Wallander 07 - Mittsommermord
privaten Anlegebrücke entwendet.«
»Viel Zeit hatte er nicht«, meinte Wallander. »Isa ist gestern früh aus dem Krankenhaus abgehauen.«
»Diebe, die wenig Zeit haben, sind am leichtesten aufzuspüren«, sagte Lundström.
Sie waren zum Anlegesteg hinuntergekommen. Lundström sprach mit einem Polizisten, der eine Festmacherleine nachspannte. Wallander hörte, daß es um das Boot ging, das vermutlich gestohlen worden war.
|303| Sie blieben im Windschatten des Bootsschuppens stehen.
»Eigentlich gibt es keinen Grund, dich hierzubehalten«, sagte Lundström. »Ich nehme an, du willst jetzt vor allem nach Hause.«
Wallander verspürte plötzlich das Bedürfnis anzusprechen, was er fühlte.
»Es hätte nicht passieren dürfen«, sagte er. »Ich fühle mich mitschuldig. Wir hätten gestern gleich abreisen sollen. Und jetzt ist sie tot.«
»Ich hätte genauso gehandelt«, entgegnete Lundström. »Hierher ist sie geflohen. In dieser Umgebung konntest du sie dazu bringen, zu reden. Du konntest nicht wissen, was passieren würde.«
Wallander schüttelte den Kopf. »Ich hätte die Gefahr erkennen müssen.«
Sie gingen wieder zum Haus hinauf. Lundström versprach, sich persönlich darum zu kümmern, daß es zwischen Norrköping und Ystad keine Kooperationsprobleme geben würde.
»Der eine oder andere wird sicher bemängeln, daß wir nicht über deine Reise informiert waren. Aber ich werde dafür sorgen, daß man es auf sich beruhen läßt.«
Wallander holte seine Tasche. Sie gingen wieder zum Anleger hinunter. Das Boot der Küstenwache sollte Wallander zum Festland hinüberfahren. Lundström stand auf dem Steg und sah dem Boot nach. Wallander hob die Hand zum Abschied.
Er stellte seine Tasche in den Wagen und ging zur Hafenaufsicht, um seine Parkgebühr zu bezahlen. Als er wieder auf den Kai hinauskam, lief Westin gerade mit seinem Boot ein. Wallander ging zur Pier und wartete auf ihn. Westin war ernst, als er an Land stieg.
»Ich nehme an, Sie haben es gehört«, sagte Wallander.
»Isa ist tot.«
»Ich bin in der Nacht davon aufgewacht, daß sie schrie. Aber es war schon alles zu spät.«
Westin sah ihn fragend an. »Es wäre also nicht passiert, wenn Sie gestern zurückgekommen wären?«
Da war sie, die Anklage, dachte Wallander. Gegen die ich mich schlecht wehren kann.
|304| Er griff nach seiner Brieftasche. »Wieviel schulde ich Ihnen für die Fahrt gestern?«
»Nichts«, entgegnete Westin und wandte sich wieder seinem Boot zu. Im selben Augenblick fiel Wallander ein, daß er ihn noch etwas fragen wollte.
»Noch eine Sache«, sagte er.
Westin blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
»Zwischen dem 19. und 22. Juli hatten Sie einen Passagier nach Bärnsö, glaube ich.«
»Im Juli habe ich jeden Tag Passagiere.«
»Einen Polizeibeamten«, sagte Wallander. »Karl Evert Svedberg. Er spricht noch breiteres Schonisch als ich. Können Sie sich an ihn erinnern?«
»Trug er Uniform?«
»Ganz sicher nicht.«
»Können Sie ihn beschreiben?«
»Fast Vollglatze. Ungefähr meine Größe. Kräftig. Aber nicht dick.«
Westin dachte nach. »Zwischen dem 19. und 22. Juli?«
»Wahrscheinlich fuhr er am Nachmittag oder Abend des 19. raus. Wann er zurückfuhr, weiß ich nicht. Aber spätestens am 22.«
»Ich muß nachsehen«, sagte Westin. »Vielleicht habe ich es notiert. Aber auf Anhieb erinnere ich mich nicht an ihn.«
Wallander folgte ihm zu seinem Boot. Westin suchte einen Kalender unter der Seekarte hervor. Er kam aus dem Steuerhaus. »Hier steht nichts«, sagte er. »Aber ich habe eine ganz schwache Erinnerung, daß er an Bord war. Es waren so viele Menschen in den Tagen. Es kann sein, ich verwechsle ihn mit einem anderen.«
»Haben Sie Fax?« fragte Wallander. »Wir können ein Bild von ihm schicken.«
»Ich habe Fax in der Post.«
Wallander überlegte, daß es noch eine andere Möglichkeit gab. »Vielleicht haben Sie schon ein Bild von ihm gesehen«, sagte er. »In der Zeitung oder im Fernsehen. Es ist der Polizist, der vor einigen Tagen in Ystad ermordet worden ist.«
Westin legte die Stirn in Falten. »Davon habe ich gehört«, sagte er. »Aber an ein Bild von ihm kann ich mich nicht erinnern.«
|305| »Dann kommt es per Fax«, sagte Wallander. »Wenn Sie mir Ihre Nummer geben.«
Westin schrieb die Nummer auf ein Kalenderblatt und riß es heraus.
»Können Sie sich erinnern, ob Isa zwischen dem 19. und dem 22. auf Bärnsö war?«
»Nein. Aber sie ist diesen Sommer ziemlich viel
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