Wallander 06 - Die fünfte Frau
vorbereitet.
»Frau Taxell. Wir benötigen Ihre Hilfe, um Antwort auf einige Fragen zu bekommen, die Katarina betreffen.«
»Wie sollte sie etwas über diese schrecklichen Morde wissen? Sie hat gerade erst ein Kind bekommen.«
»Wir glauben nicht, daß sie in irgendeiner Weise darin verwickelt ist«, sagte Wallander freundlich. »Aber wir sind gezwungen, von allen Seiten Informationen zusammenzutragen.«
»Was sollte sie denn wissen?«
»Ich hoffe, daß Sie uns das beantworten können.«
»Können Sie sie nicht lieber suchen? Ich verstehe überhaupt nicht, was los ist.«
»Ich glaube absolut nicht, daß sie in Gefahr ist«, sagte Wallander, vermochte aber seinen Zweifel nicht ganz zu verbergen.
»So etwas hat sie noch nie gemacht.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wo sie sich befinden könnte?«
»Nein. Es ist mir unbegreiflich.«
»Katarina hat vielleicht viele Freunde?«
»Hat sie nicht. Aber die, die sie hat, stehen ihr nahe. Ich begreife nicht, wo sie sein kann.«
»Vielleicht gibt es jemand, den sie nicht so häufig trifft? Jemand, den sie erst kürzlich kennengelernt hat?«
|478| »Wer sollte das sein?«
»Oder vielleicht jemand, den sie früher näher gekannt hat und zu dem sie jetzt wieder Kontakt aufgenommen hat?«
»Das wüßte ich. Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander. Viel besser, als es zwischen Müttern und Töchtern sonst so ist.«
»Ich glaube auch nicht, daß es Geheimnisse zwischen Ihnen gab«, sagte Wallander geduldig. »Aber es ist sehr selten, daß man von einem anderen Menschen alles weiß. Wissen Sie zum Beispiel, wer der Vater von Katarinas Kind ist?«
Wallander hatte nicht beabsichtigt, sie mit der Frage zu schockieren, aber sie zuckte zusammen.
»Ich habe versucht, mit ihr darüber zu sprechen«, sagte sie. »Aber sie wollte nicht.«
»Sie wissen also nicht, wer es ist? Sie haben auch keine Vermutung?«
»Ich wußte nicht einmal, daß sie mit einem Mann eine Beziehung hatte.«
»Aber Sie wußten, daß sie mit Eugen Blomberg zusammen war?«
»Das wußte ich. Aber ich mochte ihn nicht.«
»Warum nicht? Weil er schon verheiratet war?«
»Das habe ich erst erfahren, als ich die Todesanzeige in der Zeitung las. Es war ein Schock.«
»Warum mochten Sie ihn nicht?«
»Ich weiß nicht. Er war mir unangenehm.«
»Wußten Sie, daß er Katarina mißhandelt hat?«
Ihr Entsetzen war ganz und gar echt. Einen Moment lang tat sie Wallander leid. Für sie brach eine Welt zusammen. Sie mußte jetzt einsehen, daß es vieles gab, was sie über ihre Tochter nicht wußte. Daß die Vertrautheit, an die sie geglaubt hatte, kaum mehr war als eine äußere Hülle, auf jeden Fall aber sehr begrenzt.
»Sollte er sie geschlagen haben?«
»Schlimmer. Er hat sie auf verschiedene Weise mißhandelt.«
Sie sah ihn ungläubig an. Aber sie spürte, daß er die Wahrheit sagte. Sie konnte sich nicht dagegen wehren.
»Ich glaube auch, daß es möglich ist, daß Eugen Blomberg der |479| Vater ihres Kindes ist. Obwohl sie miteinander gebrochen hatten.«
Sie schüttelte langsam den Kopf. Aber sie sagte nichts. Wallander fürchtete, daß sie wieder zusammenbrechen könnte. Er blickte Ann-Britt Höglund an. Sie nickte. Er deutete das so, daß er weiterfragen konnte. Birch stand unbeweglich im Hintergrund.
»Katarinas Freunde«, sagte Wallander. »Wir müssen sie treffen und mit ihnen sprechen.«
»Ich habe doch schon gesagt, wer sie sind. Und Sie haben schon mit ihnen gesprochen.«
Sie zählte drei Namen auf. Birch nickte im Hintergrund.
»Sonst niemand?«
»Nein.«
»Ist sie Mitglied in einer Vereinigung?«
»Nein.«
»Hat sie Auslandsreisen gemacht?«
»Wir verreisen einmal im Jahr zusammen. Meistens in den Schulferien im Februar. Nach Madeira, Marokko, Tunesien.«
»Hat sie keine Hobbys?«
»Sie liest viel. Hört gern Musik. Aber ihre Firma für Haarpflegemittel beansprucht ihre meiste Zeit. Sie arbeitet viel.«
»Sonst nichts?«
»Sie hat manchmal Badminton gespielt.«
»Mit wem? Mit einer von den drei Freundinnen?«
»Mit einer Lehrerin. Ich glaube, sie hieß Carlman. Aber ich habe sie nie gesehen.«
Wallander wußte nicht, ob es wichtig war. Aber es war immerhin ein neuer Name. »Arbeiten sie an derselben Schule?«
»Jetzt nicht mehr. Aber früher. Vor ein paar Jahren.«
»Sie erinnern sich nicht an ihren Vornamen?«
»Ich bin ihr nie begegnet.«
»Und wo spielten sie?«
»Im Victoriastadion. Das liegt so nah, daß sie von ihrer Wohnung zu Fuß hingehen konnte.«
Birch
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