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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Staatsanwaltskanzlei an, die in einem anderen Teil des Polizeipräsidiums untergebracht war. Man teilte ihm mit, daß Åkesson den Tag über in Malmö sei. Wallander legte den Zettel zur Seite und holte sich eine Tasse Kaffee. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und versuchte, sich eine Strategie zurechtzulegen, wie er in der Autoschmuggelgeschichte vorgehen könnte. Er mußte etwas unternehmen. Jede Form von organisiertem Verbrechen hatte in der Regel einen schwachen Punkt, ein Glied, das man knacken konnte, wenn man es schwer genug belastete. Wollte die Polizei auch nur die geringste Chance wahrnehmen, den Schmugglern auf die Schliche zu kommen, mußte sie sich darauf konzentrieren, genau diesen Punkt zu finden.
    Das Klingeln des Telefons unterbrach ihn bei seinen Überlegungen. |70| Es war Lisa Holgersson, die neue Chefin, die ihn nach seinem Urlaub am Arbeitsplatz willkommen hieß.
    »Wie war die Reise?« fragte sie.
    »Sehr gelungen«, antwortete Wallander
    »Man entdeckt seine Eltern wieder neu«, sagte sie.
    »Und die ihrerseits sehen vielleicht ihre Kinder neu«, sagte Wallander.
    Sie entschuldigte sich kurz. Wallander hörte, wie jemand in ihr Zimmer kam und etwas sagte. Er dachte, daß Björk nie auf den Gedanken gekommen wäre, zu fragen, wie die Reise gewesen sei. Dann war sie wieder am Hörer.
    »Ich war ein paar Tage in Stockholm«, sagte sie. »Und es war nicht sehr erfreulich.«
    »Was haben sie denn jetzt ausgeheckt?«
    »Ich meine die Estonia. All die Polizisten, die umgekommen sind.«
    Wallander schwieg. Er hätte selbst daran denken müssen.
    »Ich glaube, du kannst dir vorstellen, wie die Stimmung war«, fuhr sie fort. »Wie hätten wir da sitzen und über die Koordinationsprobleme zwischen der Reichskriminalpolizei und den Polizeidistrikten im Lande diskutieren können?«
    »Wir sind wohl genauso hilflos angesichts des Todes wie alle anderen«, sagte Wallander. »Auch wenn es vielleicht anders sein sollte. Weil wir soviel gesehen haben. Wir glauben, daß wir daran gewöhnt sind. Aber so ist es nicht.«
    »Eine Fähre geht unter in einer stürmischen Nacht, und plötzlich wird in Schweden der Tod wieder sichtbar«, sagte sie. »Nachdem er immer mehr verdrängt und geleugnet worden ist.«
    »Du hast sicher recht. Auch wenn ich es bisher so nicht gesehen habe.«
    Sie räusperte sich. Dann sagte sie: »Wir haben über Koordinationsprobleme diskutiert und über die ewige Frage, was wir vorrangig behandeln sollen.«
    »Ich meine, wir sollten Verbrecher fassen«, sagte Wallander, »und sie vor Gericht bringen und zusehen, daß wir genügend Beweismaterial haben, damit sie verurteilt werden.«
    »Wenn es so einfach wäre«, seufzte sie.
    |71| »Ich bin froh, daß ich nicht Chef bin«, sagte Wallander.
    »Manchmal frage ich mich selbst«, sagte sie und ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen. Wallander glaubte, daß sie das Gespräch beenden wolle, aber sie fuhr fort: »Ich habe zugesagt, daß du Anfang Dezember zur Polizeihochschule raufkommst. Sie wollen, daß du über die Ermittlung referierst, die wir im Sommer hier hatten. Wenn ich recht verstehe, haben die Schüler selbst darum gebeten.«
    Wallander erschrak. »Ich kann nicht«, sagte er. »Ich bin nicht in der Lage, vor einer Gruppe von Menschen zu stehen und so zu tun, als ob ich unterrichte. Laß das Martinsson machen. Der kann gut reden. Er wollte mal Politiker werden.«
    »Ich habe versprochen, daß du kommst«, sagte sie und lachte. »Das kriegst du schon hin.«
    »Ich melde mich krank«, sagte Wallander.
    »Es ist noch lange hin bis zum Dezember«, sagte sie. »Wir reden noch einmal darüber. Ich wollte eigentlich nur hören, wie deine Reise war. Jetzt weiß ich, daß sie gelungen war.«
    »Und hier ist alles ruhig«, sagte Wallander. »Wir haben nur einen Vermißten. Aber das haben die anderen in die Hand genommen.«
    »Einen Vermißten?«
    Wallander gab einen kurzen Bericht über sein Gespräch mit Sven Tyrén und dessen Besorgnis, weil Holger Eriksson nicht zu Hause war, um sein Heizöl entgegenzunehmen.
    »Wie häufig ist eigentlich etwas Ernstes passiert«, fragte sie anschließend, »wenn Menschen verschwinden? Was sagt die Statistik?«
    »Was die sagt, weiß ich nicht«, antwortete Wallander. »Aber ich weiß, daß sehr selten ein Verbrechen oder auch nur ein Unglück vorliegt. Was alte und senile Menschen betrifft, so können sie sich verirrt haben. Was Jugendliche betrifft, so steckt meistens Aufruhr gegen die Eltern

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