihnachten. Zwischen Weihnachten und Neujahr.«
    »Und deine Frau?«
    Per Åkesson schlug die Hände zusammen. »Eigentlich glaube ich, daß sie froh ist, mich eine Zeitlang mal nicht sehen zu müssen.«
    »Und du? Bist du auch froh, sie eine Zeitlang nicht zu sehen?«
    Per Åkesson zögerte mit der Antwort. »Ja«, sagte er dann. »Ich glaube, es wird schön sein fortzukommen. Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich vielleicht nie zurückkomme. Ich werde nie in einem selbstgebauten Boot nach Westindien segeln. Ich habe noch nicht einmal davon geträumt. Aber ich reise in den Sudan. Und was danach passiert, weiß ich nicht.«
    »Alle träumen davon zu fliehen«, sagte Wallander. »Die Menschen in diesem Land sind ständig auf der Suche nach neuen paradiesischen Zufluchtsorten. Manchmal denke ich, daß ich mein eigenes Land nicht mehr kenne.«
    »Vielleicht bin ich auch auf der Flucht? Aber der Sudan dürfte kaum das Paradies sein.«
    »Auf jeden Fall ist es richtig, daß du es versuchst«, sagte Wallander. »Ich hoffe, du schreibst mal. Du wirst mir fehlen.«
    »Darauf freue ich mich direkt. Briefe zu schreiben. Briefe, die nichts mit dem Dienst zu tun haben. Sondern private Briefe. Ich |252| denke, ich werde dabei herausfinden, wie viele Freunde ich habe. Die auf die Briefe antworten, die ich hoffentlich schreibe.«
    Die kurze Pause war vorüber. Martinsson, ständig in Sorge, sich zu erkälten, schloß

Weitere Kostenlose Bücher