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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte etwas an sich, was ihm ausgesprochen zuwider war.
    »Dann lade ich Sie in der nächsten Zeit jeden Tag vor. Und ich werde beim Staatsanwalt einen Durchsuchungsbefehl für Ihr Haus beantragen.«
    »Und was wollen Sie da finden?«
    »Das gehört nicht hierher. Aber ist Ihnen klar, was Sache ist?« Wallander sah ein, daß er ein riskantes Spiel spielte. Sven Tyrén konnte ihn durchschauen. Aber offenbar zog er es vor, zu tun, was Wallander verlangte.
    »Holger war ein friedlicher Mensch. Auch wenn er hart sein konnte, wenn es um Geschäfte ging. Aber über Söldner hat er nie gesprochen. Auch wenn er das sicher hätte tun können.«
    »Was meinen Sie damit? Daß er es sicher hätte tun können?«
    »Söldner kämpfen doch gegen Revolutionäre und Kommunisten? Und Holger war konservativ, kann man sagen. Gelinde gesagt.«
    »Inwiefern konservativ?«
    »Er fand, daß die ganze Entwicklung der Gesellschaft beschissen war. Er fand, daß man die Prügelstrafe wieder einführen und Mörder aufhängen sollte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann kriegte der, der ihn umgebracht hat, einen Strick um den Hals.«
    »Und darüber hat er mit Ihnen gesprochen?«
    |153| »Darüber hat er mit allen gesprochen. Er stand zu seinen Ansichten.«
    »Hatte er Kontakt mit irgendeiner konservativen Organisation?«
    »Wie soll ich das wissen?«
    »Wenn Sie das eine wissen, wissen Sie vielleicht auch das andere. Antworten Sie auf meine Frage.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Keine Neonazis?«
    »Weiß nicht.«
    »War er selbst Nazi?«
    »Ich weiß nichts über die. Er fand, daß die Gesellschaft dabei war, vor die Hunde zu gehen. Für ihn gab es keinen Unterschied zwischen Sozis und Kommunisten. Die Folkparti war so ungefähr das Radikalste, was er akzeptieren konnte.«
    Wallander dachte einen Augenblick nach über das, was Tyrén gesagt hatte. Es vertiefte und veränderte das Bild, das er sich bisher von Holger Eriksson gemacht hatte. Er war offensichtlich ein ungewöhnlich komplexer und widersprüchlicher Mensch. Dichter und ultrakonservativ, Vogelbeobachter und Befürworter der Todesstrafe. Wallander erinnerte sich an das Gedicht auf dem Schreibtisch, in dem Holger Eriksson um einen Vogel trauerte, der im Begriff war, aus dem Land zu verschwinden. Aber Schwerverbrecher sollte man hängen.
    »Hat er je mit Ihnen darüber gesprochen, daß er Feinde hatte?«
    »Das haben Sie schon mal gefragt.«
    »Ich weiß. Aber ich frage noch einmal.«
    »Er hat das nie offen gesagt. Aber nachts hat er seine Türen ordentlich verrammelt.«
    »Warum das?«
    »Weil er Feinde hatte.«
    »Aber Sie wissen nicht, welche?«
    »Nein.«
    »Sagte er, warum er Feinde hatte?«
    »Er hat nie gesagt, daß er Feinde hatte. Das sage ich. Wie oft soll ich das noch wiederholen?«
    |154| Wallander hob warnend die Hand. »Wenn es mir paßt, kann ich die nächsten fünf Jahre jeden Tag die gleiche Frage stellen. Keine Feinde? Aber nachts schloß er sich ein?«
    »Ja.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Er hat es gesagt. Wieso sollte ich es sonst wissen, verflucht? Ich bin nicht hingefahren und habe nachts an seinen Türen gerüttelt! In Schweden kann man heutzutage niemandem trauen. So hat er gesagt.«
    Wallander beschloß, das Gespräch mit Sven Tyrén fürs erste zu beenden. Es würde sich schon noch eine weitere Gelegenheit ergeben. Er hatte auch das bestimmte Gefühl, daß Tyrén mehr wußte, als er aussprach. Doch Wallander mußte behutsam vorgehen. Wenn er Tyrén in eine Ecke drängte, würde es schwer sein, ihn wieder hervorzulocken.
    »Ich glaube, wir lassen es bis auf weiteres dabei bewenden«, sagte Wallander.
    »Bis auf weiteres? Soll das heißen, daß ich noch mal kommen muß? Und wann soll ich meine Arbeit machen?«
    »Wir melden uns. Danke, daß Sie gekommen sind«, sagte Wallander und stand auf. Er streckte ihm die Hand hin.
    Die Freundlichkeit verblüffte Tyrén. Er hatte einen kräftigen Händedruck.
    »Ich glaube, Sie finden allein raus«, sagte Wallander.
    Als Tyrén gegangen war, rief er Hansson an. Er hatte Glück und bekam ihn sofort zu fassen. »Sven Tyrén«, sagte er. »Der den Tanklaster fährt. Von dem du angenommen hast, er wäre in irgendwelche Körperverletzungsgeschichten verwickelt. Erinnerst du dich?«
    »Ja.«
    »Sieh mal nach, was du über ihn finden kannst.«
    »Ist es eilig?«
    »Nicht mehr als anderes. Aber auch nicht weniger.«
    Hansson versprach, sich der Sache anzunehmen.
    Es war zehn geworden. Wallander holte Kaffee. Dann schrieb er ein

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