Wallander 06 - Die fünfte Frau
sich auch eine neue Klemme beschafft haben.«
»Daß wir für uns wichtige Fingerabdrücke im Krankenhaus finden, halte ich für unmöglich«, sagte Svedberg. »Da wird ja ständig geputzt. Außerdem wissen wir nicht, ob sie überhaupt etwas angefaßt hat.«
»Auf jeden Fall hatte sie keine Handschuhe an«, sagte Wallander. »Das wäre Ylva aufgefallen.«
Svedberg schlug sich mit dem Kaffeelöffel an die Stirn.
»Vielleicht trotzdem«, sagte er. »Wenn ich Ylva richtig verstanden habe, hatte die Frau sie gepackt, als sie sie niederschlug.«
»Sie hat nur die Kleidung berührt«, sagte Wallander. »Und daran findet man ja nichts.«
Für eine Weile schien ihn der Mut zu verlassen. »Wir müssen trotzdem mit Nyberg reden«, sagte er dann. »Vielleicht hat sie das Bett angefaßt, in dem Katarina Taxell lag. Wir müssen es versuchen. Wenn wir Fingerabdrücke finden, die mit etwas übereinstimmen, was wir in Runfelts Koffer gefunden haben, dann sind wir einen großen Schritt weiter. Dann können wir anfangen, die gleichen Fingerabdrücke bei Holger Eriksson und Eugen Blomberg zu verfolgen.«
Svedberg schob ihm den Zettel hin, auf dem er Katarina Taxells Personalien aufgeschrieben hatte. Wallander sah, daß sie dreiunddreißig Jahre alt und selbständig war, ohne daß daraus hervorging, was sie beruflich tat. Sie hatte eine Adresse im Zentrum von Lund.
»Morgen früh um sieben sind wir da«, sagte er. »Weil wir zwei heute nacht hier zusammengearbeitet haben, können wir auch damit weitermachen. Aber jetzt tun wir gut daran, ein paar Stunden zu schlafen.«
»Es ist schon komisch«, sagte Svedberg. »Erst suchen wir einen Söldner, und jetzt eine Krankenschwester.«
»Die vermutlich nicht echt ist«, ergänzte Wallander.
»Das wissen wir genaugenommen nicht«, betonte Svedberg. »Daß Ylva sie nicht kannte, besagt ja noch nicht, daß sie auch keine Krankenschwester ist.«
»Du hast recht. Die Möglichkeit besteht.«
|386| »Ich fahr dich nach Hause«, sagte Svedberg. »Was macht dein Wagen?«
»Ich müßte mir einen neuen anschaffen. Aber ich weiß nicht, wie ich das bezahlen soll.«
Einer der wachhabenden Beamten kam hastig in den Raum. »Ich wußte, daß ihr hier gewesen seid«, sagte er. »Ich glaube, es ist was passiert.«
Wallander spürte die Faust im Magen. Nicht wieder, dachte er. Das schaffen wir nicht.
»Am Straßenrand zwischen Sövestad und Lödinge liegt ein schwerverletzter Mann. Ein LK W-Fahrer hat ihn entdeckt. Ob er angefahren oder überfallen worden ist, wissen wir nicht. Ein Krankenwagen ist unterwegs. Ich dachte, weil es in der Nähe von Lödinge ist …«
Er brachte den Satz nicht zu Ende. Svedberg und Wallander waren schon aus dem Raum gerannt.
Sie erreichten die Stelle, als die Sanitäter den Verletzten gerade auf eine Trage hoben. Wallander erkannte einen der Sanitäter wieder, den er vorher am Krankenhaus getroffen hatte.
»Schiffe begegnen sich in der Nacht«, sagte der Fahrer des Krankenwagens.
»Ist es ein Autounfall?«
»Das wäre dann Fahrerflucht. Aber das hier sieht eher nach anderer Gewaltanwendung aus.«
Wallander blickte sich um. Die Landstraße lag verlassen. »Wer läuft nachts hier herum?« fragte er.
Der Mann hatte schwere Gesichtsverletzungen. Er röchelte schwach.
»Wir müssen los«, sagte der Fahrer des Krankenwagens. »Ich glaube, das hier könnte eilig sein. Vielleicht hat er innere Verletzungen.«
Der Krankenwagen verschwand. Sie untersuchten den Platz im Licht der Scheinwerfer von Svedbergs Wagen. Kurz danach kam eine Nachtstreife aus Ystad. Svedberg und Wallander hatten nichts gefunden. Nicht die geringste Bremsspur. Svedberg teilte den eben angekommenen Polizisten mit, was geschehen war. |387| Dann fuhren Wallander und er nach Ystad zurück. Es war stürmisch geworden. Svedberg konnte in seinem Wagen die Außentemperatur ablesen. Drei Grad plus.
»Das hier ist bestimmt etwas anderes«, sagte Wallander. »Wenn du mich am Krankenhaus absetzt, kannst du nach Hause fahren und eine Weile schlafen. Dann ist einer von uns morgen früh weniger müde.«
»Wo soll ich dich abholen?« fragte Svedberg.
»In der Mariagatan. Sagen wir um sechs. Martinsson ist früh auf. Ruf ihn an, erzähl ihm, was los ist. Sag ihm, er soll mit Nyberg über die Plastikklemme reden. Sag ihm, daß wir nach Lund fahren.«
Zum zweitenmal in dieser Nacht stand Wallander vor der Notaufnahme des Krankenhauses. Als er hineinkam, wurde der Verletzte gerade behandelt. Wallander
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