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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sollen, und sei es nur, um es Linda zu schenken. Aber er wußte, daß es bereits zu spät war.
    Um zehn nach acht klingelte er an der Tür zu Stridhs Wohnung in der Cardellgata. Erst beim dritten Klingeln wurde die Tür geöffnet. Stridh war an die sechzig und unrasiert. Ein Hemdzipfel schaute aus dem offenen Hosenschlitz hervor, und er roch nach Wermut.
    »Ich will die Polizeimarke sehen«, sagte er feindselig.
    »Ich nehme an, Sie meinen einen Ausweis«, sagte Wallander und hielt Stridh seinen Polizeiausweis hin.
    Sie kamen in eine Wohnung, die mindestens ebenso unaufgeräumt war wie Wallanders eigene. Zwei Katzen betrachteten ihn mißtrauisch. Wallander sah sogleich, daß Stridh Spieler war. Überall lagen alte Exemplare verschiedener Trabsportzeitungen verstreut. Aus einem übervollen Papierkorb quollen zerrissene |380| Spielkupons. Im Wohnzimmer waren die Gardinen vorgezogen, und im Fernsehen lief der Videotext.
    »Kaffee biete ich Ihnen keinen an«, sagte Stridh. »Ich hoffe, daß das Gespräch nicht lange dauert.«
    Wallander schob eine der Katzen fort und setzte sich auf einen der wenigen Stühle, die nicht mit Zeitungen und Spielbons überhäuft waren. Er hatte sogar daran gedacht, Block und Bleistift mitzunehmen. Stridh verschwand für einen kurzen Moment in die Küche. Wallander hörte das schwache Klirren einer Flaschenkapsel am Spülbecken. Dann kam Stridh zurück ins Zimmer.
    Wallander stellte seine Fragen. Stridh antwortete zögernd und unwillig. Es dauerte endlos. Wallanders Geduld mit dem abweisenden Mann war einer harten Bewährungsprobe ausgesetzt. Er fragte sich, ob Svedberg vor zehn Jahren ebenso reagiert hatte. Um zehn vor neun schien Wallander trotz allem ein Bild der allgemeinen Situation und des Verhältnisses zwischen Stig Stridh und seinem Bruder gewonnen zu haben. Stig hatte früher für die landwirtschaftliche Genossenschaft gearbeitet. Kurz nach seinem fünfzigsten Geburtstag hatte er einen Bandscheibenvorfall. Lange Krankheitsperioden und eine Operation hatten dazu geführt, daß er vorzeitig in Rente ging. Er war verheiratet gewesen und hatte zwei Söhne, die jetzt erwachsen waren und in Malmö respektive Laholm wohnten. Stridhs Bruder Nils war drei Jahre jünger als er und schon früh alkoholsüchtig. Er hatte die militärische Laufbahn eingeschlagen, war jedoch nach mehreren Disziplinarstrafen infolge seines hemmungslosen Alkoholkonsums entlassen worden. Anfänglich hatte Stig Geduld mit seinem Bruder gehabt. Aber ihr Verhältnis hatte sich mit der Zeit verschlechtert, nicht zuletzt aufgrund der ständigen Ansinnen des Bruders, ihm Geld zu leihen, das später nie zurückgezahlt wurde. Der Höhepunkt war die Geschichte vor elf Jahren gewesen. Ein paar Jahre später hatte sich der Leberschaden des Bruders bemerkbar gemacht, und nach weiteren zwei, drei Jahren war er tot. Wallander registrierte, daß er auf dem gleichen Friedhof begraben lag wie Rydberg und sein Vater. Was Nisse Stridhs private Verhältnisse betraf, erfuhr Wallander, daß er viele Jahre lang, wenngleich unter gelinde gesagt chaotischen Verhältnissen, mit einer Frau namens Rut |381| Lundin zusammengelebt hatte. Auch sie hatte schwere Alkoholprobleme und kam manchmal zum Bruder ihres verstorbenen Mannes und bat um Geld. Wenn sie nichts bekam, beschimpfte sie ihn, hatte Stridh erklärt. Aber sie demolierte die Wohnung nicht. Und sie stahl nicht. Aus früheren Beziehungen hatte sie einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn hatte es zu etwas gebracht und war Steuermann auf einer der Ålandsfähren. Der Tochter war es, wie gesagt, nicht so gut ergangen. Sie befand sich im Augenblick im Frauengefängnis Hinseberg, nachdem sie wegen zweier bewaffneter Banküberfälle verurteilt worden war. Wallander hatte Rut Lundins Adresse aufgeschrieben. Sie wohnte in einem Mietshaus ganz in der Nähe, am Malmöväg. Während ihres Gesprächs hatte zweimal das Telefon geklingelt. Wallander hörte, daß Stridh über Pferde und denkbare Spielkombinationen sprach. Nach jedem dieser Gespräche verschwand er in die Küche. Die Verschlußkapsel klirrte gegen die Spülbank.
    Schließlich waren sie an dem Punkt angelangt, um dessentwillen Wallander gekommen war: den Ereignissen vor elf Jahren.
    »Wir brauchen nicht den ganzen Ablauf der Ereignisse im Detail durchzugehen«, sagte Wallander. »Was ich wissen möchte, ist ganz einfach: Was glauben Sie, warum Svedberg die Ermittlung eingestellt hat?«
    »Er sagte, es gäbe keine Beweise. Was natürlich

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