Wallander 06 - Die fünfte Frau
Wallander vermutete, daß es höchstens acht Grad plus waren. In der Tür des Polizeigebäudes stieß er mit Svedberg zusammen, der auf dem Weg nach draußen war. Er erinnerte sich, daß er ein Papier hatte, das Svedberg gehörte. »Ich habe aus Versehen nach einer Sitzung neulich ein paar Aufzeichnungen von dir eingesteckt«, sagte er.
Svedberg verstand nicht. »Ich vermisse nichts.«
»Es waren Aufzeichnungen über eine Frau, die sich auf der Entbindungsstation sonderbar aufgeführt hat.«
»Das kannst du wegwerfen«, sagte Svedberg. »Da hat jemand Gespenster gesehen.«
»Wegwerfen kannst du es selbst«, sagte Wallander. »Ich lege es auf deinen Tisch.«
|148| »Wir machen weiter mit den Leuten in Erikssons Nachbarschaft«, sagte Svedberg. »Ich setze mich auch mit dem Landbriefträger zusammen.«
Wallander nickte. Dann ging jeder in seine Richtung.
Als Wallander in sein Zimmer kam, hatte er Svedbergs Papier schon wieder vergessen. Er nahm Harald Berggrens Tagebuch aus der Innentasche seiner Jacke und legte es in eine Schreibtischschublade. Das Foto mit den drei Männern, die vor dem Termitenhügel posierten, ließ er auf dem Tisch liegen. Während er auf Sven Tyrén wartete, sah er schnell ein paar Papiere durch, die ihm die anderen aus seiner Fahndungsgruppe hingelegt hatten. Um Viertel vor neun holte er Kaffee. Ann-Britt Höglund kam vorbei und berichtete, daß Gösta Runfelt jetzt registriert war und formell als dringender Fall behandelt wurde.
»Ich habe mit einem von Runfelts Nachbarn gesprochen«, sagte sie. »Einem Gymnasiallehrer, der sehr vertrauenerweckend wirkte. Er behauptete, Runfelt am Dienstag abend in seiner Wohnung gehört zu haben. Aber danach nicht mehr.«
»Was darauf schließen läßt, daß er sich da also trotz allem auf den Weg gemacht hat«, sagte Wallander. »Aber nicht nach Nairobi.«
»Ich habe diesen Nachbarn gefragt, ob ihm an Runfelt irgend etwas aufgefallen sei«, sagte sie. »Aber er schien ein zurückgezogener Mann mit regelmäßigen Gewohnheiten gewesen zu sein. Höflich, aber nicht mehr. Außerdem bekam er selten Besuch. Das einzig Bemerkenswerte war, daß Runfelt manchmal sehr spät nachts nach Hause kam. Dieser Lehrer wohnt in der Wohnung unter Runfelts. Und das Haus ist sehr hellhörig. Ich glaube, man kann sich auf das, was er sagt, verlassen.«
Wallander blieb mit dem Kaffeebecher in der Hand stehen und dachte nach über das, was sie gesagt hatte. »Wir müssen uns mit dem Inhalt des Kartons befassen«, sagte er. »Es wäre gut, wenn schon heute jemand bei der Versandfirma anriefe. Außerdem hoffe ich, daß die Kollegen in Borås benachrichtigt sind. Wie hieß die Firma? Secur? Nyberg weiß es. Wir müssen rausfinden, ob Runfelt früher schon andere Sachen da gekauft hat. Er muß die Dinge ja bestellt haben, um sie irgendwo irgendwie zu benutzen.«
|149| »Abhörausrüstung«, sagte sie. »Fingerabdrücke? Wer ist daran interessiert? Wer benutzt so was?«
»Wir tun es.«
»Aber wer noch?«
Wallander sah, daß sie an etwas Bestimmtes dachte. »Eine Abhöranlage kann natürlich von Leuten benutzt werden, die unerlaubte Dinge treiben.«
»Ich dachte mehr an die Fingerabdrücke.«
Wallander nickte. Jetzt begriff er. »Ein Privatdetektiv«, sagte er. »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Aber Gösta Runfelt ist Blumenhändler, der sich mit Orchideen beschäftigt.«
»Es war auch nur ein Einfall«, sagte sie. »Ich rufe die Versandfirma selbst an.«
Wallander ging in sein Zimmer. Das Telefon klingelte. Es war Ebba. Sven Tyrén war in der Anmeldung.
»Er hat hoffentlich seinen Tanklaster nicht vor die Einfahrt gestellt?« fragte Wallander. »Dann dreht Hansson durch.«
»Hier steht kein Laster«, sagte Ebba. »Kommst du und holst ihn ab? Außerdem wollte Martinsson mit dir sprechen.«
»Wo ist er?«
»In seinem Zimmer, nehm ich an.«
»Bitte Sven Tyrén, ein paar Minuten zu warten, während ich mit Martinsson rede.«
Martinsson telefonierte, als Wallander in sein Zimmer kam. Er beendete das Gespräch in aller Eile. Wallander nahm an, daß seine Frau angerufen hatte. Sie sprach täglich unzählige Male mit ihrem Mann. Keiner wußte, worüber.
»Ich habe die Gerichtsmediziner in Lund erreicht«, sagte er. »Es gibt eine Reihe vorläufiger Ergebnisse. Das Problem ist, daß sie Schwierigkeiten haben, uns zu sagen, was wir am dringendsten wissen möchten.«
»Wann er starb?«
Martinsson nickte. »Keiner von diesen Bambusstäben ist direkt durchs Herz
Weitere Kostenlose Bücher