Wallander 06 - Die fünfte Frau
sehr alt. Aber klar im Kopf. Er hatte nichts dagegen, zu sagen, was er von Holger Eriksson hielt. Offenbar hatte er immer Schwierigkeiten, die Bezahlung für den Druck der Bücher zu bekommen.«
»Hatte er etwas zu sagen, wovon wir noch nichts wußten?«
»Holger Eriksson scheint seit den Nachkriegsjahren regelmäßig Reisen nach Polen unternommen zu haben. Er hat das Elend dort ausgenutzt, um sich Frauen zu kaufen. Und dann, wenn er nach Hause kam, pflegte er mit seinen Eroberungen zu prahlen. Dieser alte Drucker hat wirklich kein Blatt vor den Mund genommen.«
|485| Wallander erinnerte sich daran, was Sven Tyrén bei einem ihrer ersten Gespräche erwähnt hatte. Nun wurde es bestätigt. Krista Haberman war also nicht die einzige polnische Frau in Holger Erikssons Leben.
»Svedberg hat überlegt, ob es sich lohnt, mit der Polizei in Polen Kontakt aufzunehmen«, sagte Martinsson.
»Vielleicht«, sagte Wallander. »Aber vorläufig warten wir erst einmal ab.«
»Es ist noch etwas«, sagte Martinsson. »Ich reiche dich mal an Hansson weiter.«
Es knarrte im Hörer. Dann hörte Wallander Hanssons Stimme. »Ich glaube, ich habe ein ziemlich klares Bild davon, wer Holger Erikssons Boden bestellt hat«, begann er. »Das Ganze zeichnet sich vor allem durch eins aus.«
»Wodurch?«
»Ununterbrochenen Streit. Wenn ich meinen Informanten glauben kann, hatte Holger Eriksson eine enorme Fähigkeit, sich bei den Leuten unbeliebt zu machen. Man könnte meinen, daß das die größte Leidenschaft in seinem Leben war. Sich ständig neue Feinde zu schaffen.«
»Der Boden«, sagte Wallander ungeduldig.
Hanssons Stimme veränderte sich, als er antwortete. Sie war ernster geworden. »Der Graben«, sagte Hansson, »wo wir Holger Eriksson gefunden haben.«
»Was ist damit?«
»Der war ursprünglich nicht da. Er wurde später angelegt. Keiner hat eigentlich verstanden, wofür Holger Eriksson ihn brauchte. Für die Drainage war er nicht nötig. Die Erde wurde auf den Hügel gebracht. Wo der Turm steht.«
»An einen Graben hatte ich nicht gedacht«, sagte Wallander. »Es wirkt nicht wahrscheinlich, daß der etwas mit einem eventuellen Grab zu tun hat.«
»Das war auch mein erster Gedanke«, sagte Hansson. »Aber dann kam etwas dazu, was mich meine Meinung hat ändern lassen.«
Wallander hielt den Atem an.
»Der Graben wurde 1967 ausgehoben. Der Bauer, mit dem ich |486| gesprochen habe, war seiner Sache sicher. Er entstand im Spätherbst 1967.«
»Das bedeutet also, daß der Graben ungefähr zu der Zeit ausgehoben wurde, als Krista Haberman verschwand«, sagte Wallander.
»Mein Bauer war noch präziser. Er war sicher, daß er Ende Oktober gegraben wurde. Er konnte sich daran erinnern, weil am letzten Oktober 1967 in Lödinge eine Hochzeit gefeiert wurde. Wenn wir von dem Datum ausgehen, an dem Krista Haberman zum letztenmal lebend gesehen wurde, dann passen die Zeiten exakt zusammen. Eine Autofahrt herunter von Svenstavik. Er tötet sie. Vergräbt sie. Ein Graben entsteht. Ein Graben, der eigentlich nicht gebraucht wird.«
»Gut«, sagte Wallander. »Das bedeutet etwas.«
»Wenn sie da ist, dann weiß ich, wo wir anfangen müssen zu suchen«, fuhr Hansson fort. »Der Bauer behauptet, daß sie mit dem Graben unmittelbar südöstlich vom Hügel begonnen haben. Eriksson hatte einen Bagger gemietet. Die ersten Tage hat er selbst gegraben. Den Rest hat er andere machen lassen.«
»Dann fangen wir da an«, sagte Wallander und spürte, wie seine Beklommenheit wuchs. Am liebsten wäre ihm gewesen, wenn er sich irrte. Aber jetzt war er sicher, daß Krista Haberman irgendwo in der Nähe der Stelle lag, die Hansson beschrieben hatte.
»Wir fangen morgen an«, fuhr Wallander fort. »Ich möchte, daß du alles vorbereitest.«
»Es wird unmöglich sein, das geheimzuhalten«, sagte Hansson.
»Wir müssen es auf jeden Fall versuchen«, sagte Wallander. »Bitte sprich mit Lisa Holgersson darüber. Mit Per Åkesson und den anderen.«
»Eins frage ich mich«, sagte Hansson nachdenklich, »wenn wir sie nun finden; was beweist das eigentlich? Daß Holger Eriksson sie getötet hat? Davon können wir ausgehen, auch wenn wir die Schuld eines toten Mannes nie beweisen können. Auch in diesem Fall nicht. Aber was bedeutet es eigentlich für die Mordermittlung, mit der wir es zu tun haben?«
Die Frage war mehr als berechtigt.
|487| »In erster Linie bekommen wir die Bestätigung, daß wir auf dem richtigen Weg sind«, sagte Wallander. »Daß
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