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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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außer dem, was ich damals gehört habe.«
    »Erzählen Sie, was geschah, als Ihr Schwager Stig überfallen wurde.«
    »Nils kam mitten in der Nacht nach Hause und weckte mich. Er hatte Angst. Er glaubte, er hätte seinen Bruder erschlagen. Er war betrunken und nüchtern zugleich. Es war mitten in einer seiner allerschlimmsten Perioden. Er hatte seit mehreren Wochen hart getrunken und konnte furchtbar aggressiv werden. Doch nie gegen mich. Als er in jener Nacht nach Hause kam, wußte er aber, was er getan hatte. Und er hatte Angst.«
    »Seinem Bruder zufolge hatte er eine Kamera gestohlen.«
    »Die hatte er unterwegs weggeworfen. Ob jemand sie gefunden hat, weiß ich nicht.«
    »Was geschah, nachdem er nach Hause gekommen war?«
    »Er sprach davon, daß er fliehen wollte. Er sagte, er kenne jemanden, der sein Aussehen verändern könne. Er war sehr erregt.«
    »Aber er ist nicht gegangen?«
    »Es war nicht nötig. Ich fragte mich natürlich, was ich tun sollte. Schließlich kam ich darauf, daß es überhaupt nur eins gab, nämlich Stig anzurufen. Und das habe ich getan.«
    »Sie haben in der Nacht bei ihm zu Hause angerufen?«
    »Ich dachte, wenn er sich meldet, lebt er. Und so war es ja auch. Nils hat sich dann beruhigt. Als ich am Morgen wach wurde, war er schon gegangen. Ich dachte, er wollte Schnaps beschaffen. Aber als er am späten Vormittag zurückkam, war er vollkommen nüchtern. Und guter Laune. Er sagte, wir brauchten uns keine Sorgen mehr zu machen wegen der Sache, die in der Nacht passiert war. Er habe mit der Polizei gesprochen. Es würde keine Anklage geben. Und keinerlei Konsequenzen.«
    Wallander runzelte die Stirn. »Sagte er, mit welchen Polizeibeamten er Kontakt hatte? Nannte er Svedberg in dem Zusammenhang?«
    »Nicht soweit ich weiß. Er sagte nur ›die Polizei‹, keine Namen.«
    »Und er war sicher, daß es keine Konsequenzen geben würde?«
    »Nils hat manchmal ein bißchen angegeben. Auf die Weise hat |385| er seine Unsicherheit verdeckt. Das Minderwertigkeitsgefühl, das die meisten Alkoholiker mit sich herumschleppen. ›Man hat schließlich seine Beziehungen‹, sagte er. ›Ohne Vitamin B kommt man nicht weiter.‹«
    »Wie haben Sie das aufgefaßt?«
    »Ich habe es überhaupt nicht irgendwie aufgefaßt. Ich dachte nur, daß es vielleicht nicht so schlimm war, diese Sache in der Nacht. Es war natürlich eine Erleichterung.«
    »Sie wissen also nicht, ob er jemals Kontakt mit Svedberg hatte? Oder mit einem anderen Polizisten, dessen Namen Sie kennen? Außer in diesem Fall?«
    »Nein.«
    »Und was passierte danach?«
    »Nichts. Nisse fing wieder an zu saufen. Und ich mit.«
    »Hat er weiter von seinem Bruder Geld geliehen?«
    Plötzlich wurde ihr der Zusammenhang klar. »Haben Sie mit Stig gesprochen?« fragte sie. »Klar, so muß es sein. Und deshalb sind Sie hier?«
    »Ja.«
    »Er hat sicher nichts Nettes über seinen Bruder gesagt. Oder über mich.«
    »Über Svedberg auch nicht. Sie wissen vielleicht, daß er ihn beim Justiz-Ombudsmann angezeigt hat? Aber daß die Beschwerde abgewiesen wurde?«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Aber Nils hat weiter Geld von ihm geliehen?«
    »Warum sollte er nicht? Stig war reich. Das ist er immer noch. Wenn ich meine Saufperioden habe, gehe ich auch zu ihm.«
    »Was meinen Sie damit, daß er reich ist? Wird man das, wenn man bei der Genossenschaft arbeitet? Oder als Frührentner?«
    »Er hat mehrere Millionengewinne mit seinen Pferden gemacht. Und er ist geizig. Er spart. Er versteckt. Und ich glaube auch nicht, daß er besonders große Probleme mit dem Rücken hat.«
    Wallander ging noch einmal einen Schritt zurück.
    »Kehren wir zu dem Gespräch in jener Nacht zurück«, sagte er. »Ihr Mann kam nach Hause. Er war erregt und glaubte, seinen Bruder erschlagen zu haben. Er dachte daran, zu fliehen. Wenn ich |386| Sie richtig verstanden habe, sagte er, er kenne jemanden, der sein Aussehen verändern könne. Was meinte er damit?«
    »Nisse kannte alle möglichen Leute.«
    »Jemand, der ihr Aussehen verändert, müßte Arzt sein.«
    Sie saß mit der Kaffeetasse in der Hand da und betrachtete ihn. »Was wissen Sie eigentlich über Alkoholiker?«
    »Daß es viele gibt.«
    Sie stellte die Tasse auf die Untertasse zurück. »Wir sind viele. Und wir sind verschieden. Und wenn wir zu mehreren sind und vor den Schnapsläden rumhängen, sind wir lästig. Wir sitzen auf Bänken mit Plastiktüten und Hunden. Das ist Pennermilieu, das ist Unterklasse, das, was man

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