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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gleichen Ausgangspunkt zurück.
    Er mußte etwas erfahren, von dem ihr wahrscheinlich selbst nicht klar war, daß sie es wußte.
    Sie hatte auf der großen verglasten Veranda, die an einer Giebelseite angebaut war, den Tisch gedeckt. Sie fragte, was er trinken wolle. Er bat um Wasser. Sie selbst trank Wein. Wallander fragte sich, ob die Gefahr bestand, daß sie betrunken wurde. Dann würde nicht viel aus dem Gespräch werden. Doch sie trank während der Mahlzeit nur ein einziges Glas. Sie aßen schweigend. Dann kochte sie Kaffee. Sie schüttelte den Kopf, als Wallander abzudecken begann. In einer Ecke der Veranda stand eine Sitzgruppe. Durchs Fenster konnte er zum Anlegesteg hinuntersehen. Ein Segelboot mit schlaffen Segeln glitt langsam vorbei.
    »Hier ist es schön«, sagte er. »Diesen Teil von Schweden habe ich noch nie gesehen.«
    »Sie haben es vor bald dreißig Jahren gekauft«, erwiderte Isa. »Sie behaupten, sie hätten mich hier draußen gezeugt. Ich bin im Februar geboren. Es könnte also stimmen. Sie kauften das Haus von einem alten Paar, das sein ganzes Leben hier verbracht hatte. Wie mein Vater davon hörte, weiß ich nicht. Aber er fuhr eines Tages |290| mit einer Tasche voller Hundertkronenscheine hier heraus. In einem Koffer kann es beeindruckend aussehen, aber es braucht deswegen keine schwindelerregende Summe zu sein. Keiner von den beiden Alten hatte natürlich je so viel Geld auf einmal gesehen. Es dauerte ein paar Monate, sie zu überzeugen. Dann unterschrieben sie. Die Summe sollte geheim bleiben. Aber natürlich bekam mein Vater das hier für so gut wie nichts.«
    »Du meinst, er hat sie übers Ohr gehauen?«
    »Ich meine, daß mein Vater immer ein Schurke war.«
    »Wenn alles mit rechten Dingen zuging, ist man nicht notwendigerweise ein Schurke. Dann kann man ein cleverer Geschäftsmann sein.«
    »Mein Vater hat weltweit Geschäfte gemacht. Er hat in Afrika Diamanten und Elfenbein geschmuggelt. Niemand weiß genau, womit er sich abgegeben hat. Jetzt kommen manchmal Russen zu Besuch nach Skårby. Und keiner redet mir ein, daß die Geschäfte, mit denen sie sich befassen, legal sind.«
    »Soweit ich weiß, hat er nie mit uns zu tun gehabt«, sagte Wallander.
    »Er ist clever«, gab sie zurück. »Und hartnäckig. Man kann ihm vieles vorwerfen, aber nicht, daß er faul ist. Rücksichtslose Menschen haben nie Zeit, um sich auszuruhen.«
    Wallander setzte die Kaffeetasse ab. »Lassen wir einmal deinen Vater beiseite«, sagte er. »Reden wir statt dessen über dich. Deswegen bin ich ja hier. Die Reise war lang. Und heute abend fahren wir zurück.«
    »Wie kommen Sie darauf, ich könnte mit Ihnen fahren?«
    Wallander betrachtete sie lange, bevor er antwortete. »Drei deiner engsten Freunde sind ermordet worden. Du wärest dabeigewesen, als es geschah. Wenn du nicht krank geworden wärst. Und was das bedeutet, verstehst du so gut wie ich.«
    Sie kauerte sich im Sessel zusammen. Wallander sah, daß sie Angst hatte.
    »Weil wir nicht wissen, warum es geschehen ist, müssen wir vorsichtig sein«, fuhr er fort.
    Endlich verstand sie, was er meinte. »Sie denken, ich wäre in Gefahr?«
    |291| »Das ist nicht auszuschließen. Wir haben kein Motiv. Da müssen wir also mit allen Möglichkeiten rechnen.«
    »Aber warum sollte jemand mich umbringen wollen?«
    »Warum sollte jemand deine Freunde umbringen wollen? Martin, Lena und Astrid.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das nicht«, sagte sie.
    Wallander rückte seinen Sessel näher zu ihr hin. »Trotzdem bist du diejenige, die uns helfen kann«, sagte er. »Wir müssen den, der das getan hat, fassen. Um jemanden fassen zu können, müssen wir wissen, warum es passiert ist. Du kannst uns dabei helfen.«
    »Aber es ist doch vollkommen unbegreiflich.«
    »Du mußt nachdenken«, sagte Wallander. »Zurückdenken. Wer kann euch als Gruppe haben töten wollen? Was vereint euch? Warum? Irgendwo gibt es eine Antwort. Es muß eine geben.«
    Dann wechselte er abrupt die Spur. Sie hatte jetzt angefangen, ihm zuzuhören. Er wollte die Gelegenheit nutzen.
    »Du mußt mir auf meine Fragen antworten«, fuhr er fort. »Und du mußt die Wahrheit sagen. Ich merke sowieso, wenn du lügst. Und das möchte ich nicht.«
    »Warum sollte ich lügen?«
    »Als ich dich fand, warst du im Begriff zu sterben. Warum hast du versucht, dir das Leben zu nehmen? Wußtest du schon, was deinen Freunden passiert war?«
    Sie blickte ihn verwundert an. »Woher hätte ich das wissen

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